Was ist
eine Hämaturie und wie erkennt man sie?
Was versteht man unter einer
Hämaturie?
Unter Hämaturie versteht man das vermehrte Auftreten von Blut, genauer gesagt roten
Blutkörperchen (Erythrozyten) im Harn.
Die Ausdrücke Erythrurie oder Erythrozyturie sind weniger gebräuchlich, obwohl sie etwas
exakter wären.
Sind im Harn normalerweise rote
Blutkörperchen?
Ja, aber sehr wenige. Bei einer üblichen Harnuntersuchung mit dem Mikroskop
(Vergrößerung 400-fach) sollte man pro Gesichtsfeld nur maximal 2 rote Blutkörperchen
sehen. Findet man mehr, ist das bereits eine Hämaturie.
Nicht alle setzen die Grenze so niedrig an. Manche nennen es erst ab 5 roten
Blutkörperchen pro Gesichtsfeld Hämaturie.
Woran erkennt man Blut im Harn?
- Makrohämaturie
Sind viele rote Blutkörperchen im Harn, dann sieht man die Hämaturie auch ohne
Hilfsmittel, also mit freiem Auge, weil sie eine rote Verfärbung des Harns verursacht.
Man nennt dies Makrohämaturie.
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Makrohämaturie
Beim Harn links erkennt man schon mit freiem Auge die braunrötliche, trübende
Verfärbung. Dies ist ein Befund bei relativ starker Hämaturie. In dem Beispiel sind es
5000 rote Blutkörperchen pro mikroliter [µl] Harn.
Zum Vergleich rechts ein normaler Harn, keine Trübung, keine Verfärbung.
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- Mikrohämaturie
Sind nur wenige rote Blutkörperchen im Harn, dann kann man die Hämaturie nicht mit
freiem Auge erkennen. Man braucht dann entweder ein Mikroskop oder einen Harnteststreifen,
um die roten Blutkörperchen im Harn nachzuweisen. Dies wird als Mikrohämaturie
bezeichnet.
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Mikrohämaturie
Der Harnteststreifen links zeigt Blut im Harn an. Die fleckige Grünfärbung sagt, dass es
wirklich rote Blutkörperchen sind. Hämoglobin würde eine gleichmäßige Grünfärbung
verursachen. Bei stärkerer Hämaturie ist das aber nicht mehr gut unterscheidbar, da die
einzelnen Flecken verschmelzen. Der dargestellte Befund entspricht ca. 50 roten
Blutkörperchen pro µl Harn. Ab einer Menge von 5-10 roten Blutkörperchen pro µl Harn
ist dies mit einem Teststreifen erkennbar.
Zum Vergleich rechts ein Normalbefund.
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Ist es wirklich Blut? Wie sichert man
den Befund ab?
Hat man mit bloßem Auge oder mit dem Teststreifen vermeintlich Blut nachgewiesen, muss
erst einmal geklärt werden, ob es sich wirklich um rote Blutkörperchen handelt. Sowohl
die Harnfarbe als auch der Teststreifenbefund können täuschen:
Im Zweifelsfall kann die mikroskopische Untersuchung des Harns
klären, ob wirklich rote Blutkörperchen im Harn vermehrt sind.
Einschränkung: Wenn man im Mikroskop keine roten Blutkörperchen findet, obwohl
der Teststreifen Blut anzeigt, kann das auch daran liegen, dass die roten Blutkörperchen
vor der mikroskopischen Untersuchung im Harn zerstört wurden. Das kann bereits im Körper
passieren oder bei der Aufbereitung des Harns vor der mikroskopischen Untersuchung. Kann
man den Verdacht auf eine echte Hämaturie also nicht sicher ausschließen, wird man sie
abklären oder zumindest kontrollieren müssen, auch wenn man im Mikroskop keine roten
Blutkörperchen findet.
Daneben sollte daran gedacht werden, dass rote Blutkörperchen im
Harn auch von der Regelblutung, eventuell auch von Blut im Stuhl kommen können.
Ursachen
von Hämaturien
Vorweg sei gesagt: die häufigsten Ursachen für eine Hämaturie
(ohne sonstige Beschwerden) sind leichtere oder zumindest gut behandelbare Erkrankungen.
