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pH des Harns - Übersicht
Univ.Prof.Dr.med. Wolfgang Hübl
    
IN VIER SÄTZEN:
Der pH Wert des Harns beschreibt dessen Säuregehalt, der beim Gesunden vor allem von der Ernährung abhängt. Vorwiegend fleischliche Kost oder Hungerphasen führen zu einem niedrigen, vorwiegend pflanzliche Kost zu einem hohen pH des Harns. Man kann daher aus dem pH des Harns nicht direkt auf bestimmte Krankheiten schließen. Man weiß aber, dass eine Übersäuerung des Körpers (Azidose) meist mit einem niedrigen Harn pH einhergeht während beim Fehlen von Säure (Alkalose) der pH des Harns meist hoch ist.
   
NAME:
Der pH ist die Abkürzung für Pondus Hydrogenii, das "Gewicht" (Konzentration) der Wasserstoffionen. Hydrogenium: lat. f. Wasserstoff, Abkürzung H.
   
INFO:
Was gibt der pH Wert an?
Der pH Wert gibt den Säuregehalt, genauer gesagt den Gehalt an Wasserstoffionen (H+) an. Wasser liegt etwa bei pH 7, was als neutraler pH Wert angesehen wird.
  • Ist der pH Wert tiefer (< 7), spricht man von saurem Milieu,
  • ist der pH Wert höher (> 7), von alkalischem Milieu.
Nur für chemisch Interessierte: Warum pH?
Eigentlich gibt man ja Konzentrationen als Stoffmenge (in mol) pro Volumen (Liter) an. Warum gibt man dann die Konzentration der Wasserstoffionen (H-Ionen) als pH an? Nun, bei den H-Ionen-Konzentrationen handelt es sich um sehr kleine Werte, die aber sehr stark schwanken können. Die Zahlen in mol/l sind da wenig anschaulich. Deswegen hat man sich Anfang des vorigen Jahrhunderts entschlossen, die H-Ionen-Konzentration in der anschaulicheren Form des pH anzugeben. Der pH wurde definiert als negativer Logarithmus der H-Ionen-Konzentration.
Beispiele: Im Wasser sind normalerweise 10-7 Mol pro Liter H-Ionen. Also ein 10 Millionstel Mol auf einen Liter Wasser. Das heißt, für normales Wasser mit einer H-Ionen-Konzentration von 10-7 mol/l ist der pH Wert 7.  Ein pH von 6 bedeutet eine H-Ionen Konzentration 10-6 mol/l, in Worten ein Millionstel Mol pro Liter. Ein pH von 5 entspricht einer H-Ionen-Konzentration von 10-5 mol/l, in Worten ein Hunderttausendstel Mol pro Liter, also 100-mal mehr als pH 7. Niedrige pH Werte bedeuten also hohe H-Ionen-Konzentrationen. Ein pH von 9 hingegen entspricht einer H-Ionen-Konzentration von nur 10-9 mol/l. Das ist eine sehr niedrige H-Ionen-Konzentration, in Worten ein 1000-Millionstel (=Milliardstel) Mol pro Liter.

 

Wie ist das beim Harn?
Eigentlich ist das beim Harn genauso: Chemisch betrachtet ist pH 7 die Grenze zwischen sauer und alkalisch. Da der Harn aber nicht um einen pH von 7 sondern um etwa 6.5 schwankt, wird im klinischen Sprachgebrauch manchmal ein Harn

  • bei einem pH unter 6.5 als eher sauer (azidotisch) und
  • bei einem pH über 6.5 als eher alkalisch

bezeichnet, auch wenn dies chemisch nicht korrekt ist.

 

Wie misst man den pH Wert des Harns?
In der Routinediagnostik praktisch ausschließlich mit dem Harnteststreifen. Man hält den Teststreifen in den Harn, wartet eine Minute und liest das Ergebnis ab. Die Farbe des Feldes zeigt den pH des Harns an.
 

Harntteststreifen pH-Feld

Abhängig vom pH des Harns wird sich das pH Testfeld verfärben

Man taucht den Teststreifen kurz in den Harn, das pH-Feld wird sich verfärben. Nach einer Minute vergleicht man die Farbe mit den oben abgebildeten Farbfeldern. Die Farbe zeigt den pH Wert an.

 

Wovon hängt der pH Wert des Harns beim Gesunden ab?
Der pH Wert des Harns schwankt beim Gesunden etwa zwischen 4.8 und 7.6.

  • Die Ernährung ist der wichtigste Faktor. Isst man überwiegend fleischliche Nahrung, ist der pH Wert niedrig, bei überwiegend pflanzlicher Ernährung ist der pH Wert hoch.
  • In Hungerphasen ist der pH Wert niedrig.
  • In der Nacht ist der pH Wert niedriger als am Tag.
  • Nach Mahlzeiten steigt der pH Wert kurzfristig an.

