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ANCA - Übersicht
Univ.Prof.Dr.med. Wolfgang Hübl
    
NAMEN:
ANCA steht für Anti-Neutrophil-Cytoplasmic Antibodies; deutsch: Anti-Neutrophilen-Zytoplasma-Antikörper.
Vaskultis = Entzündung der Gefäße (Mehrzahl: Vaskulitiden)
   
KURZINFO:
Zusammenfassung: ANCA sind gegen bestimmte weiße Blutkörperchen gerichtete Antikörper. Die Messung von ANCA im Blut ist vor allem für die Erkennung und Verlaufsbeobachtung von Blutgefäßentzündungen von Bedeutung.

Was sind ANCA?
ANCA sind Antikörper, die sich gegen bestimmte weiße Blutzellen richten, nämlich gegen die Neutrophilen Granulozyten. Wie bei fast allen Zellen, kann man bei den Neutrophilen Granulozyten zwischen Zellkern und Zellplasma (=Zytoplasma) unterscheiden. ANCA richten sich gegen bestimmte Stoffe im Plasma der Zelle, daher der Name.

Woher kommen ANCA?
ANCA werden von unserem eigenen Abwehrsystem erzeugt und richten sich gegen unsere eigenen Zellen, sie sind also sog. Autoantikörper. Man kann sie in der Blutflüssigkeit nachweisen.

Warum erzeugt unser Abwehrsystem ANCA?
Warum erzeugt unser Abwehrsystem Antikörper wie z.B. ANCA, die sich gegen uns selbst richten? Zu dieser Frage gibt es viele Theorien aber keine sicheren Antworten.

Wann bestimmt man ANCA in der Blutflüssigkeit?
Wenn der Verdacht auf bestimmte Formen von Blutgefäßentzündungen (=Vaskulitis) besteht.
Es geht dabei um Gefäßentzündungen, die als Autoimmunkrankheit auftreten, bei denen sich also das Abwehrsystem des Körpers gegen unsere eigenen Gewebe und bei einer Gefäßentzündung besonders gegen die Gefäße richtet. Bei diesen Gefäßentzündungen (den sog. Autoimmun-Vaskulitiden) findet man oft ANCA in der Blutflüssigkeit.

Was bringt der Nachweis von ANCA?
Der Nachweis eines ANCA kann einerseits bei der Erkennung einer solchen Gefäßentzündung (Autoimmun-Vaskulitis) helfen, andererseits kann man durch die genaue Bestimmung des ANCA-Typs (siehe weiter unten) verschiedene Formen der Gefäßentzündung unterscheiden.

Was passiert bei einer Entzündung von Blutgefäßen (Vaskulitis)?

  1. Örtliche Entzündung: Die Wand des Gefäßes ist verdickt und von weißen Blutkörperchen durchsetzt, das betroffene Gebiet kann heiß sein und schmerzen. Das alles sind typische, örtliche Entzündungszeichen.
  2. Allgemeine Entzündung: Betrifft das Entzündungsgeschehen größere Abschnitte, dann werden auch allgemeine Entzündungszeichen dazukommen: Fieber, Müdigkeit, Gewichtsverlust, Erhöhung der Blutsenkung, Erhöhung der Zahl der weißen Blutkörperchen und des CRP im Blut.
  3. Funktionsausfall: In weiterer Folge wird auch die Funktion, die die Blutgefäße erfüllen sollten, behindert. Es kann durch Verstopfungen zu Blutmangel in den betroffenen Organen kommen, durch zerstörte Gefäße kann es aber auch zu Blutungen kommen.

Welche Beschwerden oder Krankheitszeichen hat man bei einer Blutgefäßentzündung (Vaskulitis)?
Das hängt davon ab, wie groß die betroffenen Gefäße sind und welche Abschnitte/Organe betroffen sind.
Sind vorwiegend kleinere Gefäße betroffen kommt es oft zu vielen kleinen Blutungen. Bei Befall der Haut führt das zu violetten Flecken (sog. Purpura), bei Befall der Lunge zu Bluthusten und bei Befall der Niere zu Blut im Harn. Auch die Nerven können durch die Gefäßschäden in Mitleidenschaft gezogen werden und es kommt zu Reizerscheinungen (Mißempfindungen) oder Ausfällen (Taubheitsgefühl, Lähmungen) in den betroffenen Gebieten.

Gefäßentzündung (Vaskulitis) verursacht Blutungen - violette Flecken (Purpura) der Haut Violette Flecken (Purpura) auf der Haut verursacht durch eine Gefäßentzündung.