Bei Makrohämaturie ist das Risiko, dass eine schwerwiegende Erkrankung die Ursache der
Hämaturie ist, größer als bei Mikrohämaturie. Bei Mikrohämaturie findet man nur bei
einem sehr kleinen Teil der Fälle eine schwerere Erkrankung. Nicht selten findet sich
auch gar keine Ursache (und zwar vor allem bei Mikrohämaturie, manchmal aber auch bei
Makrohämaturie).
Einschub: das Harnsystem |
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Das Blut fließt durch die Nieren. Harn wird
durch die Nierenfilter, die Glomeruli, abgefiltert. Der größte Teil der Flüssigkeit
wird noch in der Niere zurückgeholt, aber ca. 1.5 Liter fließen pro Tag über die
Harnleiter in die Blase und werden über die Harnröhre ausgeschieden. |
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Der Glomerulus
Über 1 Million solcher Filter finden sich in der äußeren Schicht der Nieren. |
Prinzipielle Ursachen von Hämaturien
- Nierenerkrankungen
Eine Vielzahl von Nierenerkrankungen kann Blut im Harn zur Folge haben:
- Entzündungen (Autoimmunerkrankungen, Infektionen)
- Erbliche Erkrankungen der Nierenfilter (Glomeruli)
- Tumoren
- Zysten der Niere (abnorme Hohlräume)
- Verletzungen
- Blutgefäßverstopfungen (Der Blutzufluss zur Niere aber auch der
Blutabfluss von der Niere kann verstopfen)
- Gefäßmissbildungen
- Medikamenteneinnahme (z.B. Schmerzmittel)
- u.a.
Glomeruläre Hämaturien
In der Niere entsteht eine wichtige Untergruppe von Hämaturien, die sog. glomerulären
Hämaturien. Davon spricht man, wenn die Filter der Niere, die sog. Glomeruli,
undicht werden und rote Blutkörperchen in den Harn durchlassen. Das kann bei
verschiedenen Nierenerkrankungen vorkommen. Meist liegt der Grund in einer Entzündung der
Glomeruli (sog. Glomerulonephritis) aber auch erbliche Erkrankungen, die die Glomeruli
betreffen, können die Ursache sein. Die roten Blutkörperchen (= Erythrozyten) bei
glomerulären Hämaturien haben im Mikroskop ein typisches Aussehen. Mann nennt sie auch
glomeruläre Erythrozyten oder dysmorphe
Erythrozyten.
Eine erst in denn letzten Jahren so richtig erkannte, häufige Ursache
glomerulärer Hämaturien soll vorweg erwähnt sein: die Erkrankung mit dünner
Basalmembran (Thin Basement Membrane Disease, TBMD). Bei den Betroffenen ist eine Membran
der Nierenfilter (=Glomeruli) dünner. Diese erbliche Krankheit, die früher als benigne
familiäre Hämaturie bezeichnet wurde, verläuft gutartig und führt nur extrem selten zu
einem Nierenschaden.
- Erkrankungen des Harnleiters, der Harnblase und der
Harnröhre
- Steine
- Entzündungen (v.a. durch Infektionen)
- Verengungen des Harnleiters oder der Harnröhre
- Tumoren
- Verletzungen, Fremdkörper
- Endometriose (Schleimhaut der Gebärmutter im Bereich der Harnwege)
- Erkrankungen der Vorsteherdrüse (Prostata)
- Entzündungen (v.a. Infektionen)
- Tumoren (sind meist gutartig)
Andere, mögliche Ursachen einer Hämaturie:
- Störungen der Blutgerinnung (z.B. bei Marcoumar-Behandlung,
Heparin-Behandlung)
- Zu wenige oder nicht funktionierende Blutplättchen
- schwere körperliche Anstrengungen (Marathonlauf)
- Zuckerkrankheit (mit Nierenschädigung)
- Nierenschäden bei zu hohem Kalzium
oder zu hoher Harnsäure im Harn; Gichtniere
- Sichelzell-Anämie (erbliche Blutarmut mit sichelartigen roten
Blutkörperchen)
- Thalassämie (erbliche Blutarmut mit abnormem roten Blutfarbstoff in
den roten Blutkörperchen)
Welche Ursachen sind häufiger? Warum
sind die Statistiken dazu so unterschiedlich?
