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Die durchflusszytometrische Analyse von Leukämien und Lymphomen - eine Einführung
Univ.Prof.Dr.med. Wolfgang Hübl
Zusammenfassung

Die Durchflusszytometrie ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Diagnostik und Verlaufsbeobachtung von Leukämien und Lymphomen. Wenn die Anwendung auf diesem Gebiet auch sehr komplex sein kann und viel Erfahrung erfordert, beruht sie doch auf relativ einfachen Prinzipien. Diese Prinzipien sollen auf dieser Seite mit Hilfe von zahlreichen Beispielen dargesetllt werden.

  
I. Was erwartet der Arzt von der durchflusszytometrischen Untersuchung?
 
II. Wie merkt man, dass die Probe nicht normal ist?
 
III. Durchflusszytometrische Untersuchungen bei Verdacht auf reife B-Zell-Lymphome / reife B-Zell-Leukämien
 
IV. Durchflusszytometrische Untersuchungen bei Verdacht auf Leukämien oder Lymphome reifer T-Zellen oder Natural Killer-Zellen
 
V. Durchflusszytometrische Untersuchungen bei Akuten Leukämien
 

 

Aufzählung Weitere, praxisbezogene Literatur für Fortgeschrittene (PDF-Files)
 
Aufzählung Review Haarzell-Leukämie (1999)
Größe: 270 kByte.
 
Aufzählung Anwendung der Durchflusszytometrie in der Leukämie- und Lymphomdiagnostik (2001)
Größe: 153 kByte.
   
Aufzählung Möglichkeiten und Grenzen der durchflusszytometrischen Untersuchung hämatologischer Neoplasien (2002)
Größe 507 kByte; Auch für hämatologisch vorgebildete nicht-Durchflusszytometriker geeignet.
 
 

 

 

 

I. Was erwartet der zuweisende Arzt von der durchflusszytometrischen Untersuchung?

Es gibt natürlich sehr viele verschiedenen Fragestellungen, derentwegen eine Probe bei Leukämie oder Leukämieverdacht zur durchflusszytometrischen Analyse eingesandt wird. Prinzipiell lassen sich die meisten Fragestellungen aber auf einige wenige zurückführen.

  • Was ist das?
    Der zuweisende Arzt sieht etwas, braucht aber eine nähere Abklärung?
    • Z.B. bei einem Patienten mit starker Vermehrung der Lymphozyten im Blut, man weiß aber nicht sicher, ob das Ausdruck einer Leukämie ist oder vielleicht nur eine reaktive Veränderung (Virusinfektion, z.B. Morbus Pfeiffer). Die durchflusszytometrische Analyse kann dies gut unterscheiden
    • Man hat im Mikroskop eindeutig Blasten festgestellt, es liegt eine akute Leukämie vor. Aber welche? Denn es macht einen Unterschied, ob eine lymphatische oder eine myeloische akute Leukämie vorliegt. Sowohl für die Therapie als auch für die Prognose der Erkrankung. Im Mikroskop ist diese Frage nicht immer leicht zu beantworten, die durchflusszytometrische Untersuchung kann dies fast immer klären.
    • Manchmal hilft die Durchflusszytometrie auch bei der Erkennung der Untergruppe einer Leukämie, hilft also z.B., unter den akuten myeloischen Leukämien eine sog "M7", eine Megakaryoblastenleukämie zu erkennen.
      Oder sie hilft, bei einer chronischen Leukämie der Lymphozyten eine typische CLL oder Haarzell-Leukämie oder andere Untergruppen zu unterscheiden.
  • Ist da etwas?
    Der zuweisende Arzt sieht nichts Bestimmtes, der Patient hat aber Beschwerden oder Symptome, die durch eine Leukämie oder ein Lymphom verursacht sein könnten.
    Das ist eine aufwändige und leider oft undankbare Aufgabe für den Laborarzt. Manchmal gleicht es der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Und man sucht vielleicht sogar im falschen Heuhaufen, weil Blut zur Untersuchung eingeschickt wird, sich ein Lymphom aber oft nur im Knochenmark oder gar nur in den Lymphknoten zeigt. Der zuweisende Arzt muss sich also bewusst sein, dass auch bei unauffälligem durchflusszytometrischen Befund eine hämatologische Erkrankung vorliegen kann. Ebenso wichtig ist, dass der zuweisende Arzt weiß, welche Erkrankungen man durchflusszytometrisch überhaupt nicht nachweisen kann (z.B. den Morbus Hodgkin).
    Kurz: wenn man bei der durchflusszytometrischen Analyse nichts findet, ist das keineswegs ein Beweis, dass keine Leukämie oder kein Lymphom vorliegt.
  • Ist da noch etwas?
    Die Verlaufskontrolle von Leukämien und Lymphomen: Man muss kontrollieren, ob noch Leukämie-/Lymphomzellen vorhanden sind.
    Das funktioniert sehr gut, wenn sich die kranken von den normalen Zellen stark unterscheiden. Dann kann man schon kleinste Mengen noch oder schon wieder vorhandener Leukämie- oder Lymphomzellen nachweisen. Fallweise kann auch ein Anteil von nur 0.1 % noch eindeutig erkennbar sein.
    Die Verlaufskontrolle kann aber auch schlecht funktionieren, wenn sich die Leukämie- oder Lymphomzellen nur wenig von den normalen Zellen unterscheiden. Da hat man manchmal auch bei 1-2 % dieser Zellen Zweifel, ob es jetzt normale oder kranke Zellen sind. Im ungünstigsten Fall, z.B. bei wenig auffälligen T-Zell-Lymphomen könnte man auch noch größere Anteile pathologischer Zellen übersehen.
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II. Wie merkt man bei der durchflusszytometrischen Analyse, dass die Probe nicht normal ist?

Wenn die Erkennung abnormaler Zellen auch im Detail sehr komplex sein kann, gibt es doch ein paar grundlegende Prinzipien, die im Folgenden auf einfache Weise erklärt sein sollen.

