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Eiweiß im Harn (Proteinurie) - Details
Univ.Prof.Dr.med. Wolfgang Hübl
Namen - Info - Referenzbereiche - Isolierte Proteinurien (inkl. gutartige Proteinurie) - Erkrankungen mit Proteinurie
 
IN 5 SÄTZEN:
Unter Proteinurie versteht man eine vermehrte Ausscheidung von Protein (=Eiweiß) im Harn, was meist mit Hilfe eines Teststreifens erstmalig nachgewiesen wird. Die häufigsten Ursachen einer einmalig nachgewiesenen, mäßiggradigen Proteinurie sind harmlos, auch ist die Proteinurie oft vorübergehend. Stärkere oder nicht vorübergehende Proteinurien haben meist eine Nierenerkrankung als Ursache. Durch Messung des Ausmaßes der Proteinurie kann man grob abschätzen, wie schwer die Nierenschädigung ist. Durch genauere Bestimmung der Art des vermehrten Proteins erhält man einen Hinweis, welche Nierenerkrankung vorliegen könnte.
   
NAMEN:
Protein- Wortteil mit der Bedeutung Eiweiß; -urie Wortteil mit der Bedeutung Harn. Proteinurie: (zuviel) Eiweiß im Harn.
Eiweiße sind eine Klasse lebenswichtiger Stoffe, die aus Aminosäuren bestehen. Viele Eiweiße kommen im Hühnereiweiß vor, daher der Name. Ein anderer Name für Eiweiß ist Protein, vom griechischen Protos = "der erste"
   
INFO:

 

Was versteht man unter einer Proteinurie?
Unter Proteinurie versteht man das vermehrte Auftreten von Eiweiß im Harn. In Zahlen ausgedrückt: wenn man mehr als 150 mg Eiweiß pro Tag im Harn ausscheidet, nennt man das Proteinurie.

Ist im Harn normalerweise Eiweiß?
Ja, geringe Eiweißmengen gelangen über die Niere aus dem Blut in den Harn (vor allem Albumin und freie Leichtketten. Letztere sind Teile unserer Antikörper). Andererseits entstehen auch in der Niere Eiweißstoffe, die in den Harn abgegeben werden. Dazu gehört vor allem das sog. Tamm-Horsfall-Protein und das Immunglobulin A (IgA), die bei der Abwehr von Infektionen eine Rolle spielen sollen. Die Summe dieser Eiweißstoffe liegt aber normalerweise unter der bereits genannten Grenze von 150 mg/Tag.

 

Wann misst man Protein (=Eiweiß) im Harn?

  • Die Untersuchung des Eiweißes im Harn mittels Teststreifen gehört zu den Routine-Tests bei Reihen- oder Gesundenuntersuchungen (Screening).
  • Zur Erkennung von Nierenschäden und zur Verlaufsbeobachtung bekannter Nierenschäden.
  • Nachweis spezieller Eiweißarten zur Unterscheidug verschiedener Nierenschäden.
  • Bei anderen Erkrankungen, von denen man weiß, dass sie manchmal mit Proteinurie einhergehen (Blutkrebs: Plasmozytom, Lymphdrüsenkrebs: z.B. Immunozytom).

 

 

Ursachen von Proteinurien

Vorweg sei gesagt, dass bei den meisten Menschen mit Proteinurie, die einmalig nachgewiesen wurde, keinerlei Erkrankung vorliegt. So findet man bei Reihenuntersuchungen mit dem Teststreifen zwar sehr häufig Protein im Harn (in manchen Studien bei jedem 10.), aber nur bei weniger als einem von 50 dieser Teststreifen-Positiven findet sich dann eine Erkrankung, die man behandeln müsste (M.Carroll, American Family Physician, 2000).
Viele der bei Reihenuntersuchungen gefundenen Proteinurien stellen also eine relativ harmlose Besonderheit dar. Eine Gruppe davon sind die gutartigen (benignen) Proteinurien, die weiter unten näher beschrieben sind.

Einschub: das Harnsystem und die Ausscheidung von Protein
 

Harntrakt      Das Nephron, die Funktionseinheit der Niere

Das Harnsystem
Das Blut fließt durch die Nieren. Harn wird durch die Nierenfilter, die Glomeruli (G), abgefiltert. Der größte Teil der Flüssigkeit wird noch in der Niere über die Nierenröhrchen (NR) zurückgeholt, aber ca. 1.5 Liter fließen pro Tag über die Sammelrohre (SR) in Richtung Nierenbecken, weiter in den Harnleiter, in die Blase und werden schließlich über die Harnröhre ausgeschieden.
  

  Ein Nierenfilter (Glomerulus) Der Glomerulus in größerer Darstellung
Über 1 Million solcher Filtereinheiten finden sich in der äußeren Schicht der Nieren. Das Blut fließt durch die Kappillarschlingen. Flüssigkeit und kleinere Moleküle werden dabei abgefiltert und kommen in die Nierenröhrchen.
 


Warum im Harn normalerweise kaum Eiweiß ausgeschieden wird:
Wenn der Harn im Glomerulus-Filter abfiltriert wird, gehen die großen Eiweißstoffe nicht durch die Poren des Filters. Und die kleineren, die doch in den Harn gelangen, werden von den Zellen der Nierenröhrchen fast vollständig wieder aus dem Harn zurückgeholt (=rückresorbiert).
 

Filtration und Rückresorption der Proteine Filtration und Rückresorption von Eiweißstoffen (Proteinen)
Links die schematische Darstellung eines Nierenfilters (Glomerulus) und eines Nierenröhrchens (Tubulus).
Durch die Poren (schwarze Balken) der Nierenfilter  passen nur kleinere Proteine (blau) durch. Größere (weiß) gehen weniger gut durch und noch größere (orange) praktisch gar nicht*. Aber auch die in den Harn gelangten Proteine werden fast vollständig von den Zellen der Nierenröhrchen (grün dargestellt**) zurückgeholt (rückresorbiert). Deswegen wird normalerweise fast kein Eiweiß im Harn ausgeschieden.

*In Wirklichkeit ist es nicht nur die Größe, sondern auch die elektrische Ladung eines Proteins und seine Form, von der der Durchtritt durch das Filter abhängt.

**Die Zellen der Nierenröhrchen sind der Übersichtlichkeit halber nur auf einem Abschnitt einer Seite dargestellt. In Wirklichkeit besteht die gesamte Wand des Nierenröhrchens aus diesen Zellen.