Wenn eine Hämaturie festgestellt wird, möchte man ja als erstes wissen, welche Ursachen
in Frage kommen und wie gefährlich sie sind.
Leider sind die Studienergebnisse betreffend die Häufigkeit der Ursachen von Hämaturien
sehr unterschiedlich.
- Schwerere Erkrankungen werden manchmal überschätzt
Z.B. fand eine Studie bei 22% aller Hämaturie-Patienten maligne Tumoren, also
"Krebs" (G.D. Grossfeld, Urology, 2001), eine andere Studie bei nur 9.5% (A.J.
Mariani, Journal of Urology, 1989), eine weitere bei nur 2.9% (S. Kazunobu, International
Journal of Urology, 2001) und eine gar nur bei unter 1% (Mohr, JAMA, 1986). Diese
unterschiedlichen Zahlen kommen vor allem durch unterschiedliche Auswahl der
Studien-Patienten zu Stande. Wird die Studie z.B. an einem urologischen Zentrum gemacht,
mit Patienten, die wegen einer Hämaturie an dieses Zentrum überwiesen wurden, dann kommt
natürlich ein höherer Anteil an schwerwiegenden Erkrankungen heraus. Denn wegen einer
einfach nachzuweisenden Erkrankung, wie z.B. einer Blasenentzündung, wird wohl kein
Patient an ein Zentrum überwiesen werden. Auch die Altersstruktur der Studien-Patienten
hat Einfluss. Bei älteren Patienten ist Krebs wahrscheinlicher als bei jüngeren oder
Kindern.
- Häufige Ursachen bleiben unerkannt
Ein weiteres Problem ist, dass sehr häufige Ursachen von Hämaturien
relativ leichte Erkrankungen der Nieren-Glomeruli sind. Dazu gehört z.B. die oben bereits
erwähnte erbliche "Erkrankung mit dünner Basalmembran". Diese
Erkrankung verursacht außer der Hämaturie oft keine Beschwerden und Probleme. Man kann
die Erkrankung nur mit Spezialuntersuchungen (Gewebsentnahme aus der Niere,
Elektronenmikroskopie) sicher nachweisen. Bei einer leichten Hämaturie ohne sonstige
Beschwerden wird man aber kaum eine Nierengewebsprobe entnehmen. Auch eine andere häufige
Ursache einer Hämaturie, die IgA-Nephropathie kann sehr leicht verlaufen und wird dann
kaum durch eine Nierengewebsprobe bewiesen werden. So bleiben diese Erkrankungen oft
unerkannt. Man weiß aber, dass sie zu den häufigsten Ursachen einer
Mikrohämaturie zählen.
Diese Problematiken seien deswegen an dieser Stelle angesprochen,
damit sie ein positiver Teststreifenbefund (d.h. Blut im Harn vorhanden) nicht
übermäßig beunruhigt. Dahinter kann eine schwere Erkrankung stecken, die häufigsten
Ursachen sind aber leichtere Erkrankungen oder erbliche Besonderheiten.
Ursachen
einer Hämaturie (Makro- oder Mikro-) bei 1000 ansonsten beschwerdefreien und
unauffälligen Erwachsenen (Eiweiß im Harn normal)
(A.J. Mariani, Journal of Urology, 1989) |
Ursache |
Häufigkeit |
Blasenentzündung, Harnröhrenentzündung |
51.5 % |
Gutartiger Tumor der Vorsteherdrüse (Prostataadenom) |
22.4 % |
Karzinom ("Krebs") der Harnblase |
7.5 % |
Steine im harnableitenden System (z.B.
