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WIE KANN MAN SICH MIT BSE ANSTECKEN UND WIE NICHT |
Zusammenfassung: Der derzeit wahrscheinlichste Weg einer Ansteckung mit BSE ist die Aufnahme hoch infektiöser Nahrung. Andere Wege sind denkbar aber noch unbewiesen und teilweise sehr unwahrscheinlich. |
Wie kann eine Ansteckung des Menschen mit nvCJD ("BSE") erfolgen? | ||||||||
Über die Aufnahme prionenhaltiger Nahrungsmittel. | ||||||||
Die Ansteckung des Menschen durch den BSE Erreger erfolgt wahrscheinlich über den Nahrungsweg, also den Verzehr von prionenhaltiger Nahrung. Immer noch ist dieser Infektionsweg nicht bewiesen, er wird aber zunehmend wahrscheinlicher. | ||||||||
Spielt die Menge des aufgenommenen infektiösen Materials eine Rolle? | ||||||||
Ja. | ||||||||
Aus Tierversuchen kann man dies schließen. Deswegen
sind ja die prionenreichen Gewebe wie Gehirn, Rückenmark und die Netzhaut der Augen
besonders gefährlich. Beim Menschen ist die tatsächliche Schwellendosis, also die Dosis, die notwendig ist, damit sich ein Mensch infiziert, experimentell natürlich nicht zu ermitteln und daher unbekannt. |
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Kann man sich über die Haut oder Schleimhaut anstecken? | ||||||||
Wahrscheinlich nicht, solange man keine Verletzungen hat. | ||||||||
Die WHO schätzt dieses Risiko als vernachlässigbar ein. Solange die Haut intakt ist! Über Wunden wäre eine Infektion möglich. Da man auch unbemerkt kleine Wunden haben kann und Verletzungen unvorhersehbar sind, sollte man den Kontakt von infektiösem oder möglicherweise infektiösem Material mit Haut und Schleimhäuten vermeiden. Die Gefahr wird aber eher für Angestellte in der Fleischverarbeitung als für den Konsumenten nennenswert sein. | ||||||||
Erkranken Menschen in Risikoberufen häufiger an BSE? | ||||||||
Nein. | ||||||||
Englische Studien aus den Jahren 1982 bis 1996 konnten keine Häufung von nvCJD ("BSE") bei Risikoberufen (Fleischer, Bauern, Tierärzte, Schlachthofarbeiter) zeigen. Die Fallzahlen dieser Studien sind allerdings nicht besonders hoch. | ||||||||
Ist BSE durch Kosmetika übertragbar? | ||||||||
Nein. | ||||||||
Eine Übertragung von BSE bei äußerlicher Anwendung
ist nach derzeitigem Wissensstand auszuschließen. Darüber hinaus durchlaufen die meisten Kosmetika Prozesse, die Prionen inaktivieren würden. Produkte, bei denen dies nicht der Fall ist, dürfen nur von unbedenklichen Rindern stammen und kein Risikomaterial enthalten. Auch werden für viele Produkte bereits Produkte anderer Tierarten oder pflanzliche Ersatzstoffe verwendet.
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Ist BSE durch Arzneimittel übertragbar? | ||||||||
Verschiedenste Maßnahmen wurden getroffen, um das BSE-Risiko von Medikamenten praktisch auszuschließen. | ||||||||
Es gibt Arzneimitteln, die Rindermaterialien enthalten:
Rinderinsulin, manche Heparine (Antikoagulantien, "Blutverdünnungsmittel"),
Gelatine-haltige Arzneimittel, manche Impfstoffe. Die Pharmaunternehmen haben aber zahlreiche Vorsichtsmaßnahmen getroffen (Auswahl der Rinder, Einsatz prioneninaktivierender Verfahren, keine Verwendung von Risikomaterialien) um das Risiko möglichst klein zu halten. Werden alle diese Maßnahmen getroffen wird das Restrisiko wird als gering eingeschätzt. So wurde z.B. in einer Studie das Infektionsrisiko durch eine 2g Rindergelatinekapsel mit 1 zu 10 Milliarden oder geringer beziffert. Das ist vernachlässigbar. Beispiel Deutschland:
Zielvorstellung ist ein Infektionsrisiko von mindestens 1 zu einer Million. Erreicht man dies nicht durch die Materialauswahl, kann z.B durch ein die Prionen stärker dezimierendes Herstellungsverfahren das Risiko weiter vermindert werden.