Schema Normalbefund, viele violette, ein paar grüne "Zellen" Der Normalbefund
Nehmen wir an, dies ist der Normalbefund. Sie sehen wenige grüne Zellen und eine dominierende violette Zellpopulation.
Zu viele grüne Zellen Was stimmt hier nicht?
Sie sehen auf den ersten Blick: zu viele grüne Zellen. Anders ausgedrückt: die quantitativen Verhältnisse der Zellen zueinander stimmen nicht.
So einfach das ist, ist es doch ein wichtiges Merkmal für die Diagnose von Leukämien und Lymphomen
Auftauchen abnormaler, weißer Zellen Was stimmt hier nicht?
Zu viele grüne haben wir hier nicht. Aber dafür sind da weiße Zellen, die im Normalbefund nicht waren. D.h., das Auftreten von normalerweise nicht vorhandenen Zellen ist ein weiteres Merkmal, das auf eine krankhafte Veränderung hinweisen kann. 
Abnormale Eigenschaft der violetten Zellen Was stimmt hier nicht?
Die violetten Zellen sehen anders aus. Sie haben ein abnormes "Mal" auf ihrer Oberfläche. Die Ausprägung abnormer Merkmale (Expression abnormer Antigene) ist wichtiger Hinweis auf pathologische Zellen.
Den violetten Zellen fehlt etwas Was stimmt hier nicht?
Hier fehlt manchen violetten Zellen etwas. Dies soll ein weiteres, mögliches Merkmal pathologischer Zellen symbolisieren: das Fehlen von normalerweise vorhandenen Merkmalen (Antigenverlust).   
Man kann dies auch als Variante des vorigen Punktes sehen (abnorme Antigenexpression).

Das war es im Wesentlichen. So viele Möglichkeiten abnorme Zellen zu erkennen gibt es also gar nicht. Diese Prinzipien  - in den verschiedensten Variationen angewandt - helfen, pathologische Proben von normalen zu unterscheiden.

 

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III. Durchflusszytometrische Untersuchungen bei Verdacht auf reife B-Zell-Lymphome / reife B-Zell-Leukämien

Allgemeines
Dabei handelt es sich um maligne Proliferationen (Vermehrungen) von reifen B-Lymphozyten, die man alle zu den B-NHL, den B-Non-Hodgkin-Lymphomen zählt. Die Grenze zwischen Lymphomen (Erkrankung vorwiegend im Lymphknoten oder anderen lymphatischen Organen) und Leukämien (massive Ausschwemmung der Zellen ins Blut) ist fließend und willkürlich.
In diese Gruppe fallen die klassischen chronischen B-Zell-Leukämien, die CLL (Chronisch Lymphatische Leukämie), die HCL (Haarzell-Leukämie) oder die PLL (Prolymphozytenleukämie). Aber auch das IC (Immunozytom, inkl. Morbus Waldenström), das MCL (Mantelzell-Lymphom), das FL (Follikuläres Lymphom) und das DLC-Lymphom (Diffuses großzelliges Lymphom) gehören zu dieser Gruppe.

Warum fangen wir mit diesen Erkrankungen an? Weil die Durchflusszytometrie für die Diagnose und Einteilung dieser Erkrankungen eine entscheidende Rolle spielten kann.

Abschnitte:

 

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Die Stufen der Diagnose der reifen malignen B-Zellerkrankungen
 
  • Finden der abnormen B-Zellpopulation
    (Sind überhaupt pathologische, maligne B-Zellen vorhanden?)
     
  • Definieren der Antigenexpression der pathologischen B-Zellpopulation (Welche Merkmale tragen die pathologischen Zellen an ihrer Oberfläche?)
     
  • Diagnose
    Manchmal sagen einem die durchflusszytometrischen Ergebnisse, welche Erkrankung, welches B-NHL vorliegt, manchmal kann man die möglichen Erkrankungen zumindest eingrenzen.

Anmerkung: diese Stufen bedeuten nicht unbedingt auch mehrere Untersuchungsschritte. Die Stufen sind eher als gedankliche Schritte aufzufassen, mit denen man sich der Diagnose nähert.

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1. Die Suche nach monoklonalen B-Zellen

Was sind monoklonale B-Zellen?
Ein B-Zellklon ist eine Gruppe von identischen B-Zellen, die durch Teilung aus einer einzigen Zelle hervorgegangen sind, wie das bei einer Leukämie oder einem Lymphom der Fall ist.

Warum sucht man nach monoklonalen B-Zellen?
Das Auffinden einer monoklonalen B-Zellpopulation ist der wichtigste (durchflusszytometrische) Befund für die Diagnose einer malignen reifen B-Zellerkrankung. Findet man keine Monoklonalität, spricht das gegen eine solche Erkrankung (sofern man gründlich im Blut, Knochenmark und wenn notwendig auch in Lymphknotenproben danach gesucht hat). Findet man eine B-Zell-Monoklonalität und dazu passende Beschwerden, Symptome oder Befunde des Patienten ist das Vorliegen einer B-Zell-Leukämie oder eines B-Zell-Lymphoms sehr wahrscheinlich.

Gibt es auch monoklonale B-Zellpopulation ohne Leukämie oder Lymphom?
Seit man mit empfindlichen Methoden danach suchen kann, findet man nicht so selten zufällig monoklonale B-Zellpopulation bei Patienten, die ansonsten keinerlei Hinweise auf eine Leukämie oder ein Lymphom aufweisen. Es wird sich dabei in vielen Fällen um Frühstadien maligner B-Zellerkrankungen handeln. Es gibt aber noch wenig Daten darüber, in wie vielen Fällen diese dann wirklich zum Ausbruch kommen.

Wie findet man durchflusszytometrisch monoklonale B-Zellen?
Bei manchen Zellen ist es sehr schwierig eine Monoklonalität nachzuweisen. Bei B-Zellen ist es glücklicherweise relativ leicht, mittels Durchflusszytometrie eine monoklonale B-Zellpopulationen nachzuweisen. Dies soll nachfolgend auf einfache Weise in mehreren Schritten erklärt werden.

Polyklonale B-Zellen

Normale, polyklonale B-Zellen sind ein Gemisch aus kappa- und lambda-B-Zellen.
Unsere B-Zellen haben eine besondere Eigenschaft, die ihre Klonalität leicht beurteilen lässt: Sie haben entweder eine kappa- oder eine lambda-Leichtkette an ihrer Oberfläche. Und normale, polyklonale B-Zellen sind daher ein Gemisch aus kappa-B-Zellen und lambda-B-Zellen. So wie sie es schematisch links dargestellt sehen.