"Nierensteine") |
5.2 % |
Engstellen im Bereich des Harnblasenausgangs oder der
Harnröhre |
4.3 % |
Glomerulonephritis (spezielle Entzündung der Niere) |
1.4 % |
Nierenzellkarzinom ("Nierenkrebs") |
1.1 % |
Pyelonephritis (bakterielle Infektion der oberen Harnwege
mit Beteiligung des Nierenbeckens, der Nierenkelche und der Niere) |
1.1 % |
Karzinom im Bereich des Harnleiters oder des Nierenbeckens |
0.9 % |
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Häufigkeit von
urologischen Erkrankungen bei positivem Teststreifenbefund
(d.h. ohne mikroskopische Bestätigung und ohne sichtbare Hämaturie)
(M.A. Khan, British Journal of Urology International, 2002) |
Nierensteine, Blasensteine |
5.5 % |
Vergrößerte Prostata (ohne Hinweis auf Karzinom) |
3.0 % |
Blasenentzündung und andere Infektionen des Harntraktes |
2.5 % |
Blasentumoren (Karzinome) |
1.6 % |
Verengungen der Harnröhre |
0.5 % |
Anmerkung: in dieser Studie sind nur die
urologischen Krankheiten erfasst worden. Die Gruppe der Nierenentzündungen
(Glomerulonephritis und interstitielle Nephritis) und viele andere Nierenerkrankungen
gehören zum internistisch-nephrologischen Bereich und sind nicht angeführt. |
Abklärung
der Ursache einer Hämaturie
Einfache Hinweise auf die Ursache
einer Hämaturie
Um eine Hämaturie vollständig abzuklären, können sehr aufwändige Untersuchungen
notwendig werden. Und selbst dann gelingt es nicht immer, eine Ursache zu finden.
Man kann aber bei Beachtung verschiedener, einfacher Befunde zwar keine Beweise aber
immerhin wichtige Hinweise auf bestimmte Ursachen bekommen.
In welcher Phase des Harnlassens erscheint das Blut?
(Harn in verschiedenen Portionen sammeln)
- Ist Blut nur in der ersten Harnportion oder kommt Blut auch ohne
Harnlassen aus der Harnröhre, dann wird das Problem vor allem in der Harnröhre bzw. der
Prostata zu suchen sein.
- Ist das Blut vorwiegend in der letzten Harnportion könnte das auf
ein Problem im Bereich des Blasenhalses (d.h., wo die Harnblase in die Harnröhre
übergeht) oder im Prostata-Bereich hindeuten.
- Bei anderen Blasenerkrankungen oder Erkrankungen des oberen
Harntraktes (Niere, Harnleiter) wird in allen Portionen Blut zu finden sein.
Ist im Harn auch zuviel Eiweiß (Proteinurie)?
(Eiweiß ist meist mit dem gleichen Teststreifen nachweisbar)
- Erhöhtes Eiweiß spricht für eine Ursache im Bereich der Niere.
- Leichtere Erhöhungen (z.B. 0.5 bis um 1.0 g / Tag)
können bei verschiedenen Nierenerkrankungen auftreten (Glomerulonephritis, interstitielle
Nephritis),
- stärkere Erhöhungen (mehr als 1.5 g / Tag) sprechen
für eine Schädigung der Glomeruli der Niere (Glomerulonephritis oder andere Schäden der
Glomeruli).
- Findet man kein erhöhtes Eiweiß im Harn, heißt das aber natürlich
nicht, dass die Ursache nicht dennoch in der Niere liegen kann.
- Auch bei schweren infektiösen Entzündungen des Harntraktes kann
Eiweiß positiv sein, etwa bis 0.5 g / Tag. Dies wird aber meist durch die
Beschwerden und andere Symptome des Patienten erkennbar sein.
Sie mögen sich fragen, ob nicht auch bei Blutungen, die aus
dem Harnleiter oder der Harnblase kommen (z.B. wegen eines Tumors oder eines Steins)
Eiweiß erhöht sein muss, da ja im Blut immer Eiweiß enthalten ist. Prinzipiell gelangt
tatsächlich mit solchen Blutungen Eiweiß in den Harn. Aber vergleichsweise sehr wenig.
Nur bei extrem starken Hämaturien aus den Harnwegen wird eine merkbare Erhöhung des
Eiweißes im Harn auftreten. Bei einer Mikrohämaturie wäre das sicher nicht der Fall.
Wie sehen die roten Blutkörperchen im Harn (im Mikroskop)
aus?