 

Prinzipielle Ursachen einer Proteinurie

A. Proteinurien bei Erkrankungen oder Veränderungen in der Niere
Die Ursache einer Proteinurie liegt häufig in der Niere. Es gibt kaum eine Nierenerkrankung, bei der nicht eine Proteinurie auftreten kann. Ursachen sind meist Schädigungen der Nierenfilter (Glomeruli), die dann durchlässiger werden (sog. glomeruläre Proteinurie) oder Schädigungen der Nierenröhrchen (Tubuli), die es dann nicht mehr schaffen, die filtrierten Eiweißstoffe wieder zurückzuholen (sog. tubuläre Proteinurie).
Häufig gibt es aber auch eine Kombination dieser beiden Ursachen. Entweder, weil eine Krankheit Glomeruli und Tubuli schädigt oder weil die Schädigung der Glomeruli nach einiger Zeit eine Schädigung der Tubuli verursacht. Das kommt daher, dass die Zellen der Nierenröhrchen es auf die Dauer nicht aushalten, wenn eine größere Menge Protein auf sie zukommt, die ein undichtes Glomerulus durchgelassen hat. So führt eine länger andauernde, stärkere glomeruläre Proteinurie zur Schädigung der Nierenröhrchen und damit zur tubulären Proteinurie.
(G. D'Amico, Kidney International, 2003)

Schematische Darstellung der glomerulären und tubulären Proteinurie 1. Glomeruläre Proteinurie
Wenn das Nierenfilter (Glomerulus) undicht wird, dann gehen mehr und größere Proteine durch. Folge: die große Menge an Protein kann von den Zellen der Nierenröhrchen nicht mehr zurückgeholt werden. Protein wird mit dem Harn ausgeschieden (und zwar vor allem Albumin, bei schwererem Schaden auch IgG).

2. Tubuläre Proteinurie
Werden die Zellen der Nierenröhrchen (Tubuli) geschädigt, können sie auch normale Proteinmengen nicht mehr aus dem Harn zurückholen. Protein wird mit dem Harn ausgeschieden (und zwar besonders kleinere Proteine wie alpha-1-Mikroglobulin).

Mischformen kommen aber häufig vor.

Ursachen einer in erster Linie glomerulären Proteinurie:
(Nähere Erklärungen zu den Erkrankungen siehe unter Erkrankungen mit Proteinurie)

  • Schädigung der Glomeruli bei Zuckerkrankheit
  • Schädigung der Glomeruli bei Bluthochdruck (frühe Phase)
  • Entzündung der Glomeruli (Glomerulonephritis) verschiedenster Ursache
  • Medikamenten-verursacht
  • Nierenschädigung in der Schwangerschaft (bei EPH-Gestose)
  • erbliche Schädigungen des Glomerulus
  • Glomeruläre Schäden bei Infektionen (HIV, Hepatitis, u.a.)
  • andere Nierenschäden
  • Gutartige Proteinurien
    (Stressproteinurie, Proteinurie bei aufrechter Körperhaltung, Proteinurie bei zu hoher oder zu niedriger Körpertemperatur)

Ursachen einer in erster Linie tubulären Proteinurie:
(Nähere Erklärungen zu den Erkrankungen siehe unter Erkrankungen mit Proteinurie)

  • Entzündungen im Bereich der Nierenröhrchen (sog. interstitielle Nephritis durch Medikamente, Viren, Bakterien, Umweltgifte)
  • durch zu viel Harnsäure verursacht (wie bei Gicht)
  • langfristiger Schmerzmittelmissbrauch
  • Multiples Myelom (Eiweiß-produzierender Blut/Knochenkrebs)
  • Störungen der Harnblasenentleerung mit Harnrückfluss
  • Pyelonephritis (bakterielle Infektion der oberen Harnwege und Niere)
  • Gifte
  • erbliche Erkrankungen der Nierenröhrchenzellen
  • zu wenig Kalium im Blut (Hypokaliämie)
  • zu viel Kalzium im Blut (Hyperkalziämie)
  • wie neue Erkenntnisse bestätigen, verursachen auch Zystennieren eine tubuläre Proteinurie
  • andere Nierenschäden

 

B. Proteinurien durch übermäßigen Anfall eines Eiweißstoffes
(Überproduktionsproteinurie u. Überlaufproteinurie)
Die Ursache einer solchen Proteinurie liegt darin, dass bestimmte, kleinere Eiweißstoffe im Blut vermehrt auftreten und über die Niere ausgeschieden werden. Die Zellen der Nierenröhrchen können diese Mengen nicht mehr bewältigen, nicht mehr zurückholen. Diese Eiweißstoffe werden daher im Harn ausgeschieden.

Schematische Darstellung der Überlaufproteinurie Überlaufproteinurie
Ausscheidung eines im Übermaß produzierten (oder anfallenden) Eiweißstoffes. Hier dargestellt als grüne Kugeln. Mit der riesigen Menge anfallender "grüner Eiweißstoffe" sind die Zellen des Nierenröhrchens überlastet. Sie können das grüne Eiweiß nicht komplett zurückholen. Es wird daher im Harn ausgeschieden. Aber auch die anderen Eiweißstoffe, die normalerweise komplett zurückgeholt werden, können vermehrt ausgeschieden werden, wenn das Rückholsystem ausgelastet ist.

Ursachen dafür können sein:
(Näheres siehe unter Erkrankungen mit Proteinurie)

  • Massive Zerstörung roter Blutkörperchen (Hämolyse) mit massivem Anfall von rotem Blutfarbstoff (Hämoglobin)
  • Massive Zerstörung von Muskelgewebe mit massivem Anfall eines Eiweißstoffs aus dem Muskel (Myoglobin)
  • Produktion eines abnormen Proteins (sog. freie Leichtketten) durch Blut- oder Lymphdrüsenkrebs (z.B. Plasmozytom, Immunozytom). Man nennt diese Proteine auch Bence-Jones Proteine.
    Normalerweise sind freie Leichtketten nur in sehr geringer Menge in Blut oder Harn.

Den Hinweis auf Hämoglobin und Myoglobin im Harn erhält man meist schon durch Verfärbung des Hämoglobin/Blut-Feldes am Teststreifen (siehe Abschnitt Blut im Harn). Freie Leichtketten hingegen muss man mit Spezialtests nachweisen.

 

C. Proteinurie-Ursachen "nach der Niere"
(sog. postrenale Proteinurie)
Steine, Infektionen, Verletzungen aber auch Tumoren können Blutungen und Eiweißvermehrung im Harn verursachen.

Ursachen der Proteinurie "nach der Niere" 4. Steine, Tumoren im Bereich der Niere
(auch wenn die Ursache örtlich gesehen in der Niere liegt, entsteht die Proteinurie funktionell betrachtet nach der Niere: Eiweiß und/oder Blut gelangen nach dem Glomerulus und meist nach den Protein-rückholenden Nierenröhrchen in das Harnsystem)
Infektionen, Steine, Tumoren im Bereich des Nierenbeckens
5. Harnleiter-Steine, Entzündungen

6. Blasensteine, Infektionen, Entzündungen, Tumoren der Blase oder der Prostata

Blutungen müssen allerdings stark sein, damit sie eine Proteinurie verursachen. Bei einer minimalen Blutung, die man nur mit dem Teststreifen erkennt (Mikrohämaturie), wird das Proteinfeld des Teststreifens nicht positiv werden. Die Kombination Mikrohämaturie und Eiweiß positiv spricht eher für eine Nieren-bedingte, glomeruläre Proteinurie. 

