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Amylase - Details
Univ.Prof.Dr.med. Wolfgang Hübl

Name - Info - Referenzbereich - Bestimmung - Erhöhung - Verminderung
Probe - Probenlagerung - Präanalytik - Analysenreaktion - Interferenzen - Fehlerquellen

 
NAME:
Griechisch Amylon = Stärkemehl; Amylose ist der Hauptbestandteil der Stärke.
   
INFO:
Die Amylase ist ein Verdauungsferment (=Verdauungsenzym). Sie spaltet lange Kohlenhydratketten wie pflanzliche Stärke (Amylose und Amylopektin, Vorkommen z.B. im Mehl) und Glykogen (=tierische Stärke, Vorkommen in Leber und Muskel) in kleinere Zuckerstücke (wie z.B. Malzzucker und andere sog. Disaccharide).
Amylase wird vor allem in den Speicheldrüsen (Speichel-Amylase, S-Amylase) und in der Bauchspeicheldrüse (Pankreas-Amylase, P-Amylase) gebildet. Von den Speicheldrüsen wird die Amylase (auch Ptyalin genannt) in die Mundhöhle abgegeben, wo mit der Verdauung der Kohlenhydrate begonnen wird. Die Bauchspeicheldrüse gibt die Amylase normalerweise fast vollständig in den Zwölffingerdarm ab, wo die Verdauung weiter geht. Nur geringe Spuren gehen ins Blut über.
Geringere Mengen findet man auch in Leber, Samenflüssigkeit, Hoden, Eierstöcken, Eileiter, Muskulatur, Lunge, Fettgewebe sowie in Lungen- und Eierstocktumorgewebe.

Die Amylase ist ein kleines Molekül ist (MG 40000 bis 50000), sie wird als einziges Serumenzym im Harn ausgeschieden. Sie wird fast vollständig glomerulär filtriert und zu etwa 50% tubulär rückresorbiert.
Die Serum-Halbwertszeit der Amylase beträgt 10-18h.

   
REFERENZ-
BEREICH:
Altersgruppe Bereich Einheit
Neugeborene bis 80 U/l
bis 14. LJ bis 100 U/l
Erwachsene bis 120 U/l
Spontanharn bis 460 U/l
Je nach verwendeter Methode große Unterschiede.

Allgemein haben Neugeborene nur S-Amylase, die P-Amylase kommt erst nach ca. 2 Monaten dazu.

Wie bei den meisten Enzymen misst man nicht die Enzymmenge sondern die Aktivität des Enzyms. Man bietet ein Substrat an, also ein Molekül, das durch das Enzym abgebaut wird. Man misst dann, wieviel Substrat in einer bestimmten Zeit abgebaut wird. Siehe Beispiel im Abschnitt ANALYSENREAKTION.
   
ERHÖHUNG:

PRINZIP
Erhöhungen sind zu erwarten wenn:
die normalerweise in die Mundhöhle oder in den Darm abzugebende Amylase in das Blut übergeht (Abflusshindernisse, Entzündungen),
die Ausscheidung über die Niere vermindert ist (Nierenversagen, Makroamylasämie) sowie bei Austritt von Amylase aus anderen Geweben (Tumorgewebe, Eierstöcke, Leber, u.a.: siehe auch unter INFO)

 

Akute und Chronische Entzündungen der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis)
(inkl. Komplikationen wie Abszesse, Pseudozysten, Ascites, Pleuraerguss)
Bei akuter Pankreatitis Anstieg nach ca. 5h mit Werten > 3-fache Obergrenze des Referenzbereichs. Gipfel nach 12 bis 24h, Dauer der Erhöhung 3-5 Tage. Das Ausmaß der Erhöhung sagt nichts über die Schwere der Pankreatitis aus.
Manche Fälle von akuter Pankreatitis bleiben ohne Amylaseerhöhung. Ursache: entweder hat man den kurzen Anstieg versäumt oder das Pankreas ist in Folge chronische Vorschädigung bereits ausgebrannt.
Chronische Pankreatitiden zeigen im Intervall normale Amylasewerte, im Schub bleiben die Werte oft länger hoch als bei der akuten Form.
 

