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Myoglobin - Übersicht
Univ.Prof.Dr.med. Wolfgang Hübl
Myoglobin im Harn
IN ZWEI SÄTZEN:
Myoglobin ist ein Sauerstoffspeicher in der Herz- und Skelettmuskulatur. Man bestimmt es im Blut vorwiegend zum raschen Ausschluss eines Herzinfarktes während zum Nachweis von Skelettmuskelschäden die CK geeigneter ist.
   
NAME:
Die Silbe Myo- steht für Muskulatur, Globine sind bestimmte Eiweißstoffe.
   
INFO:
Was ist Myoglobin?
Myoglobin ist ein im Herzmuskel und in den Skelettmuskeln vorkommender Eiweißstoff, der als Sauerstoffspeicher dient. Besonders viel Myoglobin ist in den auf Ausdauerleistung spezialisierten Muskelfasern. Möglicherweise ist das Myoglobin der Träger der "letzten Sauerstoffreserve" des Muskels.
 
Herzmuskel und Skelettmuskeln (li Bein) Das Myoglobin des Blutes kommt
aus dem Herzmuskel und aus
den Skelettmuskeln.

 

Warum bestimmt man Myoglobin (im Blut)?

  • Erkennung und Verlaufsbeobachtung eines Herzinfarkts.
  • Erfolgskontrolle der Herzinfarktbehandlung
  • bei Skelettmuskelerkrankungen
  • als sportmedizinischer Test zur Leistungsbeurteilung

Seltener wird Myoglobin im Harn bestimmt, was bei bestimmten Erkrankungen hilft, die Funktion der Niere zu beurteilen.

 

Wie hilft Myoglobin bei der Diagnose eines Herzinfarktes?
Die Myoglobinbestimmung hilft, einen Herzinfarkt innerhalb von 6-10h sicher auszuschließen: Bei einem Herzinfarkt ist Myoglobin meist schon nach 2-4h erhöht. Früher als die meisten anderen Herzmarker (wie z.B. Troponin, CK-MB).

  • Wiederholt normales Myoglobin schließt Infarkt praktisch aus:
    Findet man bei mehrmaliger Bestimmung bis etwa 6-10h nach dem Schmerzereignis stets ein normales Myoglobin, kann man einen Herzinfarkt praktisch ausschließen.
  • Nachweis eines Infarktes durch erhöhtes Myoglobin unsicher:
    Findet man innerhalb von 6-10h nach dem Schmerzbeginn hingegen ein erhöhtes Myoglobin, ist die Aussage nicht so sicher: es könnte ja auch aus dem Skelettmuskel kommen und nicht durch den Herzinfarkt bedingt sein. Andere Marker (Troponin, CK-MB) sind da aussagekräftiger, da sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nur aus dem Herzen kommen.
  • Liegt der Infarkt mehr als 10h zurück, sagt auch ein normales Myoglobin wenig aus:
    Sind seit dem Schmerzbeginn schon mehr als 10h vergangen, ist auch die Aussage eines normalen Myoglobinspiegels unsicher: der Myoglobinspiegel könnte schon wieder gesunken sein. Andere Marker sind da besser geeignet, weil sie länger erhöht bleiben (z.B. Troponin).

 

Verlauf wichtiger Laborwerte bei Herzinfarkt

Myoglobin ist der Marker, der bei einem Infarkt als erster ansteigt. Leider steigt er auch bei Skelettmuskelschäden an.

Verlauf wichtiger "Herzmarker" bei einem Herzinfarkt
Verlauf wichtiger "Herzmarker" bei einem Herzinfarkt. Quelle: National Academy of Clinical Biochemistry.
In dieser Graphik steigt Troponin zur gleichen Zeit an wie CK-MB (Masse). Andere Studien sehen den Anstieg von CK-MB (Masse) etwa 1 h vor dem des Troponins.

 

Eine nur einmalige Bestimmung des Myoglobins wird meistens zu wenig sein: Wie aus der Abbildung ersichtlich, muss man Myoglobin und andere Herzmarker in den meisten Fällen öfter messen. Insbesondere, wenn die ersten Messungen ein normales Ergebnis brachten.

Für die Spätdiagnose ist Myoglobin nicht geeignet: Aus der Abbildung oben ist ebenfalls ersichtlich, dass Myoglobin sehr rasch wieder im Normalbereich ist. Für die Spätdiagnose bestimmt man besser das Troponin.

 

Wie oft sollte man Myoglobin bei Infarktverdacht bestimmen?
Wie bei anderen Markern für den Herzinfarkt reicht eine einmalige Bestimmung des Myoglobins nicht aus. Es wäre ein schwerer Fehler, beim Auftreten von Beschwerden den Herzmarker einmal zu bestimmen und bei normalem Ergebnis die Diagnose Infarkt zu verwerfen. Eine mehrmalige Bestimmung wird fast immer notwendig sein.
Wie oft eine Bestimmung erfolgen sollte, wird aber sehr unterschiedlich empfohlen. Ein Schema sieht eine Myoglobinbestimmung bei der Aufnahme des Patienten, nach 2h, 4h und nach 8h vor. Das Schema gilt dem Ausschluss eines Infarkts: Ist Myoglobin bei all diesen Messungen normal, dann ist ein Herzinfarkt praktisch auszuschließen.

