Progesteron
(bei der Frau)
Univ.Prof.Dr.med. Wolfgang
Hübl |
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Zusammenfassung - Name - Allgemeine
Info - Referenzbereiche Erhöhungen - Verminderungen
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ZUSAMMENFASSUNG |
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Chemische Struktur des Progesterons |
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Der Gelbkörper im Ovar produziert das
Progesteron |
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Progesteronspiegel im Blut während eines
Zyklus |
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- Das weibliche Geschlechtshormon Progesteron wird in den Eierstöcken
gebildet und zwar vor allem im sog. Gelbkörper. Während der Schwangerschaft wird
Progesteron im Mutterkuchen produziert.
- Progesteron fördert in verschiedener Weise das Zustandekommen einer
Schwangerschaft. Die wichtigste Wirkung dabei ist die Vorbereitung der Schleimhaut der
Gebärmutter auf die Einnistung der Frucht. Auch für das Gedeihen der Schwangerschaft ist
Progesteron wichtig.
- Man bestimmt Progesteron im Blut meist bei Verdacht auf ein Versagen
der Eierstöcke, speziell bei Verdacht auf die sog. Gelbkörperschwäche. Diese ist eine
häufige Ursache von Unfruchtbarkeit der Frau. Bei Gelbkörperschwäche findet man
erniedrigte Progesteronspiegel in der 2. Hälfte des Zyklus.
- Andere Formen eines Versagens der Eierstöcke zeigen ebenfalls
erniedrigte Progesteronspiegel. Auch nach der letzten Regel (Menopause) sinkt der
Progesteronspiegel ab.
- Erhöhte Progesteronspiegel findet man bei manchen
Hormon-produzierenden Tumoren, bei übermäßiger Stimulation im Rahmen einer
Fruchtbarkeitsbehandlung, bei Störungen der Hormonbildung in der Nebennierenrinde
(adrenogenitales Syndrom, AGS), sowie in der Schwangerschaft. Auch wenn sich der
Gelbkörper sich in einem Monatszyklus nicht zurückbildet, können Progesteronspiegel zu
hoch bleiben.
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Progesteron ist ein für (pro) die Schwangerschaft (Gestation)
wichtiges Hormon. Die Endung -on kommt aus der systematischen Chemie, in der man das
Progesteron Pregnen-3,20-Dion nennt.
Andere Namen: Gelbkörperhormon, Corpus-Luteum-Hormon, Luteohormon |
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Was ist Progesteron? Progesteron ist ein weibliches Geschlechtshormon. Es gehört zur Gruppe der
Gestagene. Progesteron ist das bei weitem wichtigste Gestagen.
Progesteron |
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Progesteron
Das Progesteron gehört wie die Östrogene, das Testosteron oder das
Kortisol zu den sog. Steroidhormonen, die aus 4 Kohlenstoffringen bestehen. Sehr ähnlich
gebaut ist auch das Cholesterin. Wie andere Steroidhormone, stellt der Körper auch das
Progesteron aus Cholesterin her. |
Wer produziert
Progesteron?
Progesteron wird von bestimmten Zellen in den Eierstöcken
(=Ovarien) gebildet. Hauptsächlich sind es die Zellen des sog. Gelbkörpers, die das
Progesteron bilden. Der Gelbkörper ist eine Ansammlung fettreicher, Hormon-produzierender
Zellen. Er entsteht in der zweiten Hälfte des Zyklus aus Zellen desjenigen Follikels, aus
dem das Ei gesprungen ist (siehe Abbildung).
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Progesteronproduktion in einem Eierstock im
Verlauf des Zyklus
In der ersten Zyklushälfte wird kaum Progesteron (P) gebildet. Erst in der zweiten
Zyklushälfte produziert der sog. Gelbkörper große Mengen Progesterons. |
Bei gesunden Frauen kommt nur eine geringe Menge Progesterons
aus der Nebenniere.
In der Schwangerschaft werden große Progesteronmengen in der Plazenta (Mutterkuchen)
produziert.
Progesteron
hat einen zyklischen Verlauf
Wie oben beschrieben, ist die Ausschüttung von Progesteron durch
die Eierstöcke keineswegs gleichmäßig, sondern abhängig von der Zyklusphase der Frau.