Alkoholismus
Beim akuten Alkoholismus ist bei 10% aller Betroffenen die Amylase erhöht, wobei die S-Amylase die Erhöhung bewirkt.
Beim chronischen Alkoholiker ist die Gesamtamylase normal, solange kein Leberschaden eingetreten ist. Die S-Amylase ist aber gegenüber der P-Amylase erhöht (Verhältnis 1.8:1 statt normal 1:1).
 

Nierenversagen
Glomeruläre Schäden: Amylase normal bis leicht erhöht, Ausscheidung im Harn vermindert. Tubuläre Schäden: Amylase normal, Ausscheidung im Harn normal oder erhöht.
Chronisches Nierenversagen: Die Erhöhung bleibt meist unter der 3.5-fachen Obergrenze und beginnt erst bei schwerer Nierenschädigung (Kreatininclearance unter 50ml/min).
 

Tumoren in oder in der Nachbarschaft der Bauchspeicheldrüse

Lebererkrankungen
In den Leberzellen und in den Gallengängen in der Leber (intrahepatisches Gallengangsepithel) fand man Amylaseaktivitäten. Dies dürfte die Ursache der leichten Amylaseerhöhungen bei verschiedenen Lebererkrankungen (Cirrhose, Karzinom, Metastasen, Entzündung) sein.

Akutes Abdomen
Indirekte Mitbeteiligung der Bauchspeicheldrüse bei Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwüren, Gallenblasenentzündung, hoher Darmverschluss (Erhöhung meist < 3.5 fache Obergrenze).
Bei Tubenruptur (Eileiterdurchbruch), Eierstocktumor-Stieldrehung, Mesenterialinfarkt (Darmgefäßverschluss), Milzvenenthrombose (Milzvenenverschluss) Amylasewerte oft nur gering erhöht (< der 2-fachen Obergrenze).

ERCP
Nach einer endoskopischen Pankreasganguntersuchung (ERCP): nach 2h nachweisbar, Gipfel nach 6h, Dauer 2-3 Tage. Nach Operationen im Magen-Darm-Trakt.
 

Seltener leichte Erhöhungen bei Oberbauchverletzungen, AIDS, Typhus, Sarkoidose

Speicheldrüsenerkrankungen
Mumps (=epidemische Parotitis): Anstieg bis zur 5-fachen Obergrenze, Parotitis bei Marasmus (bis 3-fache Obergrenze).
Speichedrüsengangverschlüsse (Sialolithiasis), besonders hohe Werte nach dem Essen.

Manche maligne Tumoren
Besonders Eierstock- und Lungentumoren, seltener Schilddrüsen, Kolon, Prostata und Zervixkarzinome sowie Myelome und Lebertumoren führen zu Amylaseerhöhungen, meist vom Typ der S-Amylase.

Anorexie/Bulimie (Magersucht/Ess-Brechsucht)

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (M.Crohn, Colitis Ulcerosa)

Makroamylasämie
Durch Antikörper kann es zur Vernetzung von mehreren Amylasemolekülen zu den sog. Makroamylaseformen kommen. Deren Molekulargewicht liegt meist über 400000. Sie werden wegen ihrer Größe nicht über die Niere ausgeschieden. Dadurch ist die Amylaseaktivität im Serum erhöht, ohne dass eine Erkrankung der Bauchspeicheldrüse oder der Speicheldrüsen vorhanden ist. Erkennbar wird die Makroamylasämie durch die verminderte Ausscheidung von Amylase im Harn. Auch die normale Lipase und die fehlende klinische Symptomatik lassen daran denken.
Da die Makroamylasämie durch andere Erkrankungen (Multiples Myelom, Lymphome oder AIDS) verursacht sein kann, muss man ihre Ursache abklären.

