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BSE - DIVERSES

Warum wurde Österreich vom wissenschaftlichen EU-Lenkungsausschuss eine Risikostufe besser als Deutschland eingestuft?
Wie lauten die Risikogruppen des wissenschaftlichen Lenkungsausschusses der EU?
Risiko im Urlaub? Die Einstufung verschiedener Länder.
Kann auch bei Verwendung ausschließlich tiermehlfreien Futters eine Ansteckungsgefahr für die Rinder bestehen?
Gibt es absolut sicheres Tiermehl?
Wird im Schlachthof gefährliches Gewebe verschleppt?
Macht die Tötungsart des Rindes einen Unterschied?
Ist koscheres Rindfleisch sicherer?
Wie weist man BSE beim toten Rind nach?
In Deutschland wurde von einem falsch negativen Schnelltest berichtet (01.2001). Sind Schnelltests unzuverlässig?
In Österreich war ein Fall im Ersttest positiv, bei späteren Tests negativ. Ist dies bedenklich? Wurde da etwas vertuscht?
Wann wird es Tests geben, die beim lebenden Rind funktionieren?
Wie kann man die Erkrankung beim Menschen nachweisen?
Welche Schutzmaßnahmen wurden getroffen?
Ist die Tötung der gesamten Herde bei Auftreten eines Falles gerechtfertigt?
Ist die aktuelle BSE-Angst berechtigt?
Entschuldigung und Mahnung eines politischen Zeitzeugen der 1. britischen BSE-Krise

 


Warum wurde Österreich vom wissenschaftlichen EU-Lenkungsausschuss eine Risikostufe besser als Deutschland eingestuft? Zum Seitenanfang
Weil Österreich durch verschiedene Umstände ein geringeres Risiko aufweist.
Österreich wurde in die Risikogruppe 2, Deutschland in Risikogruppe 3 gestuft. Faktoren dieser Einstufung waren z.B. die Importe von lebenden Tieren oder Tiermehl, interne Kontrollsysteme, Verwendung von Risikonahrungs- und Futtermitteln, Technik der Tiermehlherstellung. Dabei schnitt Österreich aus verschiedenen Gründen besser ab als Deutschland. Ein wichtiger Grund war auch, dass in Österreich pflanzliches Futter anstelle von Tiermehl bei der Rinderhaltung verwendet wurde (Verbot der Verfütterung von Tiermehl an Wiederkäuer seit 1990, Deutschland erst seit 1994). Da aber die Tiermehlfütterung anderer Tiere erlaubt war, kann eine fallweise Verfütterung an Rinder nicht völlig ausgeschlossen werden.

In Deutschland wurden bis 1993 etwa 13.000 britische Rinder importiert und in den Jahren 1988 und 89 etwa 1.200 Tonnen britisches Tiermehl.

In der gesamten EU wurde inzwischen die Tiermehlverfütterung für alle Tiere verboten (seit 1.1.2001).


Wie lauten die Risikogruppen des wissenschaftlichen Lenkungsausschusses der EU? Zum Seitenanfang
Risikogruppe 1: vernachlässigbares Risiko

Risikogruppe 2: BSE unwahrscheinlich aber nicht ausgeschlossen

Risikogruppe 3: BSE nicht nachgewiesen, aber wahrscheinlich oder in geringen Fallzahlen nachgewiesen

Risikogruppe 4: Hohe BSE Fallzahlen im Land


Risiko im Urlaub? Die Einstufung verschiedener Länder. Zum Seitenanfang
Land Risikogruppe Trend*

Europa

Albanien 3
Belgien 3    
Dänemark 3 abnehmend
Deutschland 3    
England 4 abnehmend
Estland 3
Finnland 2 abnehmend
Frankreich 3 abnehmend
Irland 3 abnehmend
Italien 3    
Litauen 3
Luxemburg 3    
Niederlande 3 abnehmend
Norwegen 1    
Österreich 2 abnehmend
Polen 3
Portugal 4 abnehmend
Rumänien 3
Spanien 3 abnehmend
Schweden 2 abnehmend
Schweiz 3 abnehmend
Slowakei 3
Slowenien 2
Tschechei 3
Ungarn 3
Zypern 3
Nordamerika
USA 2    
Kanada 2    
Süd- und Mittelamerika
Argentinien 1    
Brasilien 1
Chile 1    
Costa Rica 1    
Kolumbien 2
Nicaragua 1
Paraguay 1   
Uruguay 1
Afrika
Botswana 1
Kenia 2
Mauritius 2
Namibia 1
Swaziland 1
Asien
Indien 2
Pakistan 2
Singapore 1
Australien 1    
Neuseeland 1    
Einstufung veröffentlicht vom Wissenschaftlichen Lenkungsausschuss der EU am Juli 2000 bzw. April und Mai 2001.
Viele Länder wurden bisher noch nicht eingestuft.