Bei der Beurteilung des Progesteronspiegels im Blut muss daher berücksichtigt werden, in
welcher Zyklusphase die Blutabnahme erfolgt ist.
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Zyklischer Verlauf des Progesterons im Blut
In der ersten Zyklushälfte ist fast kein Progesteron nachweisbar, in der zweiten Hälfte
steigt der Spiegel stark an. Es ist daher wichtig, wann das Blut abgenommen wird! |
Wie wird die
Progesteronausschüttung gesteuert?
Die Progesteronausschüttung der Ovarien wird im Rahmen des
weiblichen Zyklus gesteuert. Dafür sind Hormone FSH und LH von besonderer Bedeutung. FSH
und LH kommen aus der Hirnanhangsdrüse.
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FSH und LH wirken auf die Eierstöcke
Über das Blut gelangen FSH und LH zu den Eierstöcken und steuern deren Funktion.
Besonders das LH ist für die Progesteronproduktion wichtig: Es ist der LH-Gipfel
der Zyklusmitte, der die Bildung des Gelbkörpers auslöst und es ist das LH, das die
Hormonproduktion des Gelbkörpers stimuliert, obwohl der LH-Spiegel in der
2. Zyklushälfte nicht hoch ist. |
Welche Wirkungen
hat Progesteron?
Die wichtigsten Wirkungen von Progesteron sind:
- Vorbereitung der Schleimhaut der Gebärmutter auf die
Einnistung der Frucht
In der ersten Zyklushälfte wächst die Schleimhaut der Gebärmutter unter
Östrogeneinfluss. Nach dem Eisprung wird die Schleimhaut durch die Wirkung Progesterons
auf die Einnistung des befruchteten Eis vorbereitet: Die Drüsen werden aktiv, sie sondern
nahrhafte Flüssigkeit ab ("Uterusmilch"). Diese bietet dem noch nicht
eingenisteten Ei Nahrung. Auch in den Schleimhautzellen werden Nährstoffe (Glykogen,
Lipide) eingelagert, die später der Ernährung der frühen, eingenisteten Frucht dienen.
- Verminderung der Muskelaktivität der Gebärmutter
Progesteron vermindert die Häufigkeit und Stärke der Kontraktionen der
Muskulatur der Gebärmutter. Dies verhindert eine Abstoßung der eingenisteten Frucht.
- Wahrscheinlich hat Progesteron noch eine andere eine
schwangerschaftsfördernde Wirkung: Durch Anregung der Schleimhaut der Eileiter sondern
diese nahrhafte Flüssigkeit für das befruchtete Ei ab, das ja zuerst durch den Eileiter
wandern muss, bevor es zur Gebärmutter kommt.
- Progesteron fördert das Wachstum der Brustdrüse
Die in der Schwangerschaft sehr hohen Progesteronspiegel helfen die
Brustdrüse auf die Milchbildung vorzubereiten.
- Progesteron erhöht Körpertemperatur
Die höhere Körpertemperatur in der zweiten Zyklushälfte ist durch Progesteron
verursacht.
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Warum bestimmt
man Progesteron im Blut?
- Bestimmung als Teil der Hormonuntersuchungen der Frau
Z.B. wegen Hinweisen auf Versagen der Eierstöcke (Ovarialinsuffizienz) bei
unregelmäßigen Blutungen oder unerfülltem Kinderwunsch. Für die meisten
Fragestellungen wird man aber eine eigene Blutabnahme für die Bestimmung des
Progesteronspiegels benötigen, da die anderen Hormone üblicherweise in der frühen
1. Zyklushälfte, das Progesteron aber in der Mitte der 2. Zyklushälfte
gemessen werden muss.
- Verdacht auf Gelbkörperschwäche (Corpus luteum
Insuffizienz)
Die "Schwäche" des Gelbkörpers ist die leichteste Ausprägung eines
Versagens der Eierstöcke (Ovarialinsuffizienz). Näheres zur Gelbkörperschwäche siehe
unter Verminderung.
- Nachweis eines stattgefundenen Eisprungs
Steigt das Progesteron in der 2. Zyklushälfte regelrecht an, spricht das für
einen stattgefundenen Eisprung.