Sind mittelgroße Gefäße betroffen kann das zur Blutunterversorgung und damit zu Infarkten des Herzens, der Niere, des Darmes oder auch der Gliedmaßen kommen.
Eine Gefäßentzündung kann also je nach betroffenem Gefäßtyp und je nachdem, welcher Teil des Körpers betroffen ist, sehr unterschiedliche Zeichen haben. Zeichen, die überdies auch von vielen andere Erkrankungen verursacht sein können.
Für den behandelnden Arzt ist es oft sehr schwierig zu entscheiden, ob hinter den Beschwerden des Patienten eine Gefäßentzündung stecken kann. Daher ist der Nachweis von ANCA in der Blutflüssigkeit für die richtige Diagnose oder den Ausschluss einer Autoimmun-Gefäßentzündung von großer Bedeutung.

Wie kann man ANCA nachweisen?
Indirekte Immunfluoreszenz: Dies ist die klassische Methode. Vereinfacht gesagt, bringt man dabei die Blutflüssigkeit des Patienten mit Neutrophilen Granulozyten zusammen. Hat der Patient einen ANCA, dann wird sich dieser auf die Testzellen setzen. Dann markiert man diesen Antikörper des Patienten mit einem grünfluoreszierenden Antikörper.
Hat der Patient einen ANCA in der Blutflüssigkeit werden die Zellen im Fluoreszenzmikroskop grün aufleuchten. Nach dem Muster, das man im Mikroskop sieht, kann man auf die Art des ANCA schließen (Beispiele siehe ANCA-Typen weiter unten). Für die notwendige Laborarbeit und die Beurteilung der Bilder ist aber große Erfahrung notwendig.

Immuntests (besonders Elisa-Verfahren): Dabei wird das Serum des Patienten nicht mit Zellen zusammengebracht sondern nur mit Zellbestandteilen, die man aus Neutrophilen Granulozyten gewonnen hat. Durch weitere Reaktionsschritte entsteht durch den ANCA letztlich eine Verfärbung, die man im Photometer messen kann. Diese Tests sind gut automatisierbar und einfacher beurteilbar, können aber im Gegensatz zur Indirekten Immunfluoreszenz die Vielfalt der möglichen Antikörper nicht erfassen.

Beispiel eines ELISA-Nachweisverfahrens in einer Mikrotiterplatte Beispiel Elisa
Auf dieser sog. Mikrotiterplatte sind 96 kleine Näpfchen. In diesen sind Zellbestandteile der Neutrophilen Granulozyten (z.B. PR3 oder Myeloperoxidase) angebracht. Man gibt Blutflüssigkeit dazu. Nach dem Waschen bleiben ANCA hängen, falls vorhanden. Mit einer Färbereaktion macht man diese sichtbar und im Photometer messbar.

 
Welche ANCA Typen gibt es?

Nach dem Muster in der Immunfluoreszenzuntersuchung unterscheidet man c-ANCA, p-ANCA und x-ANCA. X-ANCA werden auch atypische ANCA oder a-ANCA genannt.

c-anca.jpg (3968 Byte)

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C-ANCA P-ANCA X-ANCA

X-ANCA sind meist nicht mit Gefäßentzündungen sondern mit anderen Krankheiten verbunden.

Weiß man auch, gegen welche Bestandteile der Neutrophilen Granulozyten sich ANCA richten?
Ja, großteils kennt man die Ziele (Zielantigene) der ANCA. C-ANCA richten sich meist gegen das Enzym Proteinase 3 (=PR3), p-ANCA gegen die Myeloperoxidase. Das sind die wichtigsten Ziele der ANCA.
ANCA können sich aber auch gegen andere Bestandteile der Neutrophilen Granulozyten richten. Nur namentlich erwähnt seien: ANCA gegen Elastase, Lysozym, Lactoferrin, Cathepsin G, BPI, Azurocidin. Gegen welches Antigen sich ein ANCA richtet, kann man mit den oben beschriebenen Immuntests bestimmen.

Wie richten die ANCA eigentlich den Schaden in den Blutgefäßen an?
Das weiß man noch nicht genau. Eine Möglichkeit wäre, dass sich ANCA an die Neutrophilen Granulozyten binden. Diese werden dadurch aktiviert und richten ihre zerstörerische Wirkung, die eigentlich fremde Krankheitserreger beseitigen sollte, gegen Blutgefäße. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass sich ANCA an die Innenwände der Blutgefäße binden. Das Innere der Blutgefäße könnte sich dann in der Folge so verändern, dass sich weiße Blutkörperchen daran anheften können und so eine Entzündung auslösen.

   
REFERENZ-
BEREICH:
Normalbefund: Negativ, d.h. keine ANCA nachweisbar.
   
ANCA-positiv:
1. c- ANCA

C-ANCA sind meist gegen die sog. Proteinase-3 gerichtet. Man findet c-ANCA bei folgenden Krankheiten:

  • Wegenersche Granulomatose
    Ist man c-ANCA positiv und ist auch der anti-Proteinase 3 Nachweis positiv, liegt mit über 95% Wahrscheinlichkeit diese Erkrankung vor. Findet man keine anti-Proteinase 3 Antikörper, liegt die Erkrankung mit etwa 85% Wahrscheinlichkeit nicht vor.
    Die Wegener-Krankheit fällt anfangs meist durch Beschwerden im Hals-Nasen-Rachen-Raum auf (Nasenschleimhautentzündung [schnupfenähnliche Beschwerden], Nebenhöhlenentzündung, Geschwüre im Mund, Mittelohrentzündung, Kehlkopfentzündung). Später Lungen- und Nierenschädigung. Fieber, Müdigkeit, Gewichtsabnahme und Gelenksbeschwerden können dabei sein. Meist Männer zwischen 30. und 50. Lebensjahr.
      