- Wenn die roten Blutkörperchen überwiegend (>80%) beschädigt
aussehen (man spricht von dysmorphen
roten Blutkörperchen), dann ist wahrscheinlich, dass eine Schädigung der Glomeruli
der Niere vorliegt.
- Sind die roten Blutkörperchen aber überwiegend (>80%) normal
geformt, dann wird die Ursache eher nicht in den Glomeruli liegen. Dann ist die Quelle der
Blutkörperchen eher im ableitenden Harnsystem zu suchen (Harnleiter, Blase, Harnröhre)
oder bei Krankheiten der Niere, die nicht primär die Glomeruli betreffen (z.B.
Nierenzysten, Nierentumor).
Nicht dysmorphe
("normale") Erythrozyten im Harn |
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A und B zeigen die typische, normale Form der eingedellten
Scheibe, C ist leicht stachelig verändert, was aber nicht zu den Dysmorphien zählt. D
ist ein sog. Erythrozyten-Geist, eine leere Hülle ohne Inhalt. Auch diese Form ist kein
Hinweis auf eine Nierenerkrankung, die die Glomeruli betrifft. |
Dysmorphe Erythrozyten im Harn |
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A zeigt eine Ringform mit 2 Einschnürungen, bei B sind es
schon sehr viele Einschnürungen. Bei C ragen Zapfen in die Mitte hinein. D zeigt blasige
Ausstülpungen. Unter den dysmorphen Formen nennt man D-artige Formen
"Akanthozyten". Sie sollen besonders typisch für eine Schädigung der
Nierenglomeruli sein. |
- Liegt ein gleichmäßigeres Gemisch aus dysmorphen
("beschädigten") und normalen roten Blutkörperchen vor, kann man daraus keine
eindeutigen Schlüsse ziehen.
- Selten sieht man im Mikroskop auch sog. Erythrozytenzylinder, also
längliche Gebilde aus mehreren roten Blutkörperchen. Sie sind eine Art Ausguss eines
Nierenröhrchens. Wenn man sie findet, ist das ein Beweis, dass die roten Blutkörperchen
aus der Niere kommen. Man findet Erythrozytenzylinder aber nur selten, auch wenn die roten
Blutkörperchen aus der Niere kommen. Findet man keine, spricht dies daher keineswegs
gegen eine Nierenerkrankung.
Wie viele weiße Blutkörperchen und Bakterien sind im Harn?
- Findet man im Harn größere Mengen von Bakterien und weißen
Blutkörperchen, spricht das für eine bakterielle Infektion des Harntraktes
(Pyelonephritis, Blasenentzündung). Eine Harnkultur (Harn auf Nährboden, Lagerung bei
37°C, Bakterienwachstum beobachtbar) kann dann einen Harnwegsinfekt nachzuweisen helfen.
- Bei der Tuberkulose des Harntraktes findet man auch weiße
Blutkörperchen im Harn aber keine Bakterien im Mikroskop. Auch "normale"
Kulturen werden keine Bakterien anzeigen.
- Kleinere Mengen von Leukozyten (ohne Vermehrung von Bakterien) sagen
über mögliche Ursachen einer Hämaturie weniger aus. Sie kommen bei verschiedenen
Erkrankungen sowohl der Niere als auch des harnableitenden Systems (Harnleiter, Harnblase)
vor.
Natürlich können auch die Beschwerden und Symptome des Patienten
(z.B. das Vorhandensein von Schmerzen) und die Krankengeschichte des Patienten bei der
Diagnose helfen.
Welche Untersuchungen können bei der
Abklärung einer Hämaturie helfen?
- Andere Laboruntersuchungen
Neben den Blut-Routinewerten (inkl. Kreatinin, Kalzium und Harnsäure):
Komplementfaktoren, Kryoglobuline,
ASLO, Auto-Antikörper (ANA, ANCA, Anti-Basalmembran-Antikörper) im Blut. Diese Befunde
helfen beim Nachweis und Ausschluss von verschiedenen Autoimmunerkrankungen, die eine
Glomerulonephritis verursachen können.