*Wegen der inzwischen in der EU gesetzten Maßnahmen wird man den Trend in allen EU Ländern als abnehmend bezeichenen können.


Kann auch bei Verwendung ausschließlich tiermehlfreien Futters eine Ansteckungsgefahr für die Rinder bestehen? Zum Seitenanfang
Ja, Tiermehl wurde auch verbotenerweise beigemischt.
Das bayrische Landwirtschaftsministerium untersuchte 2000 stichprobenartig 38 Futtermittel und fand bei fast 20% Tiermehlbeimengungen. Es könnte also auch bei scheinbar Tiermehl-freier Aufzucht der Rinder Tiermehl verfüttert worden sein.
Außerdem könnte auch die Milchaustauscher-Fütterung des Kalbes zur Infektion geführt haben.

Gibt es absolut sicheres Tiermehl? Zum Seitenanfang
Tiermehl wurde sicherer, aber absolut sicher ist es deswegen noch nicht.
Man versucht Tiermehl durch Drucksterilisation (20 Minuten unter hohem Druck bei 133°C) sicher zu machen (in Deutschland seit 1.7.2000 vorgeschrieben), es gibt aber keinerlei Daten, die belegen würden, dass damit alle Prionen in ausreichendem Maß inaktiviert werden.
In Deutschland werden jährlich 600000 Tonnen Tiermehl produziert.

Wird im Schlachthof gefährliches Gewebe verschleppt? Zum Seitenanfang
Das wäre denkbar. Deswegen werden Methoden entwickelt, dieses Risiko zu vermindern.
Die Verschleppungsgefahr im Schlachthof ist nicht völlig auszuschließen daher sind neue Schlachtmethoden in Entwicklung, die die Gefahr weiter reduzieren sollen.

Dazu noch zwei Gedanken: 1. Das BSE Risiko scheint nach heutigem Wissenstand von der Menge der aufgenommenen Erreger abhängig zu sein. Das heißt, dass die nie ganz auszuschließende Verunreinigung mit kleinsten Mengen Risikomaterials nicht unbedingt eine Gefahr darstellt. 2. In Ländern mit wenigen BSE Fällen ist natürlich auch das Verschleppungsrisiko Risiko klein.


Macht die Tötungsart des Rindes einen Unterschied? Zum Seitenanfang
Ja, das ist sehr wahrscheinlich.
Beim Schlachten kann verschieden vorgegangen werden. Mit einem Bolzenschuss wird das Rind erst einmal betäubt. Diese Bolzen dringen meist in das Gehirn ein, aber nur einige Zentimeter. Danach lässt man das Tier ausbluten.

Damit das Tier während des Ausblutens die Schlächter nicht durch Zuckungen verletzt, ist es mancherorts üblich, auch noch das Stammhirn und Teile des Rückenmarks zu zerstören. Dies geschieht entweder mit einem längeren Stab (dem "Rückenmarkszerstörer"), den man durch das Loch, das der Bolzen geschlagen hat, einführt, oder durch ein Druckluftsystem (pneumatischer Bolzenschussapparat).

Einzelne Publikationen berichten von dem Übertreten von Hirngewebeteilen in den Blutkreislauf (wo sie sicher bis zur Lunge kommen) bei Verwendung des Rückenmarkzerstörers oder der pneumatischen Methoden. Diese Methoden sind daher abzulehnen.


Ist koscheres Rindfleisch sicherer? Zum Seitenanfang
Theoretisch ja. Studien gibt es keine dazu.
Bei der koscheren Schlachtung wird das Rind meist mit einem Elektrisierer betäubt und dann ausgeblutet. Das Risiko einer Verschleppung von Hirngewebe ist damit ausgeschlossen. Koscheres Fleisch sollte daher theoretisch sicherer sein. Wissenschaftliche Ergebnisse dazu liegen nicht vor. Auch dieser Faktor spielt natürlich in Ländern mit geringen BSE-Fallzahlen eine geringere Rolle.