Bei postrenalen Proteinurien ist im Gegensatz zu anderen Formen eine stärkere Erhöhung des alpha-2-Makroglobulins oder des Apolipoprotein A-I im Harn typisch.

 

 

Wie erkennt man eine Proteinurie?

Wie erkennt man Eiweiß im Harn?
Es gibt sehr viele Tests, mit denen sich Eiweiß im Harn nachweisen lässt. Am häufigsten wird dazu eine Teststreifenuntersuchung eingesetzt. Mit ihr lässt sich auf einfache Weise Eiweiß im Harn nachweisen.

Links zeigt Teststreifen Protein an. Rechts normaler Harn. Nachweis einer Proteinurie mittels Teststreifen
Man taucht den Teststreifen kurz in den Harn und überprüft nach einer Minute, ob eine Verfärbung des Proteinfeldes eingetreten ist.
Links zeigt sich das Proteinfeld blaugrün verfärbt. Es wurde Eiweiß gefunden.

Zum Vergleich rechts ein Normalbefund.

 

Erkennt man mit dem Teststreifen eine Proteinurie verlässlich?
Der Teststreifen-Test wird stärkere Proteinurien mit hoher Wahrscheinlichkeit erkennen. Er ist dadurch und durch seine Einfachheit als Suchtest geeignet.
 
Man muss sich aber über seine Nachteile im Klaren sein:

  • Der Teststreifen erkennt manche Proteinurien schlechter und manche sehr schlecht bis gar nicht.
    • Der Teststreifen reagiert am besten auf Albumin, das bei den häufigen sog. glomerulären Nierenschäden im Harn vermehrt ist. Etwa ab einem Albumin von 150 mg/l wird er positiv.
    • Es gibt aber Nierenschäden, die sog. tubulären Proteinurien, bei denen vorwiegend andere Eiweißstoffe im Harn vermehrt sind, nicht das Albumin. Diese werden vom Teststreifen schon wesentlich schlechter erkannt. Rein tubuläre Proteinurien sind zwar relativ selten, aber nicht unwichtig.
    • Sehr schlecht bis gar nicht wird eine andere Eiweißart erkannt, die sog. freien Leichtketten. Diese werden von manchen Krebsformen (vor allem vom Plasmozytom und vom Immunozytom) gebildet.
  • Leichte Nierenschäden bleiben unbemerkt
    Auch die Albuminempfindlichkeit reicht für manche Anwendungen nicht aus. Für die Erkennung eines leichten Nierenschadens z.B. bei Zuckerkrankheit oder Bluthochdruck sind Werte unter 150 mg/l von Bedeutung, die ein normaler Teststreifen nicht anzeigt (siehe Mikroalbuminurie).
  • Falsche Ergebnisse bei saurem oder basischem Harn
    Ein weiteres Problem des Teststreifens ist, dass er bei stark saurem Harn (pH<4) oder bei stark basischem Harn (Harn mit zuwenig Säure, pH>8) falsche Ergebnisse liefern kann.
  • Übersehen einer Proteinurie bei verdünntem Harn
    Der Teststreifen wird erst ab einer bestimmten Proteinmenge erkennbar positiv. Wenn der Harn sehr verdünnt ist (große Trinkmenge), kann eine Proteinurie übersehen werden. Hat man auf dem Teststreifen auch ein Feld für die Dichte des Harns, kann man das abschätzen: liegt die Dichte des Harns unter 1.015, dann sagt ein negatives Teststreifenresultat nicht viel aus. Siehe auch Abschnitt Ausmaß der Proteinurie.
     

Die Folgerungen aus den Nachteilen der Teststreifenmethode:

Für die Reihenuntersuchung (Screening) ist der Teststreifen geeignet aber

  • will man einen beginnenden, leichteren Nierenschaden erkennen (z.B. bei Bluthochdruck oder Zuckerkrankheit), muss man andere Methoden einsetzen,
  • besteht der begründete Verdacht auf eine Proteinurie, muss auch bei negativem Teststreifenbefund mit anderen Methoden weiter untersucht werden,
  • für eine genaue Bestimmung des Ausmaßes der Proteinurie ist der Teststreifen nicht geeignet.

 

Kann es sein, dass der Teststreifen Eiweiß anzeigt, aber gar keine Proteinurie vorliegt?
Ja, auch das gibt es. Manche Medikamente, manche Spülmittel und Desinfektionsmittel können eine falsch positive Reaktion verursachen. Auch in den Harn gelangte Samenflüssigkeit oder Drüsenabsonderungen können eine positive Reaktion auslösen.
Gewissermaßen falsch positiv kann der Teststreifen bei sehr konzentriertem Harn werden (z.B nach längerem Dursten). Da kann der Teststreifen trotz eigentlich normaler Tagesausscheidung positiv werden.

 

Welche anderen Nachweismethoden für Eiweiß im Harn gibt es?
Es gibt sehr viele labormedizinische Methoden, das gesamte Eiweiß im Harn oder auch bestimmte, bei der Proteinurie wichtige Eiweißstoffe zu bestimmen.
Eine detaillierte Beschreibung würde hier zu weit führen, daher seien die Tests nur aufgezählt:
Gesamtprotein (mit verschiedenen Methoden), Albumin, Transferrin, Immunglobulin IgG, alpha-1-Mikroglobulin, beta-2-Mikrogobulin, Retinol-bindendes Protein, freie Leichtketten, Harn-Elektrophorese, alpha-2-Makroglobulin, CRP, Hämoglobin, Myoglobin, beta-NAG, SDS-Polyacrylamidgel-Gradienten-Elektrophorese (SDS-PAGE).

Gegenüber der Teststreifenmethode haben sie alle den Nachteil komplizierter zu sein. Dafür kann man mit ihnen

  • verlässlichere Ergebnisse erzielen,
  • genaue Angaben über die Menge des Eiweißes im Harn erhalten (wobei aber für die wichtige Bestimmung des Ausmaßes der Proteinurie spezielle Berechnungen notwendig sind),
  • bereits beginnende Nierenschäden erkennen
  • und man erhält Hinweise auf die Ursache der Proteinurie, weil man erkennen kann, welcher Eiweißstoff vermehrt ist.

 

Wann setzt man andere Nachweismethoden als den Teststreifen für Eiweiß im Harn ein?