Je nach auftauchendem Verdacht kann eine Blutuntersuchung zum Ausschluss einer
Sichelzell-Blutarmut oder Thalassämie, eine Bestimmung des Kalziums oder der Harnsäure
im Harn, eine Bakterien- oder Pilzkultur des Harns, ein Tuberkulose-Bakteriennachweis im
Harn oder eine Harnuntersuchung auf Parasiten notwendig werden.
- Suche nach Tumorzellen im Harn
Besteht der Verdacht auf einen bösartigen Tumor der Harnblase bzw. der Harnwege, kann im
Harn nach Tumorzellen gesucht werden. Einerseits mittels herkömmlicher mikroskopischer
Technik (Harnzytologie) andererseits mit modernen molekularbiologischen Verfahren (z.B.
die sog. Fluoreszenz-In-Situ-Hybridisierung). Man darf allerdings den Verdacht nicht
verwerfen, wenn man dabei keine Tumorzellen findet.
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Harnzytologie
Zellen aus dem Harn werden gefärbt und im Mikroskop untersucht.
Obere Abbildung zeigt normale Zellen der Blasenschleimhaut (man findet auch im normalen
Harn sehr häufig Zellen der Blasenschleimhaut). Das dunkelviolette Zentrum ist der
Zellkern. |
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Abnorme Zellen eines Harnblasentumors. Große Zellkerne
teilweise mit helleren Flecken, sog. Kernkörperchen. |
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Nachweis von Tumorzellen im Harn durch
Fluoreszenz-In-Situ-Hybridisierung (FISH)
Mit speziellen Markern werden bestimmte Abschnitte auf den Chromosomen der Zelle markiert.
Links eine normale Zelle der Blasenschleimhaut. Sie hat je 2 Exemplare der markierten
Abschnitte (je 2 rote, grüne, blaue und gelbe Punkte). |
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Abnorme Zelle eines Harnblasentumors. Die 4 grünen Punkte,
die 3 blauen und die 4 roten Punkte und das Fehlen der gelben Punkte weisen auf krankhafte
Veränderungen bei den Chromosomen der Zelle hin. |
- Ultraschalluntersuchungen
Nieren, Harnleiter, Blase, Prostata
- Urographie
Röntgenologische Darstellung der Nierenkelche, des Nierenbeckens, der Harnleiter und der
Harnblase mit Hilfe von Kontrastmittel.
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Intravenöse Urographie
Nach der Injektion eines Kontrastmittels in eine Ellbogenvene werden
Röntgenaufnahmen gemacht. Das Kontrastmittel wird über die Niere in den Harn
ausgeschieden. Im oben dargestellten Fall sehen Nierenbecken und die Harnleiter normal
aus. In der Blase zeigt sich aber ein ausgedehnter Bereich, in dem kein Kontrastmittel ist
(Füllungsdefekt). Es handelte sich um einen großen Blasentumor (T). |
- Computertomographie und Kernspinresonanzuntersuchungen
- Harnblasenspiegelung (Zystoskopie)
Eine Zystoskopie wird bei Mikrohämaturie meist erst nach Auswertung der
Ergebnisse der anderen Untersuchungen bei immer noch ungeklärter Hämaturie durchgeführt
und auch dann nur, wenn überhaupt ein nennenswertes Risiko auf einen Tumor besteht.
Das Risiko wird aber unterschiedlich beurteilt. Manche sagen eine Zystoskopie bei
Mikrohämaturie ist vor dem 50 Lebensjahr nicht notwendig, andere halten eine Zystoskopie
bereits ab dem 40 Lebensjahr für sinnvoll.
Auch ein insgesamt höheres Blasenkrebs-Risiko des Patienten kann eine Zystoskopie
bei Mikrohämaturie rechtfertigen.
Risiko-Faktoren: älter; männlich; Raucher; Schmerzmittelmissbrauch mit
bestimmten, früher gebräuchlichen Schmerzmitteln; beruflicher Kontakt mit Anilin-Farben;
Behandlung mit Cyclophosphamid oder Ifosfamid (Anti-Krebsmittel); Probleme beim
Harnlassen; trotz Behandlung immer wiederkehrende Harnwegsinfektionen.
Bei Makrohämaturie wird man auf eine Zystoskopie kaum verzichten
können.