- Überwachung der Stimulationsbehandlung
Bei der Behandlung von unerfülltem Kinderwunsch ist häufig eine Stimulation der
Eierstöcke notwendig. Diese kann man mit Hilfe der Bestimmung des Progesteronspiegels
überwachen.
Bei Bestimmungen am 10. und 12. Tag kann ein höherer Progesteronspiegel anzeigen,
dass sich schon ein Gelbkörper bildet oder dass der Eisprung bevorsteht. Etwa 6 und 10
Tage nach dem Eisprung kann der Progesteronspiegel zeigen, ob die Funktion des
Gelbkörpers ausreichend ist (siehe auch Gelbkörperschwäche).
- Nachweis Progesteron-produzierender Tumoren
- Beobachtung der Frühschwangerschaft und Nachweis von
Schwangerschaften außerhalb der Gebärmutter (ektope Gravidität)
Für diese Fragestellungen wird der Progesteronspiegel kaum noch bestimmt.
- Überwachung einer Behandlung mit Progesteron
Eine Kontrolle des Progesteronspiegels wird meist nicht notwendig sein.
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Was ist bei der Blutabnahme und der
Progesteronbestimmung zu beachten?
- Zyklustag sollte bekannt sein
Der Progesteronspiegel schwankt normalerweise im Verlauf des Monatszyklus sehr
stark. Je nach Fragestellung muss man daher an einem bestimmten Zyklustag Blut abnehmen.
- Mehrmalige Messung vorteilhaft
Um zu vermeiden, dass kurzfristige Schwankungen das Ergebnis verfälschen,
kann man mehrmals Blut abnehmen und den Mittelwert der einzelnen Ergebnisse bilden.
Alternativ wäre auch ein Poolen ("Zusammenleeren") der verschiedenen
Blutproben und eine Messung der gepoolten Probe möglich.
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REFERENZ-
BEREICHE
PROGESTERON: |
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µg/l
= ng/ml |
nmol/l |
1. Zyklushälfte
(=Follikelphase) |
< 1 |
< 3.2 |
Frühe
2. Zyklushälfte
(=frühe Lutealphase) |
> 5 |
> 16 |
Mittlere
2. Zyklushälfte
(=mittlere Lutealphase) |
> 12 |
> 38.4 |
Postmenopause
(d.h. nach der letzten Regel) |
< 1 |
< 3.2 |
Unter oralen
Kontrazeptiva
(unter Einnahme der "Pille") |
< 1 |
< 3.2 |
Vor der Pubertät |
< 1 |
< 3.2 |
1. Drittel der
Schwangerschaft |
11.2
90.0 |
35.7
286 |
2. Drittel der
Schwangerschaft |
25.6
89.4 |
81.3
284 |
3. Drittel der
Schwangerschaft |
48.4
423 |
154 - 1344 |
Umrechnungsfaktor: nmol/l = 3.18 x
µg/l |
Referenzwerte nach Knabbe
in: Klinische Endokrinologie für Frauenärzte, 2005.
Schwangerschaftswerte des ACS-180®-Analysensystems der Bayer Health Care. |
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Hinweis: aus isolierten, leichten Erhöhungen
oder Erniedrigungen von Laborwerten kann man in den allermeisten Fällen keine
Schlussfolgerungen auf irgendeine Erkrankung ziehen. Liegen also nur leichte
Veränderungen vor, muss keineswegs irgendeine der nachfolgend genannten Erkrankungen oder
Veränderungen vorliegen! |
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ERHÖHUNG VON
PROGESTERON: |
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- Schwangerschaft
Die Schwangerschaft ist eine normale Entwicklung, keine krankhafte
Veränderung. Es gelten daher auch andere, höhere Normalbereiche für das Progesteron.
Sie ist hier dennoch angeführt, weil sie bei der Abklärung erhöhter Progesteronspiegel
nicht vergessen werden soll.
- Einnahme Progesteron-haltiger
Medikamente
- Überstimulation bei der Fruchtbarkeitsbehandlung
- Nichtrückbildung (Persistenz) des Gelbkörpers
Selten kommt es dazu, dass sich der Gelbkörper nicht regelrecht
zurückbildet. Das kann zu erhöhten Progesteronspiegeln führen. Hinweise darauf kann man
bei der Ultraschalluntersuchung finden.