Wie weist man BSE beim toten Rind nach? Zum Seitenanfang

bsdi01.gif (3667 Byte)

Beispiel
eines
Blots

Der Nachweis von BSE erfolgt in mehreren Schritten. Am Beginn stehen einfache Tests, die möglichst rasch Ergebnisse liefern sollen, preiswert sein sollen und möglichst alle erkrankten Tiere erfassen sollen. Man nimmt dabei in Kauf, dass diese Tests manche Proben fälschlicherweise als BSE-positiv bewerten. Solche Tests werden auch als Screening-Tests bezeichnet. Bei allen positiven oder nicht eindeutig negativen Proben werden dann kompliziertere aber zuverlässigere Tests angeschlossen. Diese Tests nennt man auch Bestätigungstests

Screeningtest (dauern ca. 8h):
BSE-Schnelltest: Trennung der normalen von den BSE-Prionen (z.B. durch Entfernung der normalen Prionen mittels eines Enzyms, der Proteinase K). Nachdem nur mehr die abnormen BSE-Prionenproteine übrig geblieben sind, weist man diese mittels spezieller Antikörper nach.

Bestätigungstests (dauern 2 bis 4 Tage):

  1. Histologische Untersuchung (= mikroskopische Betrachtung eines gefärbten Hirngewebeschnittes). BSE-typische Veränderungen sind erkennbar, aber erst, wenn die Krankheit voll ausgebrochen ist.
  2. Immunhistochemische Untersuchung. Auch hierbei werden Hirnschnitte mikroskopisch untersucht. Vorher werden aber die Prionenproteine mittels spezieller Antikörper sichtbar gemacht.
  3. Western-Blot-Verfahren (auch Immuno-Blot genannt). Aufwendiges, aber derzeit verlässlichstes Verfahren. Auftrennung der Hirngewebsproteine mittels Elektrophorese. Dabei werden die Bestandteile entsprechend ihrer Ladung und ihres Molekulargewichtes aufgetrennt. Dann wird die aufgetrennte Probe auf ein Filterpapier übertragen (geblottet), auf dem ein Nachweis möglich ist. Dieser Nachweis wird dann mittels spezieller Antikörper durchgeführt. Ein positives Ergebnis sollte also nicht nur eine Anfärbung, sondern eine Anfärbung an bestimmten Stelle ergeben (siehe Abbildung auf der linken Seite). Die Methode ist daher auf Störsubstanzen, die falsch positive Ergebnisse liefern könnten weniger anfällig.

In Österreich wird der "Prionics"-Test, der Schweizer Firma Prionics (Jänner 2001 vom Pharmariesen Roche übernommen) verwendet, ein Immunoblotverfahren, das in einer EU-Studie an 1300 Proben (300 positive und 1000 negative) eine Spezifität und Sensitivität von 100% erreichte. Diese Werte sind hervorragend. Nichtsdestoweniger muss man bei jedem, auch noch so gutem Testverfahren mit vereinzelten, falsch negativen und falsch positiven Resultaten rechnen.


In Deutschland wurde von einem falsch negativen Schnelltest berichtet (01.2001). Sind Schnelltests unzuverlässig? Zum Seitenanfang
Jeder Test hat auch falsch negative Resultate.
Wie erwähnt, gibt es keinen Test der nicht manche kranke Rinder übersieht und manche gesunde Rinder fälschlich als krank einstuft. Entscheidend für die Qualität eines Tests ist, wie viele falsch negative und falsch positive Ergebnisse er liefert. 100%e Sicherheit gibt kein Test der Welt.

In Österreich war ein Fall im Ersttest positiv, bei späteren Tests negativ. Ist dies bedenklich? Wurde da etwas vertuscht? Zum Seitenanfang
Nein.
Es ist völlig normal, dass als erster Screening(=Such)test ein einfacherer Test zum Einsatz kommt. Diesen Test kann man rasch und in großer Anzahl durchführen. Dass bei solchen Tests falsch positive Resultate herauskommen, ist nicht überraschend.

Wann wird es Tests geben, die beim lebenden Rind funktionieren? Zum Seitenanfang
Vielleicht noch 2001.
Man hofft solche Tests noch in diesem Jahr (2001) zu entwickeln und zur Marktreife zu bringen. Zweifel an der ausreichenden Empfindlichkeit der Tests sind aber angebracht.

Wie kann man die Erkrankung beim Menschen nachweisen? Zum Seitenanfang
Sicherer Nachweis erst nach dem Tod, Tests ähnlich wie beim Rind.