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Zystoskopie
Ein Schlauch (Endoskop) wird über die Harnröhre in die Harnblase eingeführt. Durch den
Schlauch kann man die Harnblase untersuchen. Auch die Harnleiter lassen sich auf diese Art
untersuchen.
Der Pfeil zeigt auf einen Harnblasentumor. |
- Nierenbiopsie (Gewebsentnahme aus der Niere)
Eine Gewebsentnahme wird meist nur dann notwendig sein, wenn bei ungeklärter Hämaturie
der Verdacht auf eine schwerere Nierenschädigung (v.a. Glomerulonephritis) besteht. Z.B.
wegen einer starken Eiweißvermehrung im Harn.
Ab wann ein solcher Verdacht eine Biopsie rechtfertigt, wird allerdings
unterschiedlich beurteilt: Manche Nephrologen halten eine Nierenbiopsie für nicht
notwendig, wenn bei Mikrohämaturie keine oder nur eine leichte Proteinurie besteht (<
1 g / Tag) und die Nierenfunktion und der Blutdruck normal sind (R.J.
Glassock, Best Practice of Medicine, 2002). Andere empfehlen eine Nierenbiopsie, immer
wenn auch Eiweiß im Harn vermehrt ist. Manche halten eine Nierenbiopsie bei noch
ungeklärten Hämaturien in jedem Fall für sinnvoll, weil man damit einen leichten
Nierenschaden erkennen kann und dem Patienten so die Angst vor einem vielleicht
"übersehenen" Tumor nimmt.
- Andere Untersuchungen:
Untersuchung des Gehörs und der Augen (eine erbliche Nierenerkrankung - das
Alport-Syndrom - geht mit Schwerhörigkeit und Augenerkrankungen einher)
Die
ungeklärte Hämaturie
Und wenn man keine Ursache für das
Blut im Harn findet?
Bei etwa 10% aller Hämaturien findet man keine Ursache. Das hat auch damit zu tun, dass
es nicht immer Sinn macht, weitere Untersuchungen durchzuführen. So lassen sich manche
leichte Nierenerkrankungen, die die Ursache einer glomerulären Hämaturie sein könnten,
nur nach einer Entnahme von Nierengewebe eindeutig nachweisen. Wenn aber ansonsten keine
Beschwerden (z.B. erhöhter Blutdruck, Lidschwellungen) auftreten, das Eiweiß im Harn
nicht wesentlich erhöht ist und auch die Nierenwerte (Kreatinin, Kreatininclearance) im
Blut normal sind, dann wird man sich nur schwer zur Entnahme einer Probe aus der Niere
entschließen können.
Es ist also durchaus nicht außergewöhnlich, wenn die Ursache einer Hämaturie nicht
gefunden wird. Was den Patienten aber dabei belastet, ist die Frage, ob dahinter eine
schwere, nicht erkannte Erkrankung, z.B. Harnblasenkrebs steckt.
Dazu kann man sagen: das kann man nicht 100%ig ausschließen, die Gefahr ist aber gering.
Bei einer Studie von 146 Patienten mit Makrohämaturie ohne erkennbare Ursache
hörten bei 98 Patienten die Blutungen von selbst auf. Und nur bei einem einzigen
Patienten (bei dem die Hämaturie nicht aufhörte) fand sich bei einer
Kontrolluntersuchung ein Tumor.
(H. Sells, British Journal of Urology International, 2001).
Welche Kontrolluntersuchungen werden
bei ungeklärter Hämaturie durchgeführt?
Das ist schwer generell zu sagen. Einerseits gehen die Empfehlungen hierzu weit
auseinander, andererseits muss das auch individuell von Fall zu Fall entschieden werden.
Deswegen seien nur einige Empfehlungen angeführt:
- Manche halten es für sinnvoll, bei anhaltenden, ungeklärten
Hämaturien (sofern sie nicht eindeutig einen glomerulären Ursprung haben) die
bildgebenden Untersuchungen (z.B. Ultraschall, CT und Urographie) aber auch die
Zystoskopie einmal zu wiederholen.