  • Wenn der Teststreifenbefund mehrfach eine Proteinurie angezeigt hat.
    Ein wiederholt positiver Teststreifenbefund muss abgesichert und das Ausmaß der Proteinurie gemessen werden. Meist muss auch geklärt werden, welche Eiweißstoffe erhöht sind.
  • Wenn eine Proteinurie im Verlauf beobachtet wird.
    Bei vielen Nierenerkrankungen kann man durch Beobachtung des Ausmaßes der Proteinurie einen Hinweis auf den Zustand der Niere erhalten. Der Teststreifen liefert aber nur einen ungefähren Anhaltspunkt über das Ausmaß der Proteinurie. Bei der Beobachtung des Verlaufs einer Proteinurie benötigt man eine genauere Konzentrationsbestimmung.
  • Wenn eine Krankheit vorliegt, bei der zur Erkennung beginnender Nierenschäden ein empfindlicherer Eiweißnachweis notwendig ist (hoher Blutdruck, Zuckerkrankheit).
  • Wenn eine Krankheit vorliegt oder vorliegen könnte, bei der Eiweißstoffe entstehen können, die der Teststreifen bekanntermaßen oft nicht nachweisen kann.
    Leidet ein Patient unter bestimmten Formen von Blut- bzw. Lymphdrüsenkrebs (z.B ein Plasmozytom oder ein Immunozytom) dann muss man unbedingt mit speziellen Methoden nach Eiweiß im Harn suchen, weil der Teststreifen dabei auch sehr große Mengen des von den Krebszellen produzierten Eiweißes übersehen kann.
  • Wenn der begründete Verdacht auf eine Proteinurie vorliegt, auch wenn der Teststreifen negativ ist.

 

Wie ermittelt man das Ausmaß einer Proteinurie?

Das Ausmaß der Proteinurie, das heißt die pro Tag ausgeschiedene Menge, ist wichtig. Sowohl für die Diagnose als auch für die Verlaufsbeobachtung von Erkrankungen oder die Erkennung von Behandlungserfolgen.
Bei Bestimmungen im Harn ist aber die Ermittlung der Menge nicht so einfach, weil wir sehr unterschiedlich viel Harn pro Tag ausscheiden. Nehmen wir 2 Personen, bei beiden misst man in einer Harnprobe die gleiche Eiweißkonzentration von 100 mg/l. Patient A scheidet aber nur 1 l Harn pro Tag aus und hat damit eine Tagesausscheidung von nur 100 mg Eiweiß, was noch normal ist. Patient B trinkt mehr und scheidet 3 l Harn aus. Daraus errechnet sich, dass er 300 mg Eiweiß pro Tag ausscheidet, was bereits abnorm ist. Die alleinige Bestimmung der Konzentration des Eiweißes im Harn reicht also nicht aus, um das Ausmaß der Proteinurie zu bestimmen.

Der 24h-Harn
Deswegen bestimmt man Eiweiß am besten im sog. 24h-Harn. Dabei wird 24h lang Harn gesammelt, die Menge notiert, danach gemischt, daraus eine Probe entnommen und mit der Mengenangabe ins Labor geschickt. Damit lässt sich die Tagesausscheidung exakt bestimmen.
Durchführung: nach dem Aufstehen um z.B. 7h Blase entleeren, erst danach 24h alles sammeln. Das letzte mal wird um 7h des nächsten Tages in das Sammelgefäß uriniert.

Das Eiweiß/Kreatinin-Verhältnis (Protein/Kreatinin-Ratio)
Leider funktioniert das Sammeln des Harns im Klinikalltag sehr schlecht, auch das Sammeln zu Hause wird oft fehlerhaft durchgeführt. Noch schlimmer ist es bei Säuglingen oder kleinen Kindern.
Ein Weg, eine Harnsammlung zu umgehen, ist die gleichzeitige Bestimmung von Kreatinin im Harn.

Man scheidet jeden Tag etwa die gleiche Menge Kreatinin gleichmäßig über den Tag verteilt aus. Ist die Harnmenge größer, wird die Konzentration von Kreatinin im Harn kleiner und umgekehrt. Man merkt also über die Kreatinin-Messung ungefähr, wie konzentriert der Harn ist.
Beispiel: wir nehmen wieder die Patienten A und B des obigen Beispiels. Beide haben eine Harneiweißkonzentration von 100 mg/l. Patient A, der nur 1 l im Tag ausscheidet, hat einen relativ konzentrierten Harn und daher auch eine hohe Kreatininkonzentration von z.B. 1000 mg/l, der andere, der 3 l Harn pro Tag ausscheidet hat, nur eine Kreatininkonzentration von 333 mg/l. Berechnen wir jetzt die Eiweiß/Kreatinin-Ratio hat Patient A eine Ratio von 0.1 (=100/1000), Patient B aber eine von 0.33 (=100/333). Wir erkennen damit, dass Patient B mehr Eiweiß ausscheidet (er hat die höhere Ratio), ohne dass wir dazu die ausgeschiedene Tagesharnmenge bräuchten.

Noch dazu ist beim Erwachsenen die Eiweiß/Kreatinin-Ratio etwa gleich der Tagesmenge an ausgeschiedenem Eiweiß. Eine Ratio von 0.333 entspricht also ungefähr einer Tagesausscheidung von 0.333 g (=333 mg) Eiweiß.
Diese Methode hat zwar auch ihre Schwächen, Studien konnten aber zeigen, dass die 24h-Harnsammlung meist so schlecht klappt, dass die Eiweiß/Kreatinin-Ratio eine wertvolle Alternative ist (vor allem im kinderärztlichen Bereich).

 

 
Abklärung der Ursache einer Proteinurie

 

Wann muss man eine Proteinurie abklären?
Wenn eine starke Proteinurie vorliegt (Teststreifen stark positiv ist, also etwa über 200 Eiweiß mg/dl), wird man gleich mit einer Abklärung beginnen. Wenn eine schwächere Proteinurie vorliegt und sonst keine Krankheitszeichen bestehen, sollte der Test mindestens 2 mal im Laufe eines Monats wiederholt werden. Bleibt die Proteinurie bestehen, muss weiter untersucht werden.
(M.Carroll, American Family Physician, 2000)

 

Einfache Hinweise auf die Ursache einer Proteinurie
Um eine Proteinurie vollständig abzuklären, können sehr aufwändige Untersuchungen notwendig werden. Und selbst dann gelingt es nicht immer, eine Ursache zu finden.
Man kann aber bei Beachtung verschiedener, einfacher Befunde zwar keine Beweise aber immerhin wichtige Hinweise auf bestimmte Ursachen bekommen.