Lambda-monoklonale B-Zellen

Monoklonale reife B-Zellen sind entweder kappa- oder lambda-B-Zellen
Vermehrt sich ein maligner Klon auf Kosten der anderen, dann entsteht eine B-Zellpopulation die fast nur aus kappa- oder fast nur aus lambda-B-Zellen (siehe Schema links) besteht.

Anmerkung: In seltenen Fällen zeigen die B-Zellen weder eine kappa- noch eine lambda-Expression - dann wird es schwieriger.

Monoklonale B-Zellen unterschieden sich also von polyklonalen dadurch, dass sie kein Gemisch von kappa- und lambda-B-Zellen sind, sondern dass eine Population (kappa oder lambda) überwiegt.
Aber wie weist man das jetzt durchflusszytometrisch nach? Man färbt die Leichtkette (kappa oder lambda) mit geeigneten fluoreszierenden Antikörpern, misst die Zellen am Durchflusszytometer und sieht sich die Ergebnisse an:

Beurteilung der Klonalität von B-Zellen
1. Normale, polyklonale B-Zellen

Normale B-Zellen, Färbung mit anti-kappa-FITC

Markierung der kappa-B-Zellen
Wenn wir mit einem Anti-kappa-FITC* Antikörper, also einem grün-fluoreszierenden Antikörper färben, werden alle kappa-B-Zellen markiert.
Anmerkung: Normalerweise hat man etwas mehr kappa- als lambda-B-Zellen. Ein leichtes Übergewicht der kappa-B-Zellen ist daher durchaus normal.
*FITC: Fluoresceinisothiocyanat.

Kappa-FITC-gefärbte B-Zellen in der Histogrammdarstellung

Messung am Durchflusszytometer
Nach der Messung am Durchflusszytometer lassen wir uns das Ergebnis z.B. in einem sog. Ein-Parameter-Histogramm darstellen. Man sieht den größeren Haufen von grünfluoreszierenden kappa-B-Zellen, aber auch einen 2. Haufen nicht-fluoreszierender Zellen, das sind die unmarkierten lambda-B-Zellen. Dies ist ein typisches Bild bei normalen, polyklonalen B-Zellen.

Lambda-FITC-gefärbte B-Zellen in der Histogrammdarstellung

Man färbt natürlich auch die lambda-B-Zellen mit einem Anti-lambda-Antikörper und erhält ein spiegelbildliches Ergebnis.
Anmerkung: Im Beispiel links wurde für lambda ebenfalls ein FITC-markierter Antikörper verwendet, der in einem zweiten Röhrchen eingesetzt wurde. Nimmt man kappa- und lambda-Antikörper in verschiedenen Farben, kann man beide in einem Röhrchen ansetzen

In diesem Beispiel war die B-Zellpopulation polyklonal, was aus dem relativ gleichmäßigen Auftreten von kappa- und lambda-B-Zellen zu schließen ist. Im nächsten Beispiel sehen die B-Zellen bei der Leichtkettenfärbung ganz anders aus:

  Beurteilung der Klonalität von B-Zellen
2. Abnormale, monoklonale B-Zellen

Lambda-monoklonale B-Zellpopulation, kappa-FITC-gefärbt

Markierung der kappa-B-Zellen
Hier werden mit der kappa-Färbung nur wenige B-Zellen gefärbt, weil die lambda-B-Zellen überwiegen.

Kappa-FITC-gefärbte B-Zellen in der Histogrammdarstellung

Messung am Durchflusszytometer
Nach der Messung am Durchflusszytometer sieht das Ergebnis so aus. Wir haben kaum einen kappa-Peak ("Haufen). Die (ungefärbten) lambda-B-Zellen dominieren.

Lambda-FITC-gefärbte B-Zellen in der Histogrammdarstellung

Daher dominiert in der lambda-Färbung der Haufen der positiven Zellen. Dies spricht für das Vorliegen von monoklonalen B-Zellen, die Leukämie- oder Lymphomzellen sein könnten.

Soweit zur schematischen Darstellung. In der Wirklichkeit sehen die Diagramme etwas anders aus. Nachfolgend daher reale Beispiele einer normalen, polyklonalen und einer klonalen Leukämiepopulation.

Polyklonale B-Zellen, reale Histogramme Normale, polyklonale B-Zellen
Die zweigipfelige, relativ gleichmäßige Verteilung der B-Zellen bei der kappa- und bei der lambda-Färbung, lässt auf eine normale, polyklonale B-Zellpopulation schließen.

Anmerkung: eine kleine, abnorme Population würde man natürlich so nicht erkennen. Aber dazu weiter unten mehr.
kappa-monoklonale B-Zellen, reale Histogramme Abnormale, monoklonale B-Zellen
Hier zeigt sich eine eingipfelige Verteilung. Die Zellen sind kappa-positiv. Es liegt also eine kappa-klonale B-Zellpopulation vor. Fast alle B-Zellen gehören zu dem malignen Klon.
Es handelte sich bei diesem Fall um eine B-CLL (Chronisch Lymphatische Leukämie).
Im unteren Diagramm sind die gleichen Zellen in der Lambda-Färbung dargestellt. Sie sind erwartungsgemäß negativ.

In den obigen Schemata haben wir ohne es besonders hervorzuheben immer nur die B-Zellen betrachtet, weil uns nur die B-Zellen interessiert haben. Das ist aber nicht selbstverständlich, denn in einer Probe gibt es aber sehr viele andere Leukozyten, nicht nur B-Zellen. Die Leichtkettenfärbung (kappa/lambda) allein sortiert uns die B-Zellen nicht heraus, Leichtketten-Antikörper färben auch andere Zellen.
Daher markiert man bei der Leichtkettenfärbung gleichzeitig ein B-Zellmerkmal. D.h., man verwendet gleichzeitig einen fluoreszierenden-Antikörper gegen dieses Merkmal. Solche B-Zellmerkmale sind z.B. CD19 oder CD20. Man markiert z.B. die Leichtkette mit einem FITC-Antikörper (Fluoresceinisothiocyanat; grün) und das B-Zellmerkmal CD19 mit einem PE-Antikörper (PE: Phycoerythrin; gelbrot).
Und so kann man sich die Ergebnisse dann auch als Zweifarbmarkierung darstellen, als sog. 2-Parameter-Dot-Plots:

Normale Polyklonale B-Zellen in 2-Parameterdarstellung

Polyklonale B-Zellen nach Doppelfärbung CD19 und Leichtkette Die B-Zellen wurden mit mit CD19-PE markiert. Gleichzeitig wurde im ersten Röhrchen kappa mit einem FITC-Antikörper markiert (links), im zweiten lambda.
Die mit griechischem k bzw. l bezeichneten Populationen sind die kappa- bzw. lambda-B-Zellen. Das Verhältnis ist etwa ausgeglichen. Dies lässt auf eine polyklonale Population schließen.
Anmerkung: die CD19-negativen Populationen (jeweils in den linken Dot-Plot-Abschnitten) sind einmal die T-Zellen ("links unten") und die Monozyten ("links oben"). Die letzteren zeigen eine starke unspezifische Bindung von Antikörpern und werden daher in der kappa- und lambda-Färbung meist stark positiv.