Infusionen mit Hydroxyäthylstärke
Auch durch Infusionen, die Hydroxyäthylstärke enthalten, können Makroformen der Amylase entstehen und die Aktivität im Serum wegen geringerer Nierenausscheidung erhöht sein.

Medikamente
Medikamente bei denen eine Amylaseerhöhung beschrieben ist:
Aethanol, Aminosalicylsäure (Aspirin) kann akute Pankreatitis verursachen, Aprotinin (ein Fall von allergischer Pankreatitis), Asparaginase, Aspirin, Azathioprin, Benzthiazid, Bethanechol, Chlorothiazid, Chlorthalidon, Cholinerge Substanzen, Cisplatin, Codein, Corticosteroide, Corticotropin, Cyclothiazid, Cyproheptadin, Dexamethason, Diatrizoat, Diuretika, Enalapril, Ethacrynsäure, Fentanyl, Fludrocortison, Furosemid, Glucokorticoide, Histamin, Hydrochlorothiazid, Hydroflumethiazid, Indomethacin, Isoniazid, Kaliumjodid, Kontrastmittel, Kupfer, Meperidin, Mercaptopurin, Methacholin, Methanol, Methylclothiazid, Methyldopa, Mythylprednisolon, Morphin, Narkotika, Nitrofurantoin, Opium, Orale Kontrazeptiva ("Pille"), Oxyphenbutazon, Pancreozymin, Paramethason, Pentazocine, Phenylbutazon, Polythiazid,   Prednisolon, Prednison, Procyclidin, Sulfachlorpyridazin, Sulfamethizol, Sulfamethoxazol, Sulfisoxazol, Tetrazyklin, Thiazide, Triamcinolon, Trichlormethiazid, Valproinsäure.

   

Fettleibigkeit

Erbliche Variante

Absterben (Nekrose) großer Teile der Bauchspeicheldrüse

Schwere Leberschäden (z.B. bei akuter Lebernekrose oder Eklampsie)

Schwere Verbrennungen

Eiweißmangelernährung (Kwashiorkor)

Alkoholismus: P-Amylase kann vermindert sein.

Eiweißmangelernährung (Kwashiorkor)

Medikamente
Medikamente bei denen eine Amylaseverminderung beschrieben ist: Anabolika, Propylthiouracil, Somatostatin.

   
Vorzugsweise Serum; EDTA- oder Heparinplasma verwendbar
   
PROBEN-
LAGERUNG:
Haltbarkeit des Serums:*  
Bei 20 bis 25°C: 1 Woche
Bei 4-8°C: 2 Monate
Bei -20°C: keine Angabe
Haltbarkeit des Harns:**  
Bei 4°C 1 Tag

* Serum sollte möglichst bald von Zellen getrennt werden.
** Harn sollte vor der Lagerung auf pH 7 gebracht werden.

   
ANALYSEN-
REAKTION:
Beispiel:
Alpha-Amylase EPS Liquid Reagent (Roche Diagnostics)

Prinzip:
Das Substrat 4,6-Ethylidin-p-Nitrophenyl-alpha-D-Malto-Heptaosid (=Ethylidin-G7-PNP) wird durch die Amylase in Ethylidin-G3,4,5 + G2,3,4-PNP gespalten. G2,3,4-PNP reagiert mit Hilfe der im Reagenzkit enthaltenen alpha-Glucosidase zu p-Nitrophenoxid und Glucose weiter. P-Nitrophenoxid kann kann bei 409nm photometrisch gemessen werden.

   
Hämolyse über 2 g/L vermindert die scheinbare Amylaseaktivität.
Bilirubin über 342 µmol/l (=20 mg/dl) vermindert die scheinbare Amylaseaktivität.
Lipämie hat keinen Einfluss.
Als Antikoagulans dürfen nur Heparin und EDTA verwendet werden. Citrat und Fluorid stören die Reaktion.
   

 

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Letzte Änderung 2003-05-01

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