Welche Schutzmaßnahmen wurden getroffen? Zum Seitenanfang
Die wichtigsten:
  • Rinderherden mit BSE Fällen werden geschlachtet und verbrannt
  • In England werden alle Tiere, die älter als 30 Monate sind verbrannt.
  • Tiermehlverfütterung an Wiederkäuer wurde verboten (Österreich ab 1990, Deutschland ab 1994).
  • Verschärfung der Vorschriften zur Beseitigung tierischer Abfälle (133°C, 3 bar, 20 Minuten; ab 1.4.97)
  • Später wurde die Verfütterung von Tiermehl an alle Tiere untersagt (EU weit ab 1.1.2001 befristet, unbefristete Ausdehnung geplant).
  • Verwertung von Hochrisikomaterialien (Kopf mit Hirn, Rückenmark, Augen und Gaumenmandeln; Hüftdarm (=unterer Dünndarm, lat. Ileum) ist seit Oktober 2000 verboten. Die Definition der Risikomaterialien wurde später auf den gesamten Darm und auf die Wirbelsäule ausgedehnt.
  • BSE-Testung aller geschlachteten Rinder über 30 Monate (EU weit ab 1.7.2001, Österreich und Deutschland führen diese Tests freiwillig ab 1.1.2001 durch), Deutschland senkt die Grenze ab 25.1. freiwillig auf 24 Monate.
  • Verwendung von tierischen Fetten für Milchaustauscher zur Kälberfütterung verboten (EU weites Verbot geplant)
  • Ab dem 1.3.2000 dürfen in der EU tote Tiere, die für den menschlichen Verzehr nicht geeignet wären, auch nicht mehr als Tierfutter verwendet werden. Das Prinzip soll später auch auf alle anderen gewonnenen Tierprodukte ausgedehnt werden.
  • Ab 17.1.2001 wird in Österreich die Verwendung von Separatorenfleisch untersagt

Ist die Tötung der gesamten Herde bei Auftreten eines Falles gerechtfertigt? Zum Seitenanfang
Kontroversielle Meinungen, einfache Antwort nicht möglich.
Eine sehr kontroversiell diskutierte Frage, besonders in Bayern, dem am meisten betroffenen Gebiet Deutschlands. De facto beobachtete man auch in Deutschland (Schleswig-Holstein) bereits das Auftreten von zwei Fällen in einer Herde (5. und 14.1.2001).

Nachteil des Schlachtens der gesamten Herde: die BSE-Dunkelziffer steigt, denn so mancher Bauer wird sich zweimal überlegen, ob er einen Verdachtsfall meldet. Und es müssen nicht einmal nur die Existenzsorgen, es mag durchaus auch das Mitleid mit den Tieren sein, das ihn so handeln lässt.


Ist die aktuelle BSE-Angst berechtigt? Zum Seitenanfang
Die Angst vielleicht, der Zeitpunkt sicher nicht. "Wir haben das Problem bereits gegessen" (c) H.Budka, 2000
Die Frage wird man erst in einigen Jahren, vielleicht erst Jahrzehnten beantworten können. Eines ist aber sicher: die Gefahr einer Ansteckung ist heute auf Grund der getroffenen Vorkehrungen wesentlich geringer als zwischen 1985 und 1996. Oder wie der Internationale Top-BSE-Experte, Univ.Prof. Herbert Budka es ausdrückte, "Wir haben das Problem bereits gegessen" (Öst. Ärztezeitung 23/24, Dezember 2000). Das gilt für Europa, aber besonders für England: Man nimmt an, dass in Großbritannien zwischen 750.000 und einer Million (!!) infizierter Rinder in die Nahrungskette gekommen sind.

Somit ist die aktuelle Panik nur ein Bewusstwerden eines bislang verdrängten Problems, das eigentlich schon wieder kleiner geworden ist.


Entschuldigung und Mahnung eines politischen Zeitzeugen der 1. britischen BSE-Krise. Zum Seitenanfang
Rede von Lord Lucas im House of Lords, London, vom 4. April 2000.
Zum Verständnis: Lord Lucas war in den 80er Jahren im Agrarministerium der konservativen Regierung als die "erste" BSE-Krise ausbrach. In einer Zeit in der man die Erkrankung bei Kühen bemerkte und zu spät reagierte, wissenschaftliche Informationen ignorierte, und warnende Stimmen unterdrückte.

Die nächste Krise begann 1996, als man bemerkte, dass BSE auf den Menschen übertragbar ist. Inzwischen hat die Regierung gewechselt, Labour (~Sozialdemokraten) regiert England. An diese Regierung richtet Lord Lucas seinen Appell.

Rede von Lord Lucas.


 

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Letzte Änderung 2001-12-08

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