- Adrenogenitales Syndrom (AGS)
Übersetzt: eine Erkrankung, die die Nebenniere und die Geschlechtsorgane
betrifft. Wobei die Ursache in der Nebenniere liegt. Diese produziert normalerweise mit
Hilfe verschiedener Enzyme (Biokatalysatoren) verschiedene Hormone. Fehlt eines dieser
Enzyme, dann können manche Hormone nicht gebildet werden. Statt dessen werden dann aber
andere Hormone in zu großer Menge gebildet. Werden fälschlicherweise zu viele
männliche Hormone gebildet, kann das zu Vermännlichungserscheinungen bei Mädchen oder
Frauen führen.
Ursache sind defekte Gene. Der häufigste Defekt ist der sog. 21-Hydroxylasedefekt.
Die Krankheit ist angeboren. Sie kann sich bereits bei der Geburt äußern (z.B. durch
eine vergrößerte Klitoris) oder aber erst in der Pubertät (fehlende oder
unregelmäßige Blutungen, abnorme Körperbehaarung, Akne). Progesteronspiegel können
erhöht sein, werden aber nicht für die Diagnosefindung verwendet. Die Diagnose erfolgt
durch die Bestimmung anderer Hormone oder Nachweis des defekten Gens. Näheres
siehe im Abschnitt "Adrenogenitales
Syndrom".
- Tumoren (selten)
Einerseits können Tumoren selbst Progesteron produzieren. Andererseits können
Tumoren, die LH- oder HCG-produzieren, indirekt zu einer Erhöhung des Progesteronspiegels
führen, da das LH und das HCG die Progesteronproduktion anregen.
In Frage kommen z.B. Tumoren der Eierstöcke, Tumoren, die sich aus dem
Mutterkuchen entwickeln (Blasenmole, Chorionepitheliom; diese produzieren HCG), Tumoren
der Hirnanhangsdrüse (produzieren gelegentlich LH), seltener andere Tumoren.
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VERMINDERUNG
VON PROGESTERON: |
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- Gelbkörperschwäche (Corpus luteum-Insuffizienz)
Durchführung von 3 Blutabnahmen im Abstand von 2 Tagen um die Mitte der
2. Zyklushälfte frühestens 5 Tage nach dem Eisprung. Ein mittlerer
Progesteronspiegel unter 10 µg/l weist auf eine Gelbkörperschwäche hin.
Die Gelbkörperschwäche |
Die Gelbkörperschwäche ist keine eigene Erkrankung. Sie
ist eine leichte Funktionsstörung der Eierstöcke (Ovarialinsuffizienz), bei der es zu
einer Störung der Funktion des Gelbkörpers kommt. Auch unter normalen Umständen kann
man einige Jahre vor der letzten Regelblutung (Menopause) häufig Gelbkörperschwächen
beobachten. Ebenso einige Monate nach der ersten Regelblutung.
Zeichen: Die Gelbkörperschwäche äußert sich in einer
Verkürzung der 2. Zyklushälfte, einem schleppenden Anstieg der Körpertemperatur in
der 2. Zyklushälfte oder durch Schmierblutungen um den Menstruationstermin. Im Blut
zeigen sich zu niedrige Progesteron- und oft gleichzeitig zu niedrige Östradiolspiegel,
weil der Gelbkörper zu wenig Hormone produziert.
Mit dem Ultraschall könnte man eine unzureichende Entwicklung der
Gebärmutterschleimhaut feststellen und in manchen Fällen auch eine frühzeitige
Entstehung des Gelbkörpers im Eierstock beobachten.
Nachweis: Progesteronspiegelbestimmung im Blut,
Ultraschalluntersuchung des reifenden Follikels im Eierstock und der
Gebärmutterschleimhaut.
Folgen: Durch die verminderte Progesteronproduktion ist die
Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft vermindert. Die Gelbkörperschwäche ist eine
häufige Ursache der Unfruchtbarkeit der Frau. Auch prämenstruelle Beschwerden können
verstärkt auftreten.
Ursachen: Die Ursachen der Gelbkörperschwäche sind vielfältig.
