Methämoglobin
(= Hämiglobin) - Übersicht
Univ.Prof.Dr.
Wolfgang Hübl |
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Met-, Meta-: Wortteil mit der Bedeutung "nach"
Hämoglobin: der rote Blutfarbstoff. Methämoglobin entsteht durch Oxidation aus dem
Hämoglobin.
Andere Namen: Hämiglobin, Ferrihämoglobin, Hb-Fe3+
Abkürzung: Met-Hb, Hi |
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Was ist Methämoglobin?
Methämoglobin ist "oxidiertes Hämoglobin".
Hämoglobin ist der rote Blutfarbstoff, der sich vorwiegend in den roten Blutkörperchen
befindet und dem Sauerstofftransport dient. Dabei wird der Sauerstoff an ein Eisenatom,
genauer gesagt an ein Eisen-Ion (Fe2+), des Hämoglobins gebunden.
Wird das Eisen-Ion des Hämoglobins oxidiert (chemische Veränderung mit Verlust von
Elektronen) dann entsteht Methämoglobin. Mann kann auch sagen: im Methämoglobin ist das
Eisen in einer höheren Oxidationsstufe (Fe3+).
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Methämoglobin
Deutlicher Farbunterschied zwischen dem roten Hämoglobin (links) und dem braunen
Methämoglobin (rechts).
[Das Methämoglobin entstand im Reagenzglas durch Zugabe eines Oxidationsmittels] |
Wodurch entsteht Methämoglobin im
Blut?
Eine kleine Menge entsteht laufend aus dem Hämoglobin. Da Methämoglobin
aber zum Sauerstofftransport nicht geeignet ist, wird es möglichst schnell wieder in
Hämoglobin zurückverwandelt. Dafür haben die roten Blutkörperchen ein spezielles
Enzymsystem (das sog. NADH-Methämoglobin-Reduktase-System). Deswegen liegt der normale
Methämoglobinanteil des Blutes bei höchstens 1%.
Größere Mengen können durch erbliche Erkrankungen des Enzymsystems der
roten Blutkörperchen, durch ein abnormes Hämoglobin (Hb-M) oder durch Einwirken von
oxidierenden Mitteln (Medikamente, Gifte. Näheres siehe unten unter ERHÖHUNGEN)
entstehen.
Unter Methämoglobinämie versteht man die
Erhöhung des Methämoglobins im Blut.
Warum bestimmt man Methämoglobin im Blut?
- Verdacht auf bestimmte Vergiftungen
- Verdacht auf erblich bedingte Methämoglobinämie
- Behandlung mit Medikamenten die Methämoglobinämien verursachen
können ("Met-Hb-Bildner")
Welche Beschwerden/Zeichen verursacht zu
viel Methämoglobin im Blut (=Methämoglobinämie)?
Methämoglobin |
Beschwerden, Anzeichen |
kleiner 5 % |
meist keine Beschwerden oder Zeichen |
15 - 20 % |
Zyanose (Blausucht; bes. der Lippen), Kopfschmerzen,
Benommenheit |
20 - 45 % |
deutliche Zyanose, Übelkeit.
Ab etwa 30% ist das Blut deutlich brauner |
45 - 70 % |
Schwere Zyanose, Erbrechen, Verwirrtheit, Kollaps |
über 70 % |
Tod |
Wie stellt man eine
Methämoglobinämie fest?
Einerseits durch die oben beschriebenen Anzeichen, aus der Situation und ev. Befragung des
Patienten und durch die Bestimmung des Methämoglobins im Blut.