  • Liegt eine gutartige Proteinurie vor?
    Wie erwähnt, liegt einer mäßigen Proteinurie meist keine wirkliche Erkrankung zu Grunde. Man sollte also zuerst überlegen, ob nicht eine der gutartigen Proteinurien (siehe weiter unten) vorliegt.
  • Sind noch andere Felder des Teststreifens positiv? Ist der Harn eitrig?
    Zeigt der Teststreifen hohe Leukozytenzahlen (weiße Blutkörperchen) oder Nitrit an? Ist Eiter im Harn (ohne Mikroskop schwer sicher nachzuweisen)? All das könnte durch eine Infektion der Harnwege verursacht sein. Diese sollte erst einmal ausgeheilt werden, bevor man die Proteinurie wieder kontrolliert und abzuklären versucht.
  • Wie viel Eiweiß wird ausgeschieden?
    (modifiziert nach K.R.McConnel, Resident Staff Phys., 1994)
    • 0.15 bis 2 g(Gramm) pro Tag
      Kann praktisch alles sein: Milde glomeruläre Proteinurie oder rein tubuläre Proteinurie oder Überlaufproteinurie
    • 2 bis 4 g pro Tag
      Ist meist durch glomerulären Schaden verursacht
    • über 4 g pro Tag
      Ist (praktisch) immer durch glomerulären Schaden verursacht
  • Ist der Harn stark blutig?
    Die Kombination einer sehr starken Blutbeimengung mit geringer Proteinurie spricht gegen eine glomeruläre oder tubuläre Störung in der Niere und eher für Ursachen wie Steine, Tumoren, Verletzungen (Näheres siehe Blut im Harn). Das erhöhte Eiweiß im Harn ist dann nur Nebenerscheinung.
  • Zeigt der Teststreifen Blut an, obwohl man im Mikroskop keine roten Blutkörperchen im Harn findet?
    Das könnte durch Hämoglobin oder Myoglobin verursacht sein (Näheres siehe Blut im Harn).
  • Finden sich bei der mikroskopischen Harnuntersuchung Hinweise auf eine Nierenschädigung?
    Bei Nierenerkrankungen entstehen oft Ausgüsse der Nierenröhrchen, sog. Zylinder: Zylinder aus weißen oder roten Blutkörperchen, Wachszylinder, Granulierte Zylinder, fettige Zylinder, Nierenzellzylinder. Auch abnorm geformte rote Blutkörperchen (dysmorphe Erythrozyten), eine Vermehrung weißer Blutkörperchen ohne Infektion (also ohne Bakterien oder Pilze) oder sog. Fettkörper weisen auf einen Nierenschaden hin. Nach einer Färbung der Zellen kann man auch eine Vermehrung eosinophiler Granulozyten erkennen, die bei Medikamenten-verursachten Nierenentzündungen auftreten kann.
  • Welche Eiweißstoffe werden vermehrt ausgeschieden?
    Dazu muss man natürlich die Möglichkeit haben, die einzelnen Eiweißstoffe zu bestimmen. Man kann sich aber dabei auf wenige Eiweißstoffe beschränken:
     
    Markerproteine (mit vereinfachenden Erklärungen):
    • Albumin: kleineres Protein (Molekulargewicht 66.000), tritt schon bei leichten Schäden des Filters, also bei leichten glomerulären Schäden im Harn auf.
    • Immunglobulin G (IgG): größeres Protein (150.000), kommt erst bei schwereren Schäden des Glomerulus in den Harn.
    • alpha-1-Mikroglobulin: sehr kleines Protein (33.000), kommt auch normalerweise durch den Filter durch, sollte aber vom Harnröhrchen (Tubulus) zurückgeholt werden. Ist es im Harn vermehrt, spricht dies für Schäden dieser Röhrchen, also für eine tubuläre Proteinurie.
    • alpha-2-Makroglobulin: sehr großes Protein (MG 750.000), gelangt selbst bei starken glomerulären Schäden nur in geringem Ausmaß in den Harn. Sehr wohl aber bei Blutungen. Findet man verhältnismäßig viel davon, spricht das daher für eine Ursache "nach der Niere", meist durch eine Blutung verursacht.
    • Leichtketten (Bence-Jones-Proteine): sprechen für Ursache "vor der Niere", also Überproduktion von Leichtketten.

    Näheres zu den Markerproteinen.

 

Welche anderen Untersuchungen können bei der Abklärung einer Proteinurie helfen?

  • Verschiedene Laboruntersuchungen
    Blut: Neben den Routineuntersuchungen müssen je nach Verdachtsmomenten verschiedene Spezialtests durchgeführt werden. Einerseits um zu wissen, wie gut die Niere funktioniert (Kreatininclearance) andererseits, um die Ursache zu ermitteln: Antinukleäre Antikörper und andere Autoantikörper, ASLO, Komplement (C3, C4), Albumin, Infektionstests (HIV, Hepatitis, Syphilis), Cholesterin.
    Harn: Untersuchung des Harns auf Blut im Harn und Untersuchung des Harns im Mikroskop (Suche nach dysmorphen roten Blutkörperchen, weißen Blutkörperchen, Bakterien, Pilzen und Harnzylindern). Harn-Elektrophorese und Bestimmung der weiter oben beschriebenen Markerproteine.
  • Blutdruckmessungen
  • Ultraschalluntersuchungen
    Vor allem der Nieren, aber auch Harnleiter, Blase, Prostata. 
  • Nierenbiopsie (Gewebsentnahme aus der Niere)
    In manchen Fällen kann zur Diagnosestellung eine Nierenbiopsie notwendig werden. Diese kann durch die Haut durchgeführt werden. Meist wird eine Biopsie nur bei andauernder, stärkerer Proteinurie (über 2 g/Tag) notwendig oder wenn andere Befunde für eine gestörte Nierenfunktion oder eine Nierenschädigung sprechen.
  • Spezielle Untersuchungen des Harntraktes falls erforderlich
    Urographie (Darstellung des Harntraktes, d.h. Niere, Harnleiter, Harnblase im Röntgen), Computertomographie, Kernspinresonanzuntersuchungen, Harnblasenspiegelung (Zystoskopie).
  • Andere Untersuchungen
    Untersuchung des Gehörs und der Augen (eine erbliche Nierenerkrankung - das Alport-Syndrom - geht mit Schwerhörigkeit und Augenerkrankungen einher)

 

Zum Schema für die Abklärung einer Proteinurie Schema zur Abklärung einer Proteinurie
(nach M.F.Carroll, American Family Physician, 2000)

 

Das nephrotische Syndrom

Das nephrotische Syndrom ist keine Erkrankung im eigentlichen Sinn, es ist vielmehr eine Summe von Zeichen und Beschwerden eines Kranken, der einen längerfristigen, massiven Eiweißverlust durch Proteinurie erleidet.
Man spricht davon, sobald die Eiweißausscheidung im Harn über 3.5 g pro Tag ausmacht. Dies führt zu einem Eiweißmangel, besonders zu einem Albuminmangel im Blut. Daneben tritt eine Erhöhung der Blutfette auf und der Patient leidet unter Wassersucht (Ödeme an Beinen, Bauchwassersucht, Lungenbeutelerguss, bei Kindern eher Lidschwellung). Neigung zu Blutgefäßverstopfungen (Thrombosen) und Infektionen.
Dem nephrotischen Syndrom können glomeruläre Proteinurien verschiedener Ursache zu Grunde liegen.