Beispiel England: Materialgewinnung von Kälbern unter 6 Monaten, die aus Ländern ohne BSE oder mit sehr niedriger Fallzahl stammen. Auch Reinigungsverfahren zur Inaktivierung der Prionen wurden empfohlen. Auch ist die Einnahmeart und die Dosis zu beachten: am sichersten ist natürlich die nur äußerliche Anwendung von Produkten, gefolgt von der oralen Verabreichung (Schlucken). Weniger sicher ist die parenterale Gabe ("Injektion"). Unter diesen ist wieder die Injektion in "die Haut"(eig.: das Unterhautfettgewebe = subkutan) sicherer als die in die Vene (intravenös). Auch hier ist das Ziel, das Gesamtrisiko klein zu halten. |
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Und Schutzimpfungen? | ||||||||
Nach heutiger Sicht überwiegt der Nutzen von Impfungen bei weitem das minimale Restrisiko. | ||||||||
Hier gilt ähnliches wie für die anderen Arzneimittel. Das BSE-Risiko wird durch die dort beschriebenen Maßnahmen extrem reduziert. Man sollte die Diskussion um Impfungen sehr vorsichtig führen. Wegen eines vielleicht gar nicht existierenden BSE-Risikos nicht zu impfen, wäre unverantwortlich. Impfungen werden nicht zum Spaß verabreicht, sondern um schwerwiegenden, manchmal lebensbedrohenden Erkrankungen vorzubeugen. Die derzeitige Faktenlage über BSE berechtigt keinesfalls zum Verzicht auf Schutzimpfungen. | ||||||||
Kann man sich bei Operationen mit nvCJD ("BSE") anstecken? | ||||||||
Derzeit kein nennenswertes Risiko in Kontinentaleuropa (minimale nvCJD Fallzahlen). | ||||||||
Da man die Durchseuchung der Bevölkerung nicht
wirklich kennt, kann man diese Gefahr schlecht abschätzen. Sicher ist das Risiko aber in
Großbritannien um ein Vielfaches höher als in Österreich oder Deutschland, wo nur ein
minimales BSE-Risiko bestehen kann. Die größte Gefahr besteht in der Neurochirurgie: die WHO empfahl 1998 die Operations-Instrumente, die bei BSE-Patienten verwendet wurden, zu verwerfen. Sollte dies nicht möglich sein, müssen strenge Reinigungsverfahren eingesetzt werden. |
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Wird die Krankheit durch Bluttransfusionen übertragen? | ||||||||
Derzeit noch kein nennenswertes Risiko. | ||||||||
Das Risiko, sich bei einer Bluttransfusion mit dem
BSE-Erreger zu infizieren, erscheint insgesamt äußerst gering. Das Österreichische Rote
Kreuz entfernt bei jeder Blutkonserve die weißen Blutkörperchen, wodurch das
theoretische Risiko weiter vermindert wird. Auch in Deutschland ordnete das Paul Ehrlich
Institut ein solches Vorgehen an. Importe von Blutprodukten aus Großbritannien gibt es
weder in Deutschland noch in Österreich. Viele Blutspendedienste (auch das Österreichische Rote Kreuz) schließen Spender mit längerem Großbritannienaufenthalt von der Spende aus. Der Kanadische Blutspendedienst (Canadian Blood Service) weitete diese Maßnahme auch auf Personen mit Frankreichaufenthalten aus (April 2001). Das Risiko ist also sicher gering. Ob aber eine Übertragung prinzipiell möglich ist, ist eine andere Frage. Da man abnormes Prionenprotein auch außerhalb des Zentralnervensystems z.B. in den Gaumenmandeln und in der Milz nachweisen konnte, kann man nicht 100%ig ausschließen, dass es auch im Blut vorhanden ist. Nachweisen konnte man es allerdings bisher im Blut nicht. Im Tierversuch gelang eine Übertragung von Prionenerkrankungen bei Schafen mittels Blutübertragung. |