Das obige Diagramm zeigt das typische Bild der normalen Leichtkettenexpression von normalen, polyklonalen B-Zellen. Im nächsten Diagramm sind dem die malignen Zellen einer Chronisch Lymphatischen Leukämie gegenüber gestellt.

Abnormale, monoklonale B-Zellen in 2-Parameterdarstellung
Kappa-monoklonale B-Zellen nach Doppelfärbung CD19 und Leichtkette Die B-Zellen wurden mit mit CD19-PE markiert. Gleichzeitig wurde im ersten Röhrchen kappa mit einem FITC-Antikörper markiert (links), im zweiten lambda.
Die mit griechischem k bezeichneten Populationen sind die kappa-B-Zellen. Das extreme Überwiegen von kappa-B-Zellen beweist die monoklonale B-Zellpopulation.

Die gleichzeitige Färbung von anderen Merkmalen der B-Zellen dient aber nicht nur ihrer Identifikation. Sie kann oft auch helfen, kleinere monoklonale B-Zellpopulationen zu finden. Dies ist im nächsten Beispiel dargestellt.

Auffinden kleinerer monoklonaler B-Zellpopulationen durch gleichzeitige Messung mehrerer Zellmerkmale

Duch ihre schwache CD19-Expression werden die Leukämiezellen entdeckt Dass lambda-monoklonale B-Zellen vorhanden sind (rotes griechisches l), erkennt man recht gut, weil diese Zellen schwächer CD19 sind als die normalen B-Zellen.
Bei diesem Patienten ist die monoklonale B-Zellpopulation eher klein. Sie dominiert nicht wie in dem vorherigen Beispiel und wäre daher in einem 1-Parameter-Histogramm der Leichtkettenexpression nicht gut zu erkennen. Im 2-Parameter-Dot-Plot wird die Population hingegen durch ihre schwache CD19-Expression von den gesunden B-Zellen abgetrennt. Ihre Monoklonalität ist dadurch leicht zu erkennen.

Nicht immer ist es CD19. Auch CD20, CD79, CD38 oder andere Marker helfen manchmal, die gesunden von den kranken B-Zellen zu unterschieden. Kombiniert man diese Marker dann mit kappa/lambda, ist die Monoklonalität meist auch bei kleinen Population gut nachweisbar

 

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2. Suche nach B-Zellen mit abnormer Antigenexpression

Weit weniger wichtig als die Suche nach monoklonalen B-Zellen ist die Suche nach B-Zellen, die abnorme Antigene auf ihrer Oberfläche zeigen.

Die malignen B-Zellen (rechter Dot-Plot) zeigen eine starke CD5-Expression Expression von CD5
Die B-Zellen rechts (Pfeil) zeigen eine starke Expression von CD5, wie sie normalerweise nur auf T-Zellen vorkommt. Zum Vergleich links das normale Bild.
Die malignen B-Zellen (rechter Dot-Plot) zeigen eine schwache CD20-Expression Schwache Expression von CD20
Die B-Zellen rechts (Pfeil) zeigen eine schwache Expression von CD20. Zum Vergleich links das normale Bild.
In den rechten Dot-Plots sind die B-Zellen einer CLL (Chronisch Lymphatischen Leukämie) dargestellt, die typischer Weise eine deutliche CD5-Expression und eine schwache CD20-Expression zeigen.

Vorsicht: Eine abnorme Antigenexpression ist ein eher unsicheres Zeichen für eine maligne B-Zell-Erkrankung. Besonders, wenn nur wenige B-Zellen die abnorme Antigenexpression zeigen. Kleinere B-Zellpopulationen können auch beim Gesunden und erst recht bei nicht-malignen Erkrankungen recht eigenartige Antigenexpressionen zeigen, ohne dass eine maligne Erkrankung dahinter steckt. Im Zweifelsfall sollte man mit einer Leichtkettenfärbung die Klonalität dieser B-Zellpopulation abklären.
Bei kleinen Populationen mit abnormer Antigenexpression muss man unbedingt auch an das Carry-Over denken, also an die Verschleppung von Zellen von einem Röhrchen ins andere. So manche "unerklärliche" Population hat sich bei näherer Betrachtung schon als Verschleppung aus dem vorigen Röhrchen entpuppt. Und ein gewisser Grad an Verschleppung ist kaum vermeidbar.

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3. Definieren der Antigenexpression der abnormen B-Zellen

Hat man einmal herausgefunden, dass eine abnorme, monoklonale B-Zellpopulation vorliegt, dann muss man sie näher charakterisieren. D.h., man muss die Expression der für eine Diagnose wichtigen Antigene dieser B-Zellen beschreiben. Dies ist meist eine relativ leichte Aufgabe. Man misst ja ohnehin meist alle wichtigen Marker in einem Ansatz. Jetzt braucht man sich nur noch die Ergebnisse anzusehen:

Die malignen B-Zellen sind immer die schwach CD20-positiven (rote Kästchen) Antigenmuster der abnormen B-Zellen
Die monoklonalen B-Zellen zeigten sich CD38neg, CD103neg, CD23pos, CD79neg, CD25pos und CD10neg.