 

Mikroalbuminurie / Makroalbuminurie

Während für eine Reihenuntersuchung die Teststreifenmethode zum Nachweis einer Proteinurie ausreicht, ist diese für manche Fragestellungen zu unempfindlich. Denn bereits eine leicht erhöhte Albumin-Ausscheidung ist ein früher Hinweis für eine beginnende Nierenschädigung bei Bluthochdruck oder Zuckerkrankheit. Man kann deshalb durch empfindliche Messung der Albuminausscheidung auch erkennen, ob die Behandlung des hohen Blutdrucks oder der Zuckerkrankheit ausreichend ist. Für all diese Anwendungen ist aber der normale Teststreifen zu unempfindlich, man verwendet dazu andere Labormethoden und hat auch versucht, spezielle Albumin-Teststreifen zu entwickeln.

Einteilung

Gruppe Albuminausscheidung
normale Albumin-Ausscheidung unter 30 mg/Tag
Mikroalbuminurie 30 bis 300 mg/Tag
Makroalbuminurie über 300 mg/Tag

 

   
REFERENZ-
BEREICHE
IM HARN:
  Bereich Einheit Bereich Einheit
Teststreifen-Gesamteiweiß negativ

 

 

 

Gesamteiweiß
(=Totalprotein; Biuret-Methode*)-

Konzentration
5 - 24

mg/dl

50 bis 240

mg/l

Gesamteiweiß
(=Totalprotein; Biuret-Methode*)

24h-Ausscheidung
40 bis 150

mg pro Tag

   
Albumin-
Konzentration
bis 2

mg/dl

bis 20

mg/l

Albumin
24h-Ausscheidung
bis 30

mg pro Tag

 

 

Immunglobulin G (IgG)-
Konzentration
0.08 - 0.29

mg/dl

0.8 - 2.9

mg/l

alpha-1-Mikroglobulin-
Konzentration
bis 1.2

mg/dl

bis 12

mg/l

alpha-1-Mikroglobulin-
24h-Ausscheidung
bis 20

mg

 

 

Eiweiß/Kreatinin-Verhältnis (Protein/Kreatinin-Ratio) unter 0.2      

*Referenzbereiche methodenabhängig.

 

ISOLIERTE
PROTEINURIEN:
Isolierte Proteinurien
(modifiziert nach Harrison's Principles of Internal Medicine, 2002)

Isoliert heißt: abgesehen von der Proteinurie ist der Harn in Ordnung und auch die Nieren und die Harnwege sind ohne Auffälligkeiten. Meist ist die Tagesausscheidung von Protein unter 2 g/l.
Isolierte Proteinurien sind sehr häufig, nach manchen Studien kommen sie bei jedem 10. vor.
 
Man unterscheidet 2 Formen:

  • Proteinurien, die nur zeitweise bestehen. Diese entwickeln sich fast nie zu einer Nierenerkrankung. Man nennt sie daher gutartige (=benigne) isolierte Proteinurien. Sie sind häufig.
  • Proteinurien, die dauernd bestehen. Man nennt sie daher persistierende isolierte Proteinurien. Diese haben eine etwas schlechtere Prognose. Sie sind seltener.

 

Gutartige (=benigne) isolierte Proteinurien
(80% aller isolierten Proteinurien)
Da gibt es verschiedene Formen. Allen gemeinsam ist, dass sie nicht andauernd bestehen und dass sich fast nie eine Nierenerkrankung daraus entwickelt.

  • Idiopathische transiente Proteinurie
    Idiopathisch heißt praktisch "man weiß nicht warum", transient heißt vorübergehend. Kommt meist bei jüngeren Erwachsenen, bei denen sich einmalig Protein im Harn findet (meist mit dem Teststreifen entdeckt), weiteren Untersuchungen sind aber negativ.
  • Funktionelle Proteinurie
    Auch eine vorübergehende Proteinurie. Aber man kennt die Ursache. Entsteht wegen Fiebers, Unterkühlung, körperlicher oder seelischer Belastung, Herzschwäche. Prinzipiell kann man bei vielen Erkrankungen oder Operationen kurzfristig Eiweiß im Harn finden.
  • Intermittierende Proteinurie
    Nicht wirklich vorübergehend sondern immer wieder auftretende Proteinurie. Etwa bei jeder 2. Harnprobe findet sich Eiweiß im Harn.
  • Orthostatische Proteinurie
    Proteinurie bei aufrechter Körperhaltung. Häufige Erscheinung. Kommt vorwiegend bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen vor. Proteinurie tritt nur nach längerem Stehen oder Sitzen auf. Testet man in der Früh nach einer längeren Liegephase, findet man kein Eiweiß im Harn. Bei den meisten vergeht dieses Phänomen rasch, etwa 20% zeigen es langfristig. Aber auch bei diesen verschwindet es nach 10 bis 20 Jahren.

 

Persistierende (=andauernde) isolierte Proteinurien
(20% aller isolierten Proteinurien)
Im Unterschied zur gutartigen isolierten Proteinurie besteht hier die Proteinurie andauernd. Und sie entsteht auch im Liegen. Ursache sind meist leichte entzündliche Veränderungen der Glomeruli der Niere. Die Aussichten bei dieser Veränderung sind schlechter als bei der gutartigen isolierten Proteinurie. Bei ca. 30 % aller persistierenden isolierten Proteinurien kommt es einmal zu einem Nierenversagen.

Bei der Diagnose der isolierten persistierenden Proteinurie muss man bei älteren Personen eine Ausscheidung von Leichtketten auf Grund einer bösartigen Erkrankung (Plasmozytom, Immunozytom) durch Bestimmung der Leichtketten oder durch eine Harn-Elektrophorese ausschließen.

 
ERKRANKUNGEN MIT PROTEINURIE:
Vorausgeschickt sei, dass fast jede Nierenerkrankung eine Proteinurie aufweisen kann. Die Aufzählung kann daher nicht vollständig sein.

1. Erkrankungen der Niere mit glomerulärer Proteinurie

Markerproteine: Es ist im Harn besonders das Albumin, bei schwereren Schäden auch das Immunglobulin G (IgG) vermehrt und weniger die kleinsten Eiweißstoffen (z.B. alpha-1-Mikroglobulin. In Zahlen: alpha-1-Mikroglobulin dividiert durch Albumin wird kleiner 0.1 sein. Mischformen zwischen glomerulärer und tubulärer Proteinurie kommen allerdings vor (besonders bei fortgeschrittener Nierenschädigung).

Zu glomerulären Hämaturien kommt es vor allem bei Entzündungen oder anderen Erkrankungen der Glomeruli der Niere, also der Nierenfilter. Die Entzündungen nennt man Glomerulonephritis.