  • Mikroskopische Polyangiitis
    Bei etwa der Hälfte der Fälle findet man einen c-ANCA im Blut.
    Gefäßentzündung mit leichtem (Bluthusten, Blut im Harn, Muskelschmerzen, Hautblutungen, Nervenschäden, Gelenkschmerzen, Fieber, Gewichtsverlust, Müdigkeit, Fieber) bis schwerem Verlauf (Zerstörung der Lunge und Niere).
  • Churg-Strauss-Syndrom
    In 10% der Fälle findet sich ein c-ANCA.
    Das Churg-Strauss-Syndrom ist eine Gefäßentzündung mit Befall des Atmungstraktes (Nasenschleimhautentzündung [schnupfenähnliche Beschwerden], Nebenhöhlenentzündung, Befall der Lungen, asthmaähnliche Beschwerden). Als Komplikation werden auch die Gefäße des Darmes, Herzens und der Niere erfasst, was zu Darminfarkten, Herzinfarkten und Nierenentzündungen führt. Neben der Bestimmung der ANCA ist für die Diagnose der Nachweis einer Eosinophilie und erhöhter IgE in der Blutflüssigkeit wichtig.

 

2. p-ANCA

P-ANCA sind meist gegen die sog. Myeloperoxidase gerichtet. Man findet p-ANCA bei folgenden Krankheiten:

  • Mikroskopische Polyangiitis
    Bei etwa der Hälfte der Fälle findet man einen p-ANCA im Blut.
    Beschreibung der Erkrankung siehe unter c-ANCA, oben.
     
  • Panarteriitis nodosa (= Polyarteriitis nodosa = Periarteriitis nodosa)
    Bei etwa 15% der Fälle findet man einen p-ANCA im Blut.
    Betrifft größere und mittlere Arterien (=Pulsadern). Allgemeinsymptome: Fieber, Gewichtsverlust, Müdigkeit. Muskelschmerzen, Nervenschäden, Nierenschäden. Komplikationen: Infarkte (Absterben von Gewebe aufgrund von Blutunterversorgung) des Darmes oder Herzens, Nierenversagen. Zur Diagnose braucht man Röntgendarstellungen der Gefäße und Gewebeproben, die im Mikroskop untersucht werden.
     
  • Idiopathische Glomerulonephritis
    Bei etwa 65% der Fälle findet man einen p-ANCA im Blut.
    Eine Form der entzündlichen Nierenschädigung.
  • Churg-Strauss-Syndrom
    Bei etwa 60% der Fälle findet man einen p-ANCA im Blut.
    Beschreibung der Erkrankung siehe unter c-ANCA, oben.
  • Chronische Polyarthritis ("Rheuma")
  • Systemischer Lupus Erythematodes
    Vielgestaltige Autoimmunerkrankung mit Hautrötungen,  typisch im Gesicht, Gelenksbeschwerden, Nierenschäden u.a.

 

3. x-ANCA

X-ANCA sind gegen verschiedene Stoffe des Neutrophilen Granulozyten gerichtet (z.B.: Lactoferrin, Elastase, Cathepsin, BPI, Lysozym?, Azurocidin?). Vorkommen in Blut bei folgenden Krankheiten:

  • Entzündliche Darmerkrankungen (häufiger bei Colitis Ulcerosa, seltener beim Morbus Crohn)
    Durchfälle, Gewichtsverlust, Blut im Stuhl, Blutarmut, Fieber
     
  • Autoimmunhepatitis
    Vor allem bei Frauen vorkommende Autoimmun-Leberentzündung, bei der sich verschiedene Autoantikörper finden können.
     
  • Primär Biliäre Zirrhose
    Autoimmun-Entzündung der Gallenwege führt zu Juckreiz, Cholesterinablagerungen in der Haut, später Gelbsucht und schwere Leberschäden. Diagnostisch wichtiger sind aber hier die anti-Mitochondrialen Antikörper (AMA), nicht die ANCA.
     
  • Primär sklerosierende Cholangitis
    ANCA in 75% der Fälle nachweisbar
    Juckreiz und Gelbsucht, Fieber, rechtsseitige Oberbauchschmerzen
     
  • Chronische Polyarthritis ("Rheuma")
     
  • Systemischer Lupus Erythematodes
    Vielgestaltige Autoimmunerkrankung mit Hautrötungen,  typisch im Gesicht, Gelenksbeschwerden, Nierenschäden u.a.
   

 

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Letzte Änderung 2002-04-23

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