PerCP: Peridinin Chlorophyll Protein
APC: Allophycocyanin

 

 

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4. Das Stellen der Diagnose des B-NHL

Vorbemerkung
Dies ist ein heikler Punkt. Kann man durchflusszytometrisch überhaupt eine Diagnose stellen? Nicht immer, ja eigentlich gar nicht so oft. Aber oft wird das Ergebnis der durchflusszytometrischen Analyse die eine Diagnose sehr wahrscheinlich, die andere wieder sehr unwahrscheinlich machen. Deswegen ist die Durchflusszytometrie auch in den Fällen, in denen sie keine definitive Diagnose liefern kann, ein wertvoller Mosaikstein für die Abklärung.

Vorgehen
Im vorigen Abschnitt haben wir das Antigenmuster der monoklonalen Population beschrieben. Nun muss man überlegen, zu welcher malignen B-Zellerkrankung das Antigenmuster passt. Zur Orientierung sind in der nachfolgenden Tabelle die Antigenexpressionen wichtiger reifer, maligner B-Zellerkrankungen aufgeführt.

 

CLL/SLL

IC

PLL

MCL

HCL

FCL

surf.IG

schw. +

+

+

+

+

+

CD5

+

- bis schw. +

- bis schw. +

+

-

-

CD10

-

-

-

-

-

+

CD11c

- bis mittel +

-/+

-/+

-

stark +

-

CD19

+

+

+

+

+

+

CD20

schw. +

+

+

+

+

+

CD22

- bis schw. +

+

+/-

+

+

+

CD23

+

-

-/+

-

-

+/-

CD24

+

+/-

+

+

+

+

CD25

- bis schw. +

- bis schw. +

-

-

+

-

CD38

- bis schw. +

+/-

-

 

selten +

 

CD43

+

+

+

+

-

-

CD79b

-

+

+

+

+

+

CD103

-

-

-

-

+

-

FMC7

-

+

+

+

+

+

CLL: Chronisch lymphatische Leukämie
SLL: Small Lymphocytic Lymphoma
IC: Immunozytom
PLL: Prolymphozytenleukämie;

MCL: Mantelzell-Lymphom;
HCL: Haarzell-Leukämie;
FCL: Follikuläres Lymphom

Es klingt sehr einfach; Man vergleicht das gemessene Muster mit den in der Tabelle angegeben und weiß dann, welche Erkrankung vorliegt. Dem ist aber leider nicht so.
Es gibt verschiedene Probleme:

  • Bestimmte Muster sind zwar typisch aber keineswegs obligatorisch
    Was heißt das? Beispiel: Eine CLL ist zwar typischer Weise CD23pos, kann aber auch negativ sein. Und das gilt für fast alle Antigene. Fast keines ist in allen Fällen oder in keinem Fall vorhanden. Auf praktisch keines kann man sich 100%ig verlassen.
  • Die Bedeutung eines Markers hängt von der Expression anderer Marker ab
    Beispiel: Ist CD5 positiv, dann ist CD23 wichtig, weil es dann bei der Unterscheidung der CLL und des MCL hilft. Ist CD5 negativ, dann ist CD23 relativ unwichtig.
  • Bei manchen Antigenen ist nicht nur wichtig, ob sie auf den B-Zellen zu finden sind (=positiv) oder nicht (=negativ), sondern wie stark sie auf den B-Zellen sind.

Die Schilderung dieser Probleme soll verdeutlichen, dass die Befundung einer durchflusszytometrischen Analyse bei malignen Erkrankungen weit schwieriger ist und weit größerer Erfahrung bedarf als es die simple, tabellarische Auflistung der Antigenexpressionsmuster vermuten lassen würde.

 

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IV. Durchflusszytometrische Untersuchungen bei Verdacht auf Leukämien oder Lymphome reifer T-Zellen oder Natural Killer-Zellen

Dabei handelt es sich um maligne Proliferationen (Vermehrungen) von reifen T-Lymphozyten, die man alle zu den T-NHL, den T-Non-Hodgkin-Lymphomen zählt, sowie um Neoplasien der Natural Killer-Zellen (NK-Zellen). Die Grenze zwischen Lymphomen (Erkrankung vorwiegend im Lymphknoten oder anderen lymphatischen Organen) und Leukämien (massive Ausschwemmung ins Blut) ist fließend und willkürlich.
In diese Gruppe fallen z.B. die T-PLL (T-Prolymphozytenleukämie), die T-LGL (T-Large-Granular-Lymphozyten-Leukämie) und die NK-Zell-Leukämie. Aber auch andere Leukämien und viele Lymphome zählen zu dieser Gruppe.

Bei der Diagnose dieser Erkrankungen spielt die Durchflusszytometrie nicht so eine große Rolle wie bei den reifen B-Zell-Neoplasmen, sie kann aber in vielen Fällen den Verdacht aussprechen und damit die weiteren Untersuchungen in die richtige Richtung leiten.

Abschnitte:

 

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Die Stufen der Diagnose der reifen malignen T- und NK-Zellerkrankungen
 
Aufzählung Finden der abnormen T- oder NK-Zellpopulation
(Sind überhaupt pathologische, maligne T- oder NK-Zellen vorhanden?)
 
  • Suche nach T-Zellen mit abnormen Merkmalen an ihrer Oberfläche (also mit abnormer Antigenexpression). Im Gegensatz zu den B-Zellen, wo der Nachweis der Monoklonalität im Vordergrund steht, ist bei T-Zellen der Nachweis der abnormen Antigenexpression am wichtigsten.
  • Suche nach monoklonalen T-Zellen (also nach solchen, die wahrscheinlich nur von einer einzigen Zelle abstammen, wie das Tumorzellen tun). Leider ist dies heute bei T-Zellen nur sehr schwer in der Routinediagnostik durchführbar. Man bräuchte dazu eine Menge verschiedener Antikörper und auch dann wird man die Monoklonalität oft nicht beweisen können.
    Bei NK-Zellen ist es derzeit durchflusszytometrisch überhaupt nicht möglich, die Klonalität zu beweisen.

       
Aufzählung Definieren der Antigenexpression der pathologischen T- oder NK-Zellpopulation (Welche Merkmale tragen die pathologischen Zellen an ihrer Oberfläche?)
 
Aufzählung Stellen der Diagnose
Manchmal sagen einem die durchflusszytometrischen Ergebnisse, welche Erkrankung, welches T-NHL oder ob ein NK-NHL vorliegt, manchmal kann man die möglichen Erkrankungen zumindest eingrenzen.