Kann man unterscheiden, ob das Myoglobin im Blut aus dem Skelett-Muskel oder aus dem Herz-Muskel gekommen ist?
Nein, nicht sicher.

 

Wozu wird die Myoglobinkonzentration im Blut in der Sportmedizin gemessen?

  • Eine erhöhte Myoglobinkonzentration zeigt eine Muskelüberbeanspruchung an.
  • Bei bestimmten, genau festgelegten Belastungen steigt das Myoglobin umso höher, je schlechter der Trainingszustand ist.

 

   
REFERENZ-
BEREICH:
  Bereich Einheit
Blutflüssigkeit unter 110 µg/l
Harn unter 17 µg pro Gramm Kreatinin
   
 
Hinweis: aus isolierten, leichten Erhöhungen oder Erniedrigungen von Laborwerten kann man in den allermeisten Fällen keine Schlussfolgerungen auf irgendeine Erkrankung ziehen. Liegen also nur leichte Veränderungen vor, muss keineswegs irgendeine der nachfolgend genannten Erkrankungen oder Veränderungen vorliegen!
ERHÖHUNG:
1. Herzmuskelschädigungen
  • Herzinfarkt (Gipfel meist zwischen 600 und 1000 µg/l)
  • manche Fälle von instabiler Angina pectoris (Herzenge) zeigen geringe Anstiege
  • Herzmuskelentzündung (Myokarditis)
  • Kardiomyopathie (Herzmuskelerkrankungen verschiedener Ursache)
  • Herzquetschung (Herzkontusion) durch Verletzungen
  • Operationen am Herzen
    Bei den letzten beiden Punkten wird natürlich in den meisten Fällen auch eine Schädigung der Skelettmuskulatur zum erhöhten Myoglobin beitragen.

 

2. Myoglobin wird aus der Skelett-Muskulatur frei

a) akute (=kurzdauernde, heftige) Muskelerkrankungen

  • Verletzungen, Verbrennungen, Stromunfälle
  • Operationen
  • Injektionen (die Injektion und auch das verabreichte Medikament kann den Muskel schädigen)
  • Training, körperliche Aktivität
  • Plötzliche Blutunterversorgung des Muskels (Gefäßverstopfungen)
  • Krämpfe, Hustenanfälle, Delirium tremens, Schüttellähmung (M.Parkinson), andauernde Asthmaanfälle
  • Verschiedene Vergiftungen durch Chemikalien, Drogen oder Medikamente
  • sog. Maligne Hyperthermie
    (Narkosekomplikation mit Anstieg der Körpertemperatur durch abnorme Reaktion auf manche Narkosemittel)
  • Entzündungen der Muskulatur
    Infektionen durch Viren, Bakterien, Parasiten

     

b) chronische (=langfristige) Muskelerkrankungen

  • Erbliche Muskelerkrankungen (z.B. Duchenne-Typ, Becker-Typ u.a.)
  • Autoimmunerkrankungen der Muskulatur (Polymyositis, Dermatomyositis)
  • Durch andere Erkrankungen verursachte Muskelschäden:
    Bei Schilddrüsenüber- oder unterfunktion, Kaliummangel, Phosphatmangel, Vergiftungen, Krampfleiden, Lähmungen,  Multipler Sklerose, Sarkoidose
  • Medikamente
    Herzrhythmusmedikamente, Betablocker, Lipidsenker u.a.
  • Alkoholismus

 

   
  
Myoglobin im Harn
  
   
MYOGLOBIN
IM HARN
Normalerweise ist Myoglobin im Harn nicht nachweisbar.
Findet man im Harn Myoglobin, stammt es meist aus geschädigter Skelettmuskulatur auf Grund einer der oben beschriebenen Muskelschädigungen.
Kommt es zu ausgedehnteren Muskelschäden, wird eine große Menge Myoglobins über die Niere geschieden. Das führt einerseits zu einer rötlich-fleischfarben Verfärbung des Harns und kann andererseits zu einem Nierenschaden führen. Kann z.B. bei schweren, ausgedehnten Verletzungen vorkommen.

Anmerkung: Teststreifen zur Bestimmung von Blut/Hämoglobin im Harn reagieren auch auf Myoglobin. Ist Myoglobin im Harn, zeigt der Teststreifen daher fälschlicherweise Blut/Hämoglobin im Harn an. Eine Unterscheidung ist durch die Anwendung spezieller Myoglobin-Tests möglich.

 

   

 

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Letzte Änderung 2003-5-02

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