  • IgA-Nephropathie (=IgA-Glomerulonephritis, Berger's Disease)
    Die IgA-Nephropathie ist die häufigste Form der Glomerulonephritis. Kommt besonders bei Jugendlichen und jüngeren Männern 1 bis 2 Tage nach einer Infektion der oberen Atemwege vor. Neben der Proteinurie können auch eine Hämaturie (Blut im Harn) und ein hoher Blutdruck auftreten. Verläuft lange Zeit gutartig, aber etwa 25% der Fälle gehen nach 1-2 Jahrzehnten in ein Nierenversagen über. Ursache unbekannt.
    Zur Diagnose braucht man eine Gewebsentnahme aus der Niere und eine mikroskopische Untersuchung.
      
  • Verschiedene andere Formen der Glomerulonephritis
    Herausgegriffen sei nur die sog. poststreptokokken Glomerulonephritis, die typischerweise 1 bis 3 Wochen nach einer Infektion mit bestimmten Bakterien, den hämolysierenden Streptokokken, auftritt. Diese können z.B. eine Halsentzündung (Angina), Nebenhöhlenentzündung, Hautinfektion oder eine Mittelohrentzündung verursachen. In der Folge kann dann eine Glomerulonephritis entstehen. Meist sind Kinder zwischen 2 und 10 Jahren betroffen. Die Aussichten auf komplette Heilung sind bei Kindern sehr gut.
    Nur namentlich erwähnt seien die Minimal Change Glomerulonephritis, die fokal-segmentale Glomerulosklerose (FSGS), die membranöse Glomerulonephritis und die membranoproliferative Glomerulonephritis. Die Namen werden vom Aussehen der Glomeruli bei der mikroskopischen Untersuchung des Nierengewebes abgeleitet.
     
  • Alport-Syndrom (erbliche Glomerulonephritis)
    Häufigste erbliche Glomerulonephritis. Betrifft vorwiegend Knaben. Zeichen: Glomerulonephritis mit Proteinurie, Blut im Harn, Schwerhörigkeit, Sehstörungen wegen Deformierungen der Linse des Auges und Schädigungen der Hornhaut. Führt häufig zum Nierenversagen.
     
  • Erkrankung mit dünner Basalmembran
    (früher "benigne familiäre Hämaturie" genannt)
    Eine relativ häufige, meist erbliche Besonderheit lässt die Basalmembran der Nierenfilter (der Glomeruli) auffällig dünn werden. Eiweiß im Harn ist bei dieser Erkrankung manchmal minimal erhöht. Auffälliger ist oft eine Hämaturie (Blut im Harn), die meist bereits in der Kindheit beginnt. Die Krankheit zeigt einen gutartigen Verlauf.
    Zur Diagnose braucht man eine Gewebsentnahme aus der Niere und eine Untersuchung mit dem Elektronenmikroskop. Dazu wird man sich aber wegen der meist harmlosen Befunde nur selten entschließen.
     
  • Mitbeteiligung der Niere bei verschiedenen Systemerkrankungen
    Die Ursachen all dieser Erkrankungen sind letztlich unbekannt.
    • Lupus Erythematodes
      (Autoimmunerkrankung mit typischerweise Schmetterlings-Rötung im Gesicht, Gelenksbeschwerden, Nierenschäden)
    • Polyangiitis - mikroskopische Polyarteriitis
      (Autoimmunerkrankung mit Befall der kleinen Blutgefäße an den verschiedensten Stellen im Körper, so auch in den Nierenglomeruli)
    • Panarteriitis nodosa
      (Autoimmunerkrankung mit Befall etwas größerer Blutgefäße)
    • Wegenersche Granulomatose
      (Entzündungen im Nasen-Rachenraum und der Lunge, Glomerulonephritis)
    • Schönlein-Henochsche Purpura
      (vor allem bei Kindern auftretende, vielleicht allergisch bedingte Entzündung der kleinen Blutgefäße mit blau-violetten Flecken an der Haut, Schwellungen der Gelenke, Bauchschmerzen, Erbrechen und Glomerulonephritis)
    • Rheumatoide Vaskulitis
      (Blutgefäßentzündungen als Begleiterkrankung bei schwerer Rheumatoider Arthritis ["Rheuma"])
    • Goodpasture Syndrom
      (Autoimmunerkrankung mit Schädigung der Lunge und der Niere)
    • Sklerodermie
      (Autoimmunerkrankung des Bindegewebes mit wachsartig harter Haut, dünnen Fingern, faltenarmem Maskengesicht, kleinem Mund, dünnen Lippen, Falten um den Mund herum)
  • Schädigung der Niere bei anderen Erkrankungen
    • Zuckerkrankheit
    • Bluthochdruck
      (frühes Stadium, später auch tubuläre Proteinurie)
    • Amyloidose
      Ablagerung von bestimmten Eiweißstoffen in der Niere (kommt vor bei langdauerenden Entzündungsprozessen wie z.B. Knochenmarksentzündung (Osteomyelitis), Tuberkulose, Rheuma oder bei Produktion solcher Eiweißstoffe durch spezielle Krebsarten (Plasmozytom, Immunozytom). Manchmal bleibt die Ursache unbekannt.
       
  • Infektionen mit Nierenbeteiligung
    Bei Infektionen kann eine Glomerulonephritis auftreten.
    Beispiele: Bakterielle Lungenentzündung, Virus-Hepatitis, infektiöse Herzklappenentzündung, HIV, Malaria, Lepra, Syphilis u.a.

     
  • Nierenschäden in der Schwangerschaft (Gestose)
     
  • Nierenstauung
    (Blutrückstau bei Verstopfung der Nierenvene oder bei Herzversagen)
     
  • Gifte, Medikamente
    (Gold-Verbindungen, Penicillamin, Lithium, Schwermetalle, Heroin)
     
  • Gutartige Proteinurien
    (Fieber-bedingt, bei Unterkühlung, nach längerem Stehen, Stress)

 

2. Erkrankungen der Niere mit tubulärer Proteinurie
 
Markerproteine: Im Gegensatz zur glomerulären Proteinurie findet man im Harn mehr von den kleinsten Eiweißstoffen (z.B. alpha-1-Mikroglobulin) und weniger Albumin. In Zahlen: alpha-1-Mikroglobulin dividiert durch Albumin wird größer 0.1 sein. Mischformen zwischen glomerulärer und tubulärer Proteinurie kommen allerdings häufig vor. Auch deswegen, weil Schäden der Nierenröhrchen als Folge einer Schädigung der Glomeruli auftreten können.

 
Erworbene Erkrankungen der Nierenröhrchen (Tubuli)

Häufigste Ursachen tubulärer Schäden sind Medikamenten-verursachte Veränderungen (vor allem Schmerzmittelmissbrauch), überhöhte Harnsäure in Blut und Harn sowie das Plasmozytom.