Anmerkung: diese Stufen bedeuten nicht unbedingt auch mehrere Untersuchungsschritte. Die Stufen sind eher als gedankliche Schritte aufzufassen, mit denen man sich der Diagnose nähert.

 

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1. Suche nach T-Zellen mit abnormer Antigenexpression

Zeigt sich ein auf normalen Zellen nicht vorhandenes Antigenexpressionsmuster, kann dies ein Hinweis auf eine maligne T-Zellerkrankung sein. Abnorme Antigenexpression kann auch der Verlust eines normalerweise vorhandenen Antigens sein.

Die gleichzeitige Expression von CD4 und CD8 (rechter Dot-Plot) entlarvt die malignen Zellen CD4/CD8
Doppelexpression

Im rechten Dot-Plot sieht man T-Zellen, die CD4pos und CD8pos sind (Pfeil). Das ist abnorm. Beide Antigene sind dazu schwächer als auf normalen Zellen. Links ein normales Bild.
CD3-Verlust bei extrem starker CD5-Expression (Pfeil rechter Dot-Plot) der malignen Zellen CD3-Verlust
CD5 Überexpression

Im rechten Dot-Plot sieht man T-Zellen, denen CD3 fehlt und die zuviel CD5 exprimieren (Pfeil). Nur mehr wenige normale T-Zellen (blaues Oval). Links ein normales Bild.

Vorsicht: Wie bei den B-Zellen gilt: Eine abnorme Antigenexpression ist ein eher unsicheres Zeichen für eine maligne Erkrankung. Besonders, wenn nur wenige Zellen die abnorme Antigenexpression zeigen. Kleinere T-Zellpopulationen können auch beim Gesunden und erst recht bei nicht-malignen Erkrankungen recht eigenartige Antigenexpressionen zeigen, ohne dass eine maligne Erkrankung dahinter steckt.
Bei kleinen Populationen mit abnormer Antigenexpression muss man unbedingt auch an das Carry-Over denken, also an die Verschleppung von Zellen von einem Röhrchen ins andere. So manche "unerklärliche" Population hat sich bei näherer Betrachtung schon als Verschleppung aus dem vorigen Röhrchen entpuppt. Und ein gewisser Grad an Verschleppung ist kaum vermeidbar.

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2. Suche nach monoklonalen T-Zellen

Monoklonale T-Zellen sind leider viel schwerer zu erkennen als monoklonale B-Zellen. Das liegt daran, dass die T-Zellen keine dem kappa/lambda-Verhältnis gleichwertige Eigenschaft haben, die uns die Monoklonalität auf einfache Weise erkennen ließe.
Ein wenig Ähnlichkeit mit der kappa/lambda-Ratio hat die CD4/CD8-Ratio der T-Zellen. Das ist das Verhältnis von CD4-positiven T-Zellen zu CD8-positiven T-Zellen. Aber nur wenn diese Ratio sehr hoch oder sehr niedrig ist und dies durch eine Vermehrung einer der beiden T-Zellpopulationen bedingt ist, kann man den Verdacht auf eine maligne T-Zellerkrankung aussprechen.

Beispiel einer normalen CD4/CD8-Markierung der T-Zellen. CD4/CD8-Ratio
Normalerweise beträgt das Verhältnis von CD4- zu CD8-T-Zellen im Blut etwa 2 zu 1. Eine T-Zell-Leukämie kann dieses Verhältnis stark verändern. Leider können auch viele nicht-maligne Erkrankungen die Ratio stark verändern. Daher sind nur starke Verschiebungen der Ratio, die durch Vermehrung einer Population bedingt sind, aussagekräftig.

Im Vergleich zur kappa/lambda-Ratio hat die CD4/CD8-Ratio viele Nachteile. Die CD4/CD8-Ratio schwankt auch bei nicht-malignen Erkrankungen sehr stark, sodass man bei der Beurteilung vorsichtig sein muss. In der Praxis heißt dies, dass man nur extreme Veränderungen der CD4/CD8-Ratio als Hinweis auf eine maligne T-Zellerkrankung werten darf. Sonst stiftet man sehr viel Verwirrung und Unruhe durch falsche Verdachtsdiagnosen.
Auch wird eine veränderte CD4/CD8-Ratio häufig durch eine Verminderung einer der beiden Gruppen verursacht. Und eine Verminderung z.B. der CD8-Zellen kann man kaum als Hinweis auf ein monoklonale CD4-T-Zellerkrankung sehen, auch wenn die Ratio dadurch auf z.B. 10 steigt.

Ein weiterer Nachteil gegenüber der kappa/lambda-Ratio ist folgender: ist die kappa/lambda-Ratio nicht eindeutig, gelingt es oft, sich die verdächtige B-Zellpopulation mit anderen Antikörpern "herauszufischen" und nachzusehen, ob die kappa/lambda-Ratio auf dieser Population in Ordnung ist. Denn das sollte sie sein, wenn es sich um nicht-maligne B-Zellen handelt. Bei den T-Zellen ist das anders. Man kann sich zwar auch mit Antikörpern verschiedene T-Zellpopulationen "herausfischen", aber viele dieser T-Zellpopulationen haben schon normalerweise eine einseitige CD4/CD8-Ratio, ohne dass sie eine maligne T-Zellpopulation darstellen würden. Man kann eine verschobene CD4/CD8-Ratio dann nicht als Hinweis auf eine maligne T-Zellerkrankung werten.

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3. Definieren der Antigenexpression der abnormen T-/NK-Zellen

Hat man erst einmal erkannt, dass eine maligne Population vorhanden ist, wird man, so wie bei den B-Zellen beschrieben, das Antigenmuster der Population aus den durchflusszytometrischen Ergebnissen ablesen und zusammenfassen.

 

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4. Das Stellen der Diagnose des T-/NK-NHL

Vorbemerkung
In vielen Fällen wird man durchflusszytometrisch keine Diagnose stellen können. Aber oft wird das Ergebnis der durchflusszytometrischen Analyse die eine Diagnose sehr wahrscheinlich, die andere wieder sehr unwahrscheinlich machen. Deswegen ist die Durchflusszytometrie auch in den Fällen, in denen sie keine definitive Diagnose liefern kann, ein wertvoller Mosaikstein für die Abklärung.