(H. Sells, British Journal of Urology International, 2001)
- Von der Amerikanischen Urologischen Vereinigung werden bei
ungeklärter Mikrohämaturie Kontrollen nach 6, 12, 24 und 36 Monaten empfohlen. Und zwar
eine Untersuchung des Harns inklusive Suche nach Tumorzellen (Harnzytologie) und eine
Blutdruckmessung.
(G.D. Grossfeld, American Family Physician, 2001).
- Wenn sich die Hämaturie verstärkt, die Harnzytologie
auffällig wird oder sich Probleme beim Harnlassen einstellen, muss die ganze Abklärung
der Hämaturie wiederholt werden. Aber auch wenn die Befunde gleichbleiben sollten, kann
bei hohem Risiko des Patienten eine neuerliche Abklärung angestrebt werden.
- Bleiben die Befunde hingegen 3 Jahre lang unverändert,
kann man die Suche nach Zeichen für einen Tumor (Harnzytologie) einstellen.
- Kommt es zum Auftreten von Eiweiß im Harn, hohem Blutdruck
und/oder zu verstärkten glomerulären Blutungen (mit dysmorphen, glomerulären roten
Blutkörperchen) muss nochmals in Richtung bestimmter Nierenerkrankung untersucht werden
(Blutuntersuchungen, ev. auch Nierengewebsentnahme).
- Eine jährliche Überprüfung der Nierenfunktion (Blut und Eiweiß im
Harn, Kreatinin im Blut und ev. Kreatininclearance, Blutdruck) wird von manchen
längerfristig empfohlen.
Spezielle
Fragen bei Hämaturie
Wie geht man vor, wenn der
Teststreifen einmal positiv, bei der Kontrolle aber negativ war?
Hier gibt es unterschiedliche Empfehlungen:
R.A.Cohen, New England Journal of Medicine, 2003: Nach einem positiven Teststreifen-Befund
sollte erst einmal ein paar Tage zugewartet werden und dann noch einmal getestet werden.
Ist der zweite Befund negativ, könne man auf eine weitere Abklärung der Hämaturie
verzichten, wenn nicht besondere Risikofaktoren für Blasenkarzinom vorliegen (Rauchen,
beruflicher Kontakt mit bestimmten Chemikalien bzw. Farbstoffen [in der Leder-,
Farbstoff-, Gummi-, Reifenerzeugung], Schmerzmittelmissbrauch mit bestimmten
Schmerzmitteln, durchgemachte Behandlungen mit Cyclophosphamid oder Ifosfamid).
Während es absolut verständlich ist, nach einem einmalig positiven Befund nicht
gleich eine aufwändige Abklärung zu beginnen, ist es zumindest diskussionswürdig, ob
die Abklärung enden sollte, nur weil der zweite Befund negativ war. Eine
Harn-Teststreifen-Untersuchung verursacht nur minimale Kosten und ist für den Patienten
absolut keine Belastung. Eine nochmalige Untersuchung, die die widersprüchlichen
Ergebnisse der beiden ersten Untersuchungen klärt, erscheint daher durchaus vertretbar
und sinnvoll.
Wann muss bei einer Hämaturie rasch
reagiert werden?
- Eine massive Blutung erfordert eine rasche Abklärung und Behandlung,
die meist ein Urologe vornehmen wird.
- Zeichen abnehmender Nierenfunktion (z.B. ansteigendes Kreatinin im
Blut, ev. geringer werdende Harnmengen) bedürfen einer raschen Abklärung und Behandlung,
die meist an einer Internen bzw. Nephrologischen Abteilung vorzunehmen sein wird.
- Wenn die Hämaturie Ausdruck einer schweren Allgemeinerkrankung ist
(z.B. Störung der Blutgerinnung), kann ebenfalls eine rasche Reaktion notwendig werden.
Blut im Harn ohne Erkrankung
Kommt vor:
- nach schwerer körperlicher Anstrengung (Marathonlauf),
- nach dem Geschlechtsverkehr bei der Frau (in einer Studie fand sich
bei einem Viertel der Frauen eine Mikrohämaturie nach dem Geschlechtsverkehr - genauer:
am morgen danach).
- Verschleppung von Blut der Regelblutung
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