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Haben an "BSE" Verstorbene Blut gespendet? Wie geht es den Empfängern? | ||||||||
Ja, solche Fälle gibt es. Den Empfängern geht es noch gut. | ||||||||
Von den knapp 90 in England an BSE Verstorbenen haben einige vor der Erkennung der Erkrankung Blut gespendet. Den Empfängern geht es noch gut. Die Zeit ist aber zu kurz, um daraus endgültige Schlüsse ziehen zu dürfen. | ||||||||
Kann ein Mensch einen anderen anstecken? | ||||||||
Nicht bei normalem Zusammenleben. | ||||||||
Dies erscheint unter normalen Verhältnissen praktisch unmöglich. Es wurde auch noch keine Ansteckung von Familienmitgliedern der Erkrankten beobachtet. | ||||||||
Wird die Krankheit durch den Geschlechtsverkehr übertragen? | ||||||||
Höchstwahrscheinlich nicht. | ||||||||
Dazu gibt es keine Daten aber es wurde noch keine Ansteckung von Familienmitgliedern der Erkrankten beobachtet. Bei Untersuchungen anderer TSEs fand man keine Infektiosität von Samen oder von Drüsensekreten. | ||||||||
Wie steht es mit anderen Körperflüssigkeiten oder Ausscheidungen? Kann ein erkrankter Mensch damit andere anstecken? | ||||||||
Die WHO stellte 1999 eine Tabelle zusammen, in der die
Verteilung der Infektiosität im des menschlichen Körper dargestellt wurde. Die Daten
stammen zwar größtenteils von der klassischen CJD und nicht von der neuen Variante,
dürften aber weitgehend auf nvCJD ("BSE") übertragbar sein:
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Daraus ergibt sich, dass im täglichen, auch intimen Zusammenleben keine Ansteckungsgefahr für CJD gegeben ist. Ähnliches dürfte auch für nvCJD ("BSE) gelten. | ||||||||
Kann eine Schwangere die Krankheit auf ihr Kind übertragen? | ||||||||
Noch nicht geklärt, ein möglicher Fall. | ||||||||
Möglicherweise ja. Bei einer etwa 1 Jahr alten Tochter
einer Britin, die an nvCJD verstorben war, fand man auch Symptome der Erkrankung. Es wird
angenommen, dass die Infektion im Mutterleib stattgefunden hat. Bei Rindern, so erklärte das britische Landwirtschaftsministerium schon 1996, sei eine Übertragung von BSE auf ungeborene Kälber möglich. Das Infektionsrisiko eines Kalbes, dessen Mutter an BSE verstirbt, wurde als 1:100 eingeschätzt. |
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Wird die Krankheit über die Muttermilch übertragen? | ||||||||
Noch nicht sicher geklärt. | ||||||||
Eine noch ungeklärte Frage, da es ja glücklicherweise noch wenige nvCJD ("BSE")-Fälle gibt. Die Kuru-Erkrankung, eine andere Prionen Erkrankung mit Häufung in Papua, Neu Guinea, wurde in diese Richtung untersucht. Man fand, dass Säuglinge erkrankter Mütter sich nicht ansteckten. | ||||||||
Wie konnte eine Vegetarierin an nvCJD erkranken? | ||||||||
Viele Möglichkeiten. | ||||||||
Einerseits war die erkrankte Frau in Großbritannien erst seit ihrem 10 Lebensjahr Vegetarierin. Die Ansteckung könnte natürlich davor erfolgt sein. Schließlich ist bei allen Lebensmittelprodukten, auch bei solchen auf pflanzlicher Basis, die Reinheit fraglich. Papier und Etiketten (und leider auch manchmal die überprüfenden Behörden) sind geduldig. | ||||||||
Warum ist nie ein Mensch an Scrapie, einer BSE-ähnlichen Erkrankung des Schafes, erkrankt? | ||||||||