Vorgehen
Im vorigen Abschnitt haben wir das Antigenmuster der monoklonalen Population beschrieben. Nun muss man überlegen, zu welcher malignen T- oder NK-Zellerkrankung das Antigenmuster passen könnte. Zur Orientierung sind in der nachfolgenden Tabelle die Antigenexpressionen wichtiger reifer, maligner T- und NK-Zellerkrankungen aufgeführt.

 

T-PLL

T-LGL

NK-LGL

Sezary-
Syndrom

CD2

+

+

+

+

CD3

+

+

-

+

CD4

+/-

-

-

+

CD5

+

+/-

-

+

CD7

+

+/-

+/-

-

CD8

-/+

+

+/-

-

CD16

-

-/+

+/-

-

CD25

+/-

-

-

-

CD56

-

-

+/-

-

CD57

-

+/-

-/+

-

HLA-DR

-/+

-

-

-

CD4+CD8+
Koexpression

25% der
Fälle

     
T-PLL: T-Prolymphozytenleukämie
T-LGL: Large Granular Lymphocyte Leukemia (LGL), T-Zelltyp
NK-LGL: LGL Leukemia, NK-Zelltyp

Es klingt sehr einfach; Man vergleicht das gemessene Muster mit den in der Tabelle angegeben und weiß dann, welche Erkrankung vorliegt. Dem ist aber leider nicht so.
Es gelten aber die gleichen Einschränkungen wie bei B-NHL:

  • Bestimmte Muster sind zwar typisch aber keineswegs obligatorisch
    Was heißt das? Beispiel: Eine Sezary-Syndrom ist zwar typischer Weise CD7negativ, kann aber auch positiv sein. Und das gilt für fast alle Antigene. Fast keines ist in allen Fällen oder in keinem Fall vorhanden. Auf praktisch keines kann man sich 100%ig verlassen.
     
  • Die Bedeutung eines Markers hängt von der Expression anderer Marker ab
     
  • Bei manchen Antigenen ist nicht nur wichtig, ob sie auf den B-Zellen zu finden sind (=positiv) oder nicht (=negativ), sondern wie stark sie auf den B-Zellen sind.

Die Schilderung dieser Probleme soll verdeutlichen, dass die Befundung einer durchflusszytometrischen Analyse bei malignen Erkrankungen weit schwieriger ist und weit größerer Erfahrung bedarf als es die simple tabellarische Auflistung der Antigenexpressionsmuster vermuten lassen würde.

 

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V. Durchflusszytometrische Untersuchungen bei Akuten Leukämien

Was sind akute Leukämien?
Akute Leukämien (akuter Blutkrebs) sind Erkrankungen mit unkontrolliertem Wachstum unreifer Blutzellen. Die Eigenschaft "akut" kommt daher, dass diese Erkrankungen im Gegensatz zu den chronischen Leukämien ohne Behandlung  in kurzer Zeit zum Tod führen können.

Wie erfolgt die Einteilung?
Die wichtigste Einteilung der akuten Leukämien erfolgt in die akuten myeloischen Leukämien (AML), die von unreifen myeloischen Zellen verursacht werden, und die akuten lymphatischen Leukämien (ALL), die von unreifen lymphatischen Zellen verursacht werden. Bei beiden Formen kennt man verschiedene Untergruppen. 

Bedeutung der Durchflusszytometrie
Die Durchflusszytometrie kann bei der Erkennung einer akuten Leukämie helfen. Von größerer Bedeutung ist aber meist, dass durch die durchflusszytometrische Untersuchung rasch und sicher zwischen AML und ALL unterschieden werden kann. Auch für die genaue Definition der Untergruppen ist die Durchflusszytometrie wichtig, besonders bei der ALL, in manchen Fällen auch bei der AML.

"Blasten"
Die unreifen Zellen bei akuter Leukämie nennt man auch Blasten. Dabei muss man sich aber bewusst sein, dass wir immer eine kleine Menge unreifer Zellen (normale Blasten) im Knochenmark haben.

Abschnitte:

 

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Die Stufen der durchflusszytometrischen Untersuchung bei akuter Leukämie

 

Anmerkung: diese Stufen bedeuten nicht unbedingt auch mehrere Untersuchungsschritte. Die Stufen sind eher als gedankliche Schritte aufzufassen, mit denen man sich der Diagnose nähert.

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1. Auffinden der Blastenpopulation

Im wesentlichen kann eine Blastenpopulation durch 2 Dinge auffällig werden

  • Auffällige Vermehrung der unreifen Zellen
  • Abnorme Markerexpression der unreifen Zellen

a. Auffällige Vermehrung der unreifen Zellen
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, unreife Zellen durchflusszytometrisch nachzuweisen. Eine Möglichkeit ist die Markierung mit Markern, die nur auf unreifen Zellen vorhanden sind, wie z.B. CD34. Leider ist dieses Antigen auf vielen akuten Leukämien nicht ausgeprägt. Sicherer ist daher die Darstellung der CD45-Expression gegen das Seitwärtsstreulicht (Side Scatter). Unreife Zellen sind meistens CD45 etwas schwächer und haben gleichzeitig einen niedrigen Side Scatter. Mit dieser Methode kann man auch Blasten erkennen, die CD34-negativ sind. In der Praxis greift man meist auf beide Methoden zurück.

Nachweis der Vermehrung unreifer Zellen

Die Markierung mit CD45 und CD34 zur Erkennung von unreifen Zellen Suche unreifer Zellen mit CD45-CD34
Ein Gesunder (links oben) und drei Fälle von akuter Leukämie. Die Pfeile markieren die Blastenpopulationen, die bei AL 1 und AL 3 gut erkennbar sind.

Bei AL 2 hingegen sieht man kaum einen Unterschied zum Gesunden. Blasten sind häufig, aber eben nicht immer CD34pos.
Die Darstellung von CD45-Expression und Side Scatter hilft CD34-negative Blasten zu erkennen. Suche unreifer Zellen mit CD45-Side Scatter
Ein Gesunder (links oben), der im blauen Oval nur wenige Zellen zeigt. 

Drei Fälle von akuter Leukämie. Die Pfeile markieren die Blastenpopulationen, die bei allen Fällen gut erkennbar sind.
In der Darstellung CD45-Side Scatter erkennt man auch die CD34neg Blasten des Falles AL 2.