Mögliche Ursachen eines Versagens der Eierstöcke sind weiter unten angeführt. Viele dieser Ursachen verursachen
schwerere Funktionsstörungen (z.B. fehlende Regelblutungen), manche können aber auch
lediglich zu einer Gelbkörperschwäche führen.
Behandlung: Behandeln lässt sich die Gelbkörperschwäche meist
mit Medikamenten (Clomiphen, FSH, Progesteron). |
- Ausbleibender Eisprung
Ein regelrechter Anstieg des Progesterons in der zweiten Zyklushälfte spricht
dafür, dass ein Eisprung stattgefundenen hat. Ist der Anstieg ungenügend, könnte der
Eissprung ausgeblieben sein (Anovulation). Auch ein ausbleibender Eisprung ist Ausdruck
eines Versagens der Eierstöcke (Ovarialinsuffizienz).
- Versagen der Eierstöcke: Primäre oder sekundäre Ovarialinsuffizienz
Das Versagen der Eierstöcke nennt man Ovarialinsuffizienz. Die Ursache dafür
liegt entweder in den Eierstöcken selbst (primäre Ovarialinsuffizienz) oder in den
übergeordneten Steuerzentren (Hirnanhangsdrüse, Hypothalamus). Gelbkörperschwäche
und Zyklen ohne Eisprung sind Folgen einer Ovarialinsuffizienz. Über die möglichen
Ursachen der primären und sekundären Ovarialinsuffizienz siehe weiter unten.
- LUF (luteinized unruptured follicle)-Syndrom
Das Syndrom des ungeplatzten Follikels. Dabei platzt der sprungreife Follikel
nicht, es erfolgt also kein Eisprung. Es kommt aber dennoch zu einer Entstehung eines
Gelbkörpers (d.h. die sog. Luteinisierung findet statt). Dieser Gelbkörper produziert
aber nicht so viel Progesteron wie ein regelrecht, nach dem Eisprung entstandener. Die
Progesteronspiegel sind demnach erniedrigt.
Die Ursache des LUF-Syndroms, das man zu den Gelbkörperschwächen zählen kann,
ist nicht bekannt. Erkennen kann man es durch Ultraschalluntersuchungen.
- Nach der letzten Regel (Postmenopause)
Die Postmenopause ist eine normale Entwicklung, keine krankhafte Veränderung.
Es gelten daher auch andere, niedrigere Normalbereiche für das Progesteron. Sie ist hier
dennoch angeführt, weil sie bei der Abklärung erniedrigter Progesteronspiegel nicht
vergessen werden soll.
- Relativ zu niedrige Werte bei einer Schwangerschaft außerhalb der Gebärmutter (ektope
Gravidität)
Bleibt das befruchtete Ei außerhalb der Gebärmutter hängen (z.B. im
Eileiter) dann kann sich die Frucht nicht regelrecht entwickeln. Ein Zeichen dafür sind
verminderte Progesteronspiegel im Blut der Mutter: Weniger als 5 µg/l am Ende der
4. Schwangerschaftswoche (SSW), weniger als 10 µg/l am Ende der 5. SSW und
weniger als 20 µg/l am Ende der 6. SSW sprechen mit hoher Wahrscheinlichkeit
für eine Schwangerschaft außerhalb der Gebärmutter (Stern, Human Reproduction, 1993).
Heute verwendet man zur Erkennung einer ektopen Schwangerschaft aber meistens das HCG.
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DIE OVARIAL-
INSUFFIZIENZ |
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Die Ovarialinsuffizienz (das Versagen der Eierstöcke)
Prinzipielle
Ursachen eines Versagens der Eierstöcke
(Ovarialinsuffizienz) |
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I. Problem der Eierstöcke
(primäre Ovarialinsuffizienz)
Sie produzieren nicht genug Hormone: Hormonspiegel niedrig. Die Steuerzentren
versuchen sie verstärkt anzutreiben: FSH- und LH-Spiegel hoch. |
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II. Problem der
Steuerzentren
(sekundäre Ovarialins.)