 

Warum bestimmt man den pH Wert des Harns?

  • Meist wird der pH Wert einfach mitbestimmt, weil ein entsprechendes Feld auf den Harnteststreifen vorhanden ist.
      
  • Der pH des Harns bietet eine (allerdings sehr grobe) Orientierung über den Säure-Basen-Haushalt des Körpers.
    Man darf aber nicht von einem niedrigen pH auf eine Übersäuerung (Azidose) und von einem hohen pH auf das Fehlen von Säure (Alkalose) im Körper schließen. Vielmehr muss man umgekehrt schlussfolgern: bei einem niedrigem pH des Harns ist eine Alkalose unwahrscheinlich und bei einem hohen pH des Harns ist eine Azidose unwahrscheinlich. Ausnahmen siehe unter renal tubuläre Azidosen im Abschnitt "Zu hoher pH des Harns"
       
  • Der pH des Harns kann auch helfen, Kristalle oder ausgefallene Salze, die man bei der Untersuchung des Harns im Mikroskop sieht, zu deuten. Manche dieser Salze bzw. Kristalle entstehen eher im sauren Harn (Urate, Oxalate, Harnsäure), manche eher im alkalischen Harn (Phosphate). Näheres siehe unter Trübung des Harns.

 

   
BEREICH DES HARN pH:

Der pH des Harns liegt meist zwischen 4.8 und 7.6.

   
HOHER pH DES HARNS:
Zustände mit hohem Harn pH, also alkalischem Harn
  • Vegetarische Ernährung
     
  • Harnwegsinfekte
    Manche Bakterien können Ammoniak produzieren. Dieser alkalisiert den Harn. Kommt vor z.B. bei Entzündungen der Harnblase oder des Nierenbeckens.
     
  • Alkalosen des Körpers (fehlende Säure)
    Die Niere versucht die Alkalose zu beseitigen und scheidet dazu vermehrt Bikarbonat aus. Dies macht den Harn alkalisch.
    Alkalosen kommen vor bei übersteigerter Atmung (Hyperventilation), Erbrechen, Kaliummangel, zu großer Zufuhr von Magensäure-Neutralisierer (Antacida).
     
  • Kaliummangel 
  • Medikamente

 

   
NIEDRIGER pH DES HARNS:
Zustände mit niedrigem Harn pH, also saurem Harn
  • Fleischreiche Ernährung
     
  • Alle Zustände von Übersäuerung (Azidose) des Körpers
    Niere scheidet vermehrt Säure (genauer H-Ionen) aus, um die Azidose zu beseitigen.
    Azidosen kommen z.B. vor bei verminderter Abatmung von Kohlendioxid (Lungenerkrankung, Hemmung des Atemzentrums, Schwächung der Atemmuskulatur), Durchfällen, Vergiftungen, Hungerzuständen, Zuckerkrankheit.
    Ausnahmen sind die weiter unten besprochenen renal-tubulären Azidosen, bei denen die Niere an der Azidose schuld ist und der Harn pH für eine Azidose unpassend hoch ist.
     
  • Medikamente

 

   
"ZU HOHER" pH DES HARNS:
Zustände, bei denen der pH des Harns eigentlich niedriger sein sollte, es aber wegen einer Störung der Nierenfunktion nicht ist.

Dabei handelt es sich um seltene, teils erbliche Erkrankungen der kleinen Nierenröhrchen, die eine Übersäuerung (Azidose) des Körpers verursachen. Bei einer Übersäuerung würde man sich wie oben beschrieben einen maximal sauren Harn erwarten, denn die Niere sollte ja die Übersäuerung durch Ausscheidung von Säure bekämpfen. Das kann sie aber bei diesen Erkrankungen nicht.

Ursachen der Erkrankungen sind erbliche oder erworbene Nierenschäden.

  • Renal tubuläre Azidose Typ I
    Säure- (genauer H-Ionen-) Ausscheidungsstörung. Harn pH muss nicht wirklich erhöht sein, ist aber angesichts der vorliegenden Übersäuerung des Körpers unpassend hoch (sollte niedriger sein).
    Nachweis: Trotz Säurebelastung (Ammoniumchloridgabe) bleibt Harn pH relativ hoch (über 5.5).
     
  • Renal tubuläre Azidose Typ II
    Niere kann Bikarbonat (HCO3-) nicht ausreichend zurückhalten, es werden daher zu große Mengen im Harn ausgeschieden, im Blut ist in der Folge zu wenig Bikarbonat. Kann phasenweise einen hohen pH des Harns verursachen, besonders wenn Bikarbonat zugeführt wird. Der Harn pH kann aber auch ganz normal (sauer) sein.
    Nachweis: Infusion von Bikarbonat: bevor noch normale Bikarbonat-Spiegel im Blut erreicht werden, erscheint Bikarbonat im Harn und erhöht den pH (über 6.5).

 

   

 

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Letzte Änderung 2004-04-13

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