Artenschranke wurde scheinbar nie übersprungen. | ||||||||
Das liegt daran, dass die Artenschranke zwischen verschiedenen Tierarten und dem Menschen verschieden ausgeprägt ist. Bei BSE dürfte es viel mit dem Aufbau des (normalen) Prionenproteins der jeweiligen Tierart zu tun haben. Je ähnlicher das Prionenprotein dem des Menschen ist, desto leichter überspringt der Erreger die Artenschranke. Der Scrapie-Erreger hat dies offenbar noch nie geschafft. Durch den Genuss von Schaffleisch ist noch kein Mensch an Scrapie erkrankt. | ||||||||
Was ist die Artenschranke? | ||||||||
Die Artenschranke beschreibt die Tatsache, dass Erreger meist bevorzugte Wirte haben und andere Arten weniger leicht befallen können. | ||||||||
Es gibt bei der Übertragung von BSE auf andere
Tierarten oder den Menschen die sogenannte Artenschranke. Diese Artenschranke, die es auch
für viele andere Erreger (Viren, Bakterien) gibt, ist darin begründet, dass ein
bestimmter Erreger für einen bestimmten Wirt geeignet ist und für andere weniger oder
gar nicht. Die Artenschranke war es auch, die Wissenschaftler glauben ließ, dass BSE nicht auf den Menschen übertragbar wäre, was sich aber als Trugschluss herausstellte. |
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Kann man die Wirksamkeit der Artenschranke vorhersagen? | ||||||||
Noch nicht, könnte aber gelingen. | ||||||||
Die Frage ist, ob man aus dem Aufbau des
Prionenproteins vorhersagen, wie leicht eine bestimmte Artenschranke (also z.B. die von
Rind auf Schwein oder von Schaf auf Mensch) übersprungen werden kann? Das ist leider nicht so einfach. Man kann zwar die Prionenproteine verschiedener Tierarten genau analysieren und die Ähnlichkeiten und Unterschiede definieren, aber daraus die Übertragbarkeit abzuleiten, kann in die Irre führen. Es muss nämlich nicht unbedingt das ganze Prionprotein ähnlich sein, es genügen wahrscheinlich auch Ähnlichkeiten in bestimmten Schlüsselregionen, um eine Übertragbarkeit zu ermöglichen. Welche Regionen die Schlüsselregionen sind, ist noch fraglich. Das menschliche (normale) Prionenenprotein unterscheidet sich relativ stark von dem des Rindes, trotzdem ist eine Übertragung von BSE auf den Menschen möglich. |
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Man fand heraus, dass Tiere abnorme Prionen anreichern können, ohne selbst zu erkranken. | ||||||||
Gewissermaßen ist die Artenschranke ein Segen, der die
Ausbreitung von BSE behindert. 2000 kam aber eine eher beunruhigende Studie heraus, bei der man abnorme Hamsterprionen in Mäuse injizierte. Die Mäuse erkrankten zwar nicht, zeigten aber sehr wohl Anhäufungen von Prionen im Gehirn. Das heißt, Tiere könnten ohne zu erkranken BSE-Erreger beherbergen und als Überträger der Erkrankung wirken. Manche bisherigen Untersuchungen zur Artenschranke überprüften nur, ob die Versuchstiere erkrankten. In Zukunft wird man bei solchen Versuchen immer auch im ZNS nach Prionen suchen müssen, selbst wenn die Versuchstiere nicht erkranken. Natürlich sollte man auch erwähnen, dass in dieser Studie Prionen in großer Menge injiziert wurden, was wesentlich leichter zur Infektion führt als die Aufnahme geringer Dosen in der Nahrung. |
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