Problem in Hypothalamus oder Hypophyse führt zu Verminderung des FSH- und
LH-Spiegels. Folge: Eierstöcke werden nicht ausreichend zur Hormonproduktion angeregt. |
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I. Erkrankungen
oder Schädigungen beider Eierstöcke (primäre Ovarialinsuffizienz)
In diesen Fällen sind die Eierstöcke selbst "schuld" an
den niedrigen Hormonspiegeln. Die Steuerzentren (die Hirnanhangsdrüse und der
Hypothalamus) werden dies merken und versuchen, die Eierstöcke durch vermehrte Produktion
von FSH und LH anzutreiben. Die FSH und LH-Spiegel im Blut werden daher vermehrt
sein.
- Autoimmunerkrankungen (vor allem der Schilddrüse)
Autoimmunerkrankungen sind Krankheiten, bei denen sich unsere Abwehr gegen die eigenen
Zellen und Organe richtet. Dabei können auch die Eierstöcke mitbetroffen sein.
Als Beispiele für Erkrankungen seien die Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse
(Hashimoto-Thyreoiditis), der Nebenniere (Morbus Addison), der Bauchspeicheldrüse
(Diabetes Typ I), der Nebenschilddrüsen (Hypoparathyreoidismus) oder der Muskeln
(Myasthenia gravis) genannt. Oft wird man die Beteiligung der Eierstöcke nur vermuten
können. Um diese zu beweisen, müsste man eine Gewebsprobe entnehmen.
- Schädigungen beider Eierstöcke
Ursachen hierfür können Bestrahlungen oder Chemotherapie sein.
Seltenere Ursachen sind beidseitige Virusinfektionen (z.B. bei Mumps), beidseitige
Entfernung bei Tumoroperationen, Ablagerung schädigender Stoffe bei der
Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose) oder bei der angeborenen
Milchzuckerunverträglichkeit (Galaktosämie).
- Seltene Ursachen einer Funktionsstörung der
Eierstöcke
- Fehlbildung oder Fehlen der Eierstöcke bzw.
Geschlechtsdrüsen
Kommt meist bei Abweichungen vom normalen Chromosomen-Muster vor. Die Häufigste
Abweichung ist das Fehlen des zweiten X-Chromosoms (Turner-Syndrom). Bei manchen dieser
Erkrankungen besteht das Risiko einer bösartigen Entartung der fehlgebildeten
Geschlechtsdrüsen. Diese müssen in solchen Fällen entfernt werden. Daher halten es
manche für notwendig, bei allen Frauen unter 30 Jahren mit erhöhten FSH und LH-Spiegeln
eine Chromosomenuntersuchung durchzuführen, um diese Krankheiten sicher erkennen zu
können.
- Syndrom der gonadotropinresistenten Ovarien (Resistant
ovary syndrome)
Die Eierstöcke (Ovarien) sind zwar vorhanden, hätten auch genug Follikel, reagieren aber
nicht auf FSH und produzieren daher zu wenig Hormone. Diagnose erfordert den Ausschluss
anderer Ursachen und den Nachweis vorhandener Follikel im Ovar (Gewebsprobe, ev.
Ultraschall).
- Gestörte Hormonproduktion in den Eierstöcken.
Sehr selten führen Fehler im Erbmaterial zu einer gestörten Hormonproduktion
(17a-Hydroxylasedefekt, Aromatasedefekt).
- Vorzeitiges Klimakterium unbekannter Ursache
(idiopathische primäre Ovarialinsuffizienz)
Aufhören der Eierstockfunktion vor dem 40. Lebensjahr ohne definierbare Ursache.
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II. Ovarialinsuffizienz wegen verminderter oder "zu
niedriger"* FSH oder LH-Spiegel (sekundäre Ovarialinsuffizienz) *Dass verminderte FSH- und LH-Spiegel zu einer verminderten Hormonproduktion
führen können, leuchtet ein. Aber auch normale FSH- und LH-Spiegel können abnorm und
Zeichen einer Krankheit sein. Dann nämlich, wenn die Eierstöcke nicht ausreichend
funktionieren und zuwenig Hormone produzieren (Ovarialinsuffizienz). Dann sollten die
Eierstöcke eigentlich mit hohen FSH- und LH-Spiegeln zu mehr Leistung angetrieben werden.