  • Akute (=plötzliche, kurzfristige) Infektionen bzw. Entzündungen der Niere
    • Bakterielle Infektionen der Niere (z.B. Pyelonephritis)
    • Virusentzündung der Niere
      (Hantaviruserkrankung; in Europa in Skandinavien, Balkan, Russland und vorkommend; aber auch andere Viruserkrankungen)
    • Allergische Entzündung der Niere (Medikamente: Antibiotika, Schmerzmittel, harntreibende u.a. Medikamente)
    • Unbekannter Ursache, wahrscheinlich autoimmunbedingt
      (Antikörper gegen eine Membran der Nierenröhrchen sowie das Nephritis-Uveitis Syndrom)
       
  • Chronische (=langandauernde) Infektionen, Entzündungen bzw. Schädigungen der Niere
    • Schädigung der Niere bei Plasmozytom
      (Krebsart bei der die Zellen Eiweißstoffe produzieren)
    • Giftstoffe, Medikamente
      (z.B. Schmerzmittelmissbrauch, Blei, andere Schwermetalle, Cyclosporin, Lithium)
    • Zuviel Harnsäure in Blut und Harn
    • Störungen der Harnblasenentleerung mit Harnrückfluss
    • Langandauernder Harnrückstau (Steine, Verengungen)
    • Zystenniere, Markschwammniere
      Einzelne Hohlräume (Zysten oder Pseudozysten) in der Niere können Folgezustände anderer Erkrankungen (z.B. von Infektionen) sein. Die Zystenniere (Vielzahl von größeren Hohlräumen) ist meist erblich. Die Markschwammniere ist eine angeborene Fehlbildung mit vielen kleineren Hohlräumen, die sich aber erst mit 30-50 Jahren auswirkt.
      Neuere Erkenntnisse bestätigen, dass die Proteinurie bei Zystennieren eine tubuläre ist (Obermüller N., Am. J. Physiol. Renal Physiol., 2001).
    • Zuviel Kalzium in Blut und Harn
    • Kaliummangel (Hypokaliämie)
    • Manche Autoimmunerkrankungen
      (Sjögren-Syndrom: trockene Augenbindehaut, trockener Mund)
    • Befall der Niere bei Blutkrebs oder Lymphdrüsenkrebs
    • Nach Bestrahlungen
    • Langandauernde bakterielle Entzündung (Pyelonephritis)
    • Balkan-Nephritis
      (Nierenschädigung, die nur in bestimmten Teilen des Balkans auftritt. Ursache vielleicht Umweltgifte)
    • Komplikation einer Sichelzellanämie (bei uns sehr seltene Krankheit)


Angeborene Störungen der Nierenröhrchen
Zum Beispiel das sog. Fanconi-Syndrom, bei dem ein Schaden der Zellen der Nierenröhrchen vorliegt. Dabei ist die Rückholing des Proteins (Rückresorption) gestört.

 

 

3. Erkrankungen mit Überlauf-/Überproduktionsproteinurie
(Ursachen "vor der Niere" - praerenale Proteinurie)

Markerproteine: Bei diesen Erkrankungen ist natürlich das Protein vermehrt, das übermäßig stark anfällt oder gebildet wird.

Hämoglobinausscheidung bei massiven Hämolysen
Hämolysen sind Zustände bei denen vermehrt rote Blutkörperchen abgebaut werden. Dabei wird der rote Blutfarbstoff, das Hämoglobin, frei. Wird sehr viel Hämoglobin frei, wird es über die Niere in den Harn ausgeschieden.
Hämolysen können die verschiedensten Ursachen haben: Von erblichen Krankheiten (Kugelzellen-Blutarmut, Thalassämie, Sichelzell-Blutarmut), Infektionen (z.B. bei Malaria; aber auch als Komplikation vieler anderer Infektionen), Autoimmunkrankheiten bis zu Fehltransfusionen, Verbrennungen, Vergiftungen oder künstlichen Herzklappen.
Auch ausgiebiges Joggen kann zur, allerdings nur leichten, Hämolyse führen.

Hämoglobin im Harn, das am Teststreifen das Feld für Eiweiß verfärbt, würde auch das Hämoglobin/Erythrozytenfeld stark verfärben.

Myoglobinausscheidung bei ausgedehnten Muskelschäden
Prinzipiell wird bei jedem Muskelschaden Myoglobin frei, aber nur bei ausgedehnten Schäden gelangt es auch in den Harn. Ursache könnten z.B. ausgedehnte Verletzungen, Verbrennungen oder Stromunfälle sein.
Myoglobin im Harn, das am Teststreifen das Feld für Eiweiß verfärbt, würde auch das Hämoglobin/Erythrozytenfeld verfärben.

Leichtkettenausscheidung bei bösartigen Erkrankungen
Manche Formen von Lymphdrüsenkrebs (besonders das Immunozytom) und von Blutkrebs (Plasmozytom) können ein Eiweiß produzieren, das über die Nierenfilter in den Harn gelangt. Diese Eiweißkörper, auch Bence-Jones-Proteine genannt, sind die sog. Leichtketten. Leichtketten sind mit dem Teststreifen schlecht nachweisbar, man erkennt sie aber mit Hilfe spezieller Tests. Auf die Dauer schädigt die Leichtkettenausscheidung die Niere, sodass mit der Zeit auch andere Proteine (z.B. alpha-1-Mikroglobulin) vermehrt ausgeschieden werden.

Seltene Ursachen
Seltener beobachtet wurden Leichtkettenausscheidungen bei Autoimmunerkrankungen (z.B. Lupus erythematodes), Amylase-Ausscheidung bei Entzündung der Bauchspeicheldrüse oder Lysozym-Ausscheidung bei Leukämien mit Vermehrung von Monozyten.


4. Ursachen "nach der Niere" - postrenale Proteinurie

Markerproteine: Bei Blutungen gelangen im Vergleich zu anderen Ursachen der Proteinurie relativ viel sehr große Eiweiße wie das alpha-2-Makroglobulin in den Harn. Das Verhältnis alpha-2-Makroglobulin zu Albumin wird über 0.02 liegen.
  • Niere
    • Tumoren
    • Steine
    • Blutungen/Verletzungen
    • Infarkte der Niere bei Blutgefäßverstopfungen
  • Nierenbecken, Harnleiter, Harnblase, Harnröhre, Prostata
    • Entzündungen
    • Infektionen
    • Tumoren
    • Steine
    • Blutungen/Verletzungen

Nur deutliche Blutungen in den Harn (Hämaturie) erhöhen das Eiweiß über die Nachweisgrenze des Teststreifens. Eine mit dem Auge nicht erkennbare Hämaturie (=Mikrohämaturie) würde keine merkbare Eiweißerhöhung verursachen.

 
   

 

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Letzte Änderung 2004-01-05

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