Normalerweise findet man nur sehr geringe Mengen unreifer Zellen im Blut (bis etwa 0.1 % der Leukozyten) und auch in der Knochenmarksprobe liegt der Anteil unreifer Zellen meist nicht über 1 bis 2 %. Findet man höhere Werte, kann dies Ausdruck einer krankhaften Veränderung sein. Von einer akuten Leukämie spricht man erst ab einem mikroskopisch ermittelten Blastenanteil von 20 %.
Dazu sollte man ergänzen, dass man durchflusszytometrisch oft viel niedrigere Blastenanteile im Knochenmark bestimmt als mikroskopisch. Das liegt vor allem daran, dass das Knochenmark bei der Gewinnung stark mit Blut durchmischt wird, und die Blasten dadurch verdünnt werden. Das bedeutet: Hat man z.B. durchflusszytometrisch 5 % Blastenanteil bestimmt, mag der wahre Anteil durchaus bei 25 % liegen.

 

b. Abnorme Markerexpression der unreifen Zellen
Es gibt verschiedene Arten abnormer Markerexpression.
Die wichtigsten sind:

  • Expression linienfremder Antigene
    Findet man auf myeloischen Zellen lymphatische Marker wie CD19, CD7 oder Marker wie CD56, ist das abnorm.
    Findet man umgekehrt auf lymphatischen Blasten myeloische Marker wie CD13 oder CD33, ist dies ebenfalls abnorm.
  • Asynchrone Antigenexpression
    Findet man Marker reiferer Zellen wie CD15 auf unreifen CD34pos Blasten, ist dies abnorm.
  • Abnorme Expressionsstärke
    Bei manchen Formen von akuter myeloischer Leukämie ist CD34 wesentlich stärker exprimiert als auf normalen Blasten. T-ALL zeigen oft eine verminderte oder fehlende Expression von CD3, B-ALL eine verminderte oder fehlende Expression von CD20.
    CD45 wird von den meisten akuten Leukämien schwach bei manchen sogar sehr schwach exprimiert.
CD15 und CD34 auf einer Zellpopulation ist abnorm Beispiel abnormer Antigenexpression auf myeloischen Blasten
Im Vergleich zu den normalen Blasten (oberer Dot-Plot, blaues Oval) zeigen die Blasten der akuten myeloischen Leukämie (unterer Dot-Plot, rotes Oval) eine abnorme Expression von CD15 und eine abnorm starke Expression von CD34.


Anmerkung: CD34-negative Zellen wurden der Übersichtlichkeit wegen herausgenommen.
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2. Definieren der Antigenexpression

Hat man erst einmal erkannt, dass eine maligne Population vorhanden ist, wird man, so wie bei den B-Zellen beschrieben, das Antigenmuster der Population aus den durchflusszytometrischen Ergebnissen ablesen und zusammenfassen.

 

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3. Stellen der Diagnose

a. Akute Leukämie ja/nein
In dieser Fragestellung muss man das Ergebnis der durchflusszytometrischen Analyse vorsichtig beurteilen. Findet man mehr als 20 % Blasten, dann ist die Definition einer akuten Leukämie erfüllt. Findet man aber mit der Durchflusszytometrie weniger Blasten, kann schon eine akute Leukämie vorliegen, da man den Blastengehalt im Knochenmark durchflusszytometrisch meist deutlich unterschätzt (wie weiter oben bereits beschrieben).

b. AML oder ALL
Diese wichtige Frage kann die Durchflusszytometrie meist rasch und sicher klären. Bestimmte Marker sind typisch für eine AML andere für eine ALL. Welche das sind und wie verlässlich sie sind, lässt sich ganz gut aus einer Tabelle einer europäischen Gruppe zur Leukämietypisierung (EGIL) ablesen:

EGIL-Score für biphänotypische Leukämien

Punktewert

B-lymphatisch

T-lymphatisch

Myeloisch

2

CD79
(cyt/membran)
CD22
(cyt/membran)
cyt.IgM

CD3
(cyt/membran)
TCR-a/b
TCR-g/d

Myelo-
peroxidase
(cytopl.)

1

CD19
CD10
CD20

CD2
CD5
CD8
CD10

CD13
CD33
CDw65

0.5

TdT
CD24

 

CD14
CD15
CD64
CD117*

Je höher der Punktewert eines Markers, um so verlässlicher weist er auf eine bestimmte Linie der akuten Leukämie hin. So ist z.B. der Myeloperoxidase-Nachweis der sicherste Hinweis auf eine akute myeloische Leukämie (AML) und der CD79 Nachweis der verlässlichste Hinweis auf eine B-ALL (=B-lymphatische ALL).
*Anzumerken ist, dass sich inzwischen gezeigt hat, dass CD117 viel wertvoller zur Erkennung einer AML ist als die 0.5 Punkte andeuten. Der Marker sollte mindestens mit einem Punkt bewertet werden.

c. Welche Untergruppe
Die AML und die ALL werden in verschiedene Untergruppen eingeteilt. Die größte Bedeutung hat die Durchflusszytometrie für die Einteilung in Untergruppen bei der B-ALL (und zwar in Pro-B, common-B, prä-B und B-ALL).
Etwas geringer ist die durchflusszytometrische Bedeutung für die Einteilung der T-ALL.
Bei der AML kann die Durchflusszytometrie bei der Erkennung mancher Formen helfen. So kann die mit anderen Mitteln nur schwierig nachzuweisende M7 (Megakaryoblastenleukämie) durch den durchflusszytometrischen Nachweis bestimmter Antigene auf den Blasten diagnostiziert werden.
Auch auf andere Untergruppen kann die Durchflusszytometrie Hinweise liefern. Aber nicht mehr. Beweisen kann sie eine Untergruppe praktisch nie, weil die Gruppen nicht nach ihren Antigenmuster definiert sind. Sondern mikroskopisch (nach ihren Charakteristika im Mikroskop), zytochemisch (nach ihrer Anfärbbarkeit bei Spezialfärbungen) und zytogenetisch (nach ihren Auffälligkeiten im Chromosomensatz).

 

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Letzte Änderung 2007-07-27

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Ergänzende Stichwörter: Durchflußzytometrie, Flowzytometrie, Tutorial, Vortrag, Hämoblastose, Leukaemie, Flow-Zytometrie, Blutkrebs, Lymphdrüsenkrebs, monoclonal, Clonalität, B-Zell-Clone, B-Zellklon, bösartig