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Dysmorphe Erythrozyten im Harn - Übersicht
Univ.Prof.Dr.med. Wolfgang Hübl
    
NAME:
Erythrozyten sind die roten Blutkörperchen (griechisch erythros = rot, gr. kytos = Zelle). Dysmorph heißt so viel viel fehlgestaltet. Die griechische Vorsilbe dys- heißt so viel wie miss- oder un-. Der Wortteil Morph kommt von dem griechischen Wort für Gestalt, Form.
Also: fehlgestaltete, unförmige rote Blutkörperchen.
   
KURZINFO:
Blut im Harn
Rote Blutkörperchen sind normalerweise nur in äußerst geringer Zahl im Harn anzutreffen. Findet man bei der Untersuchung des Harns mittels Teststreifen oder im Mikroskop zu viele rote Blutkörperchen, so ist das ein wichtiger Befund, dem man nachgehen muss.
Dabei ist erst einmal sehr wichtig zu wissen, woher die roten Blutkörperchen gekommen sind. Aus der Niere oder von weiter unten, aus dem Harnleiter (Verbindung von Niere zur Harnblase), der Harnblase oder der Harnröhre (Leitung von der Harnblase nach "außen").
Allgemeine und ausführlichere Information über Blut im Harn finden sie im entsprechenden Abschnitt.
Harnsystem Das Harnsystem
Das Blut fließt durch die Nieren. Harn wird durch die Nierenfilter, die Glomeruli, abgefiltert. Der größte Teil der Flüssigkeit wird noch in der Niere zurückgeholt, aber ca. 1.5 Liter fließen pro Tag über die Harnleiter in die Blase und werden über die Harnröhre ausgeschieden.


Wie erkennt man, woher die roten Blutkörperchen im Harn kommen?
Eine Möglichkeit, um dies herauszufinden, ist die genaue Begutachtung des Harns im Mikroskop:
Kommt ein rotes Blutkörperchen aus dem Harnleiter, der Blase oder der Harnröhre, dann wird es noch halbwegs normal aussehen.
Kommt aber ein rotes Blutkörperchen aus der Niere, genauer gesagt aus den Blutfiltern der Niere (den sog. Glomeruli), dann hat es einiges mitgemacht. Es weist dann ganz besondere Veränderungen seines Aussehens auf. Für diese Veränderungen hat sich der Ausdruck "dysmorph" durchgesetzt. Und mit dysmorphen Erythrozyten im Harn meint man nur diese roten Blutkörperchen, die diese Veränderungen zeigen. (Zu viele) Dysmorphe rote Blutkörperchen sind also ein Zeichen für eine Nierenschädigung. Und zwar für eine Schädigung der Glomeruli, meist eine Glomerulonephritis. Das ist eine Entzündung der Glomeruli die nach Infektionen oder bei Autoimmunerkrankungen vorkommt.

Nicht dysmorphe ("normale") Erythrozyten im Harn

Verschiedene Formen nicht dysmorpher ("normaler") Erythrozyten im Harn

A und B zeigen die typische, normale Form der eingedellten Scheibe, C ist leicht stachelig verändert, was aber nicht zu den Dysmorphien zählt. D ist ein sog. Erythrozyten-Geist, eine leere Hülle ohne Inhalt. Auch diese Form ist kein Hinweis auf eine Nierenerkrankung, die die Glomeruli betrifft.

Dysmorphe Erythrozyten im Harn

Verschiedene Formen dysmorpher Erythrozyten im Harn

A zeigt eine Ringform mit 2 Einschnürungen, bei B sind es schon sehr viele Einschnürungen. Bei C ragen Zapfen in die Mitte hinein. D zeigt blasige Ausstülpungen. Unter den dysmorphen Formen nennt man D-artige Formen "Akanthozyten". Sie sollen besonders typisch für eine Schädigung der Nierenglomeruli sein.

In der Praxis ist es nicht ganz so einfach
Erstens braucht man für die sichere Erkennung der dysmorphen Erythrozyten im Mikroskop viel Erfahrung. Zweitens darf man nur dann von einem Nierenschaden ausgehen, wenn ein hoher Anteil der roten Blutkörperchen im Harn dysmorph ist. Sieht man viele normale und nur wenige dysmorphe, spricht es eher für eine Blutungsquelle nach der Niere (Harnleiter, Harnblase, Harnröhre). Erst wenn 70-80 von 100 Blutkörperchen dysmorph sind, sollte man den Befund "glomeruläre Hämaturie" (=Blut im Harn wegen Erkrankung der Glomeruli der Niere) ausgeben.

   
REFERENZ-
BEREICH:

Normalerweise finden sich im Harn nur sehr wenige rote Blutkörperchen. Der Befund des Teststreifens sollte daher "NEGATIV" ausfallen, bei Zählung sollt man auf nicht mehr als 3 rote Blutkörperchen pro mikroliter kommen. Erst wenn diese Werte überschritten sind, ist die Bestimmung der dysmorphen roten Blutkörperchen sinnvoll. Einen Referenzbereich oder Normalbereich der dysmorphen Erythrozyten gibt es daher nicht.

   
 
Hinweis: aus isolierten, leichten Erhöhungen oder Erniedrigungen von Laborwerten kann man in den allermeisten Fällen keine Schlussfolgerungen auf irgendeine Erkrankung ziehen. Liegen also nur leichte Veränderungen vor, muss keineswegs irgendeine der nachfolgend genannten Erkrankungen oder Veränderungen vorliegen!
Hoher Anteil dysmorpher Erythrozyten:
Spricht dafür, dass eine Schädigung der Nierenglomeruli die Ursache des Blutes im Harn ist.
   
Niedriger Anteil dysmorpher Erythrozyten:
Spricht dagegen, dass eine Schädigung der Nierenglomeruli die Ursache für das Blut im Harn ist. Spricht für andere Blutungsquellen, die im Harnleiter, in der Harnblase oder in der Harnröhre liegen können.
Aber auch andere Erkrankungen der Niere, die nicht die Glomeruli betreffen, können einen niedrigen Anteil dysmorpher Erythrozyten zeigen (Nierentumor, eitrige Entzündungen - Pyelonephritis, Nierenzysten u.a.).
   

 

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Letzte Änderung 2002-09-15

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