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Bereich |
Einheit |
0.2 - 1 |
% (Anteil am Gesamthämoglobin) |
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Hinweis: aus isolierten, leichten Erhöhungen
oder Erniedrigungen von Laborwerten kann man in den allermeisten Fällen keine
Schlussfolgerungen auf irgendeine Erkrankung ziehen. Liegen also nur leichte
Veränderungen vor, muss keineswegs irgendeine der nachfolgend genannten Erkrankungen oder
Veränderungen vorliegen! |
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ERHÖHUNG:
(=METHÄMO-
GLOBINÄMIE) |
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Störung des Enzym-Systems der
roten Blutkörperchen
- Störung der Methämoglobin-Reduktase
Methämoglobin wird in zu geringem Umfang in Hämoglobin zurückverwandelt. Es
häuft sich an.
Kommt als erbliche Erkrankung vor. Dabei kommt es zu Methämoglobinspiegeln von 10
- 20% seltener bis 50%.
Auch bei Neugeborenen und Säuglingen arbeitet die Methämoglobin-Reduktase noch
nicht in vollem Umfang.
- Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel
Dies ist ein anderes Enzym in den roten Blutkörperchen, das für die Rückführung
des Methämoglobins in Hämoglobin wichtig ist. Der erbliche Mangel kommt in Europa
vorwiegend in den Mittelmeerländern vor. Führt meist nur bei Wirkung von zusätzlichen
Faktoren wie der Einnahme bestimmter Medikamente oder Nahrungsmittel (Fava-Bohnen),
Infektionen oder bei Neugeborenen zu Problemen. Wenn dieser Fall eintritt, ist die eher
milde Methämoglobinämie weniger wichtig als die anderen Probleme, die dabei auftreten
können: die Hämolyse (Zerstörung roter Blutkörperchen) oder der Bilirubinanstieg beim
Neugeborenen.
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Erbliche Veränderungen des
Hämoglobins in den roten Blutkörperchen
- Hämoglobin M
Methämoglobin wird wegen des abnormen Hämoglobins in zu geringem Umfang in
Hämoglobin zurückverwandelt. Es häuft sich an. Anteile von 20 - 40%. Patienten haben
Zyanosen (Blausucht) seit der Kindheit.
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Einnahme von Medikamenten oder
Giftstoffen, die Methämoglobinbildung auslösen können Kann aus 2 Gründen zur Methämoglobinbildung führen:
- eingenommene Substanz selbst ist wirksam genug, um eine nennenswerte
Methämoglobinbildung zu verursachen (manche Vergiftungen).
- eingenommene Substanz selbst ist ein nur schwacher
Methämoglobinbildner, aber bei einem Menschen mit den unter Punkt 1 oder 2 beschrieben
Enzym- oder Hämoglobinveränderungen kann es dennoch zur Methämoglobinbildung kommen
(Medikamente, Giftstoffe)
Stoffe, die Methämoglobinbildung auslösen können:
- Oxidationsmittel (z.B. Chlorate in Reinigungs- und
Bleichmitteln)
- Nitrite, Amylnitrit, Nitroglyzerin
Maximum der Met-Hb Konzentration bereits ca. 1h nach Einnahme/Einwirkung; nach 5h
bereits weitgehende Normalisierung.
- Aromatische Amino- und Nitroverbindungen
(Nitrobenzol, Anilin)
Werden erst im Körper in Met-Hb-bildende Verbindungen umgewandelt. Met-Hb steigt
etwas später an (Höhepunkt nach ca. 4h, fällt dann langsamer ab)
- Nitrate (die normalen Darmbakterien wandeln sie in
Nitrite um)
Nitratreiches Brunnenwasser oder Nitrat-gedüngtes Gemüse kann für Säuglinge
gefährlich werden
- Medikamente, die Met-Hb-Bildung verursachen können (Beispiele)
- Lokalanästhetika (Mittel für die lokale Schmerzausschaltung)
Benzocain, Lidocain, Procain
- Primaquin (Malaria-Behandlung)
- Sulfonamide (werden bei bakteriellen Infektionen, als
harntreibende Mittel und bei Zuckerkrankheit verwendet)
- Phenacetin (früher als Schmerzmittel verwendet), Paracetamol,
Phenazopyridin (beides Schmerzmittelinhaltsstoffe)
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