Wenn das nicht passiert und die FSH- und LH-Spiegel nicht erhöht sind, ist das ein
Zeichen, dass die Steuerzentren (Hirnanhangsdrüse und Hypothalamus) nicht ordentlich
funktionieren, ja dass die Hirnanhangsdrüse oder der Hypothalamus schuld daran sind, dass
die Eierstöcke nicht ausreichend Hormone produzieren (das nennt man auch sekundäre
Ovarialinsuffizienz).
A. Erkrankungen
der Hirnanhangsdrüse
(Die Hirnanhangsdrüse soll FSH- und LH ausschütten, die wiederum die
Hormon-Produktion in den Eierstöcken anregen. Ist die Hirnanhangsdrüse geschädigt, ist
die Ausschüttung dieser Hormone vermindert)
Ursachen:
- Tumoren
- andere Raumforderungen (Sarkoidose)
- Bestrahlungen
- Verletzungen
- chirurgische Entfernung der Hirnanhangsdrüse
- Schädigung der mütterlichen Hirnanhangsdrüse bei der Geburt
(Sheehan-Syndrom)
- Schlaganfälle
- Autoimmunerkrankungen
- Eisenablagerungen bei Eisenspeicherkrankheit
- Veränderungen des GnRH-Rezeptors (GnRH-Rezeptormutationen)
Damit das vom Hypothalamus ausgeschüttete GnRH die Hirnanhangsdrüse zur FSH- und
LH-Produktion antreiben kann, bindet es an bestimmte Rezeptoren
("Andockstellen") auf den Zellen der Hirnanhangsdrüse. Diese Rezeptoren nennt
man GnRH-Rezeptoren. Sind diese durch eine Mutation verändert, kann es sein, dass das
GnRH nicht mehr andocken kann (oder dass das Andocken keine Reaktion auslöst). Diese erst
in den letzten Jahren erkannte Erkrankung könnte die Ursache so mancher Fälle mit
erniedrigten Östradiol-, Progesteron-, FSH- und LH-Spiegeln sein, für die man bisher
keine Ursache finden konnte.
B. Störungen
der Funktion oder Erkrankungen des Hypothalamus
(Der Hypothalamus soll GnRH ausschütten und damit die Hirnanhangsdrüse
zur FSH- und LH-Ausschüttung anregen. Ist der Hypothalamus geschädigt, ist die
GnRH-Ausschüttung, in Folge auch die FSH- und LH-Ausschüttung und in weiterer Folge die
Hormonausschüttung der Eierstöcke vermindert)
Ursachen:
- Psychogene Störungen
Umwelt- und soziale Faktoren können die GnRH-Ausschüttung beeinflussen.
Häufige, aber schwer sicher nachzuweisende Ursache.
- Chronischer Stress
Schuld ist wahrscheinlich die vermehrte Endorphin- und CRH-Ausschüttung
(CRH ist ein Hormon, das letztlich die Glukokortikoidausschüttung
in der Nebenniere steigert)
- Extremsport
Auch Sport löst Stressreaktionen aus. Daneben sinkt bei niedrigem
Körperfettanteil auch die Leptin-Produktion (Leptin ein vom Fettgewebe produziertes
Hormon. Es fördert die GnRH- und auch die FSH- und LH-Ausschüttung).
- Magersucht (Anorexie)
Auch hier dürfte die verminderte Ausschüttung des Fetthormons Leptin die
Hauptursache für die meist niedrigen FSH- und LH-Spiegel sein
- Angeborene Fehlbildungen (selten)
Selten kommen angeborene Fehlbildungen vor, die den Hypothalamus oder den
Hypophysenstiel mitbetreffen. Z.B. Kallmann-Syndrom (auch Riechstörung) oder
Prader-Labhart-Willi-Syndrom.
- Hormonelle Störungen
Ein zu hoher Spiegel des Hormons Prolaktin
(Hyperprolaktinämie), ein zu hoher aber auch ein zu niedriger Spiegel der Schilddrüsenhormone sowie ein zu hoher Spiegel männlicher
Hormone (Hyperandrogenämie) können die GnRH-Ausschüttung des Hypothalamus vermindern.
- Andere Ursachen einer Schädigung des Hypothalamus
- Tumoren, Metastasen
- andere Raumforderungen (Sarkoidose)
- Bestrahlungen
- Verletzungen
- Schlaganfälle
- Infektionen
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