| Die
    Anionenlücke - Übersicht Univ.Prof.Dr.med.
    Wolfgang Hübl
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    | Info
    - Referenzbereiche -  Anionenlücke
    bei metabolischen Azidosen - Anionenlücke bei Vergiftungen 
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        | Ionen sind elektrisch geladene Atome oder Moleküle. Anionen sind
        negativ geladenen Ionen, Kationen sind positiv geladene Ionen. |  |  | 
  
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        | Es gibt gar keine Anionenlücke In unserer Blutflüssigkeit ist immer ein Gleichgewicht aus negativ
        geladenen Teilchen (Anionen) und positiv geladenen Teilchen (Kationen). Zu den positiv
        geladenen Ionen gehört vor allem Natrium, aber auch Kalium, Kalzium, Magnesium und einige
        andere. Zu den negativen Ionen gehören vor allem Chlorid- und Bicarbonationen, aber auch
        Phosphat-, Sulfat-, Lactat- und viele andere Ionen.
 Würde man alle Anionen und alle Kationen in der Blutflüssigkeit bestimmen, würde man
        ein Gleichgewicht der Anionen- und der Kationen feststellen.
 
 Wie kommt es dann zu einer
        Anionenlücke?Man kann nie alle Ionen der Blutflüssigkeit bestimmen. Das ist viel zu aufwändig. Man
        bestimmt nur die wichtigsten Ionen: Das positiv geladene Natrium und das negativ geladene
        Chlorid  und Bicarbonat. Dabei fallen besonders viele negativ geladene Teilchen (also
        Anionen) unter den Tisch. Vergleicht man jetzt die positiven Ionen (Natrium) mit den
        negativen (Chlorid und Bicarbonat), dann überwiegen scheinbar die positiven. Die Anionen
        sind zu wenig. Es besteht rechnerisch eine Anionenlücke. Aber, wie gesagt, nur weil man
        nicht alle Anionen bestimmt hat.
 
          
            |  | Graphische Darstellung der Anionenlücke Vergleicht man das positive Natrium nur mit dem negativen Chlorid und Bicarbonat, bleibt
            eine Lücke (hellblau). Die Bestimmung dieser Lücke trägt bei manchen Krankheiten zur
            Diagnose bei.
 | Nebenbemerkung: wenn man nur Natrium bestimmt, fehlen
        natürlich auch ein paar Kationen, das fällt aber weniger ins Gewicht als die fehlenden
        Anionen. 
          
            | Rechen- Beispiel:
 | Ion | Konzentration in der Blutflüssigkeit | Ladung |  
            | Natrium | 140 | + |  
            | Chlorid | 104 | - |  
            | Bicarbonat | 24 | - |  
            | Summe  gemessener Kationen
            (=Natrium): | 140 | + |  
            | Summe Anionen: | 128 | - |  
            | Kationen - Anionen: | +12 | =Anionenlücke |    Berechnung der Anionenlücke:
 Die Berechnung erfolgt also folgendermaßen:
 Anionenlücke = Natrium - Chlorid - Bicarbonat (Einheiten: mmol/l). Seltener wird das
        Kalium einbezogen (Natrium + Kalium - Chlorid - Bicarbonat).
 Wozu ist die Berechnung der Anionenlücke gut?
 Die Anionenlücke hilft,
 
          die Ursache einer Übersäuerung (=Azidose) des Blutes zu finden undsie kann bei Vergiftungen Hinweise auf die Ursache geben.   Es gibt auch negative LückenSollten bei bestimmten Veränderungen einmal doch die Anionen überwiegen (Natrium kleiner
        als Chlorid + Bicarbonat), spricht man nicht von einer Kationenlücke oder einem
        Anionenüberschuss, wie man es erwarten könnte, sondern von einer "negativen
        Anionenlücke".
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        | Berechnung | Bereich | Einheit | Bereich | Einheit |  
        | Natrium - Chlorid - Bicarbonat*
 | 8 - 16 | mmol/l | 8 - 16 | mval/l |  
        | Natrium + Kalium - Chlorid - Bicarbonat
 | 10 - 20 | mmol/l | 10 - 20 | mval/l |  
        | *übliche
        Berechnungsmethode |  |  | 
  
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        | Hinweis: aus isolierten, leichten Erhöhungen
        oder Erniedrigungen von Laborwerten kann man in den allermeisten Fällen keine
        Schlussfolgerungen auf irgendeine Erkrankung ziehen. Liegen also nur leichte
        Veränderungen vor, muss keineswegs irgendeine der nachfolgend genannten Erkrankungen oder
        Veränderungen vorliegen! |  |  | 
  
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        | ANIONEN-LÜCKE
        BEI METABOLISCHEN AZIDOSEN: |  | 
      
        | 1. Unterscheidung
        Metabolischer Azidosen (metabolische Azidosen sind Übersäuerungen des Blutes, die nicht durch Probleme
        der Atmung, also nicht durch Kohlendioxid-Überschuss bedingt sind)
 
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        | a) Azidosen mit
        vergrößerter Anionenlücke Das passiert, wenn vermehrt (meist organische) Säuren vorhanden sind. Bicarbonat ist
        vermindert, das Chlorid ist dabei nur wenig verändert.
 
 
          
            |  | Azidosen mit vergrößerter Anionenlücke Die nicht gemessenen Anionen, die bei diesen Azidosen vorkommen, verursachen die Lücke.
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          Diabetische Ketoazidose bei Zuckerkrankheit(Insulinmangel führt zum Fettabbau - Ketonsäuren entstehen; nur bei rascher
            Entwicklung entsteht eine deutliche Anionenlücke)
Lactatazidose z.B. durch Schock(Sauerstoffmangel im Gewebe wegen Unterdurchblutung; führt zur Vermehrung von
            Lactat)
Nierenversagen (Urämie)(organische Säuren werden vermindert ausgeschieden, Phosphate und Sulfate
            ebenfalls erhöht)
Alkoholismus, extremes Hungern(verminderte Nahrungsaufnahme - vermehrter Fettabbau - Ketonsäuren entstehen)
Aspirin (=Salizylat)-Vergiftung(auch Salizylat-Ionen sind Anionen, die nicht gemessen werden - die Anionenlücke
            wird größer)
Vergiftungen mit Methanol oder Ethylenglykol. Näheres siehe unter Vergiftungen weiter unten.   b) Azidosen mit normaler AnionenlückeDer Abfall des Bicarbonats wird bei diesen Azidosen durch Erhöhung des Chlorids
        ausgeglichen. Die Anionenlücke ist normal, das Chlorid erhöht - man nennt diese Azidosen
        auch hyperchlorämische Azidosen.
 
          
            |  | Hyperchlorämische Azidosen mit normaler
            Anionenlücke Die Azidose (Übersäuerung) drückt sich im Abfall des Bicarbonats aus. Die Anionenlücke
            ist aber nicht vergrößert sondern die Chloridkonzentration ist als Ausgleich erhöht.
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          Durchfälle(Bicarbonat geht im Stuhl verloren)
Renal tubuläre Azidosen (Ursache sind Erkrankungen der kleinen Nierenröhrchen. Bicarbonat geht im Harn
            verloren [Typ II] oder Säureauscheidungsstörung [= H-Ionen-Ausscheidungsstörung;
            Typ I und IV])
Einnahme oder Gabe von Ammoniumchlorid, Lysinchlorid oder
            AgininchloridAzidose bei frühem NierenversagenAzidose bei Harnstau(Abflusshindernis; z.B. "Steine"; führt auch zu einer Art renal
            tubulären Azidose)
Harn gelangt durch abnorme Verbindungen in den Dickdarm(Aus dem chloridreichen Harn wird Chlorid über den Darm aufgenommen.)
Einnahme von Carboanhydrase-Hemmern(Epilepsiebehandlung, Glaukom/Grüner Star-Behandlung; früher auch als
            harntreibendes Mittel eingesetzt; führen zur Ausscheidung von Kaliumbicarbonat im Harn)
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        | Zur weiteren Unterscheidung dieser hyperchlorämischen
        Azidosen kann das Kalium helfen: (nach Thomas, Labor und Diagnose, 5.Auflage, TH-Books)
 
 
          
            | Hyperchlorämische
            Azidosen mit |  
            | erhöhtem Kalium | erniedrigtem Kalium |  
            | Azidose bei frühem Nierenversagen | Durchfall |  
            | Azidose bei Harnstau | Carboanhydrase-Behandlung |  
            | Renal tubuläre Azidose Typ IV | Renal tubuläre Azidose Typ I und II |  
            | Einnahme von Ammoniumchlorid, Lysinchlorid oder
            Argininchlorid | Azidosen, die sich nach einer respiratorischen Alkalose
            entwickeln |  
            |  | Verbindungen vom Harnsystem zum Dickdarm |  |  |  | 
  
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        | ANIONEN-LÜCKE
        BEI VERGIFTUNGEN: |  | 
      
        | Vergiftungen
        mit Azidose und vergrößerter Anionenlücke 
          Ethylenglykol, Methanol, alkoholische Ketoazidose, Isopropanol,
            Azeton, Valproinsäure, Formaldehyd, Paraldehyd, Salizylate, Sulfate, Toluol. Lactat im
            Blut ist in diesen Fällen vorerst nicht erhöht.Eine Azidose mit vergrößerter Anionenlücke kann auch bei jeder
            Vergiftung mit Leberversagen, Nierenversagen, Lungenversagen, Krampfanfällen oder Schock
            auftreten. In diesen Fällen ist das Lactat im Blut aber erhöht.   |  
        | Vergiftungen mit Azidose und
        normaler Anionenlücke 
          Ethanol, Propylenglykol, ev. Toluol   |  
        | Vergiftungen mit verringerter
        (teils sogar negativer) Anionenlücke 
          Bromid, Iodid, Nitrat, Calcium, Magnesium, Lithium